Dreizehn Plus der Renner
Berleburger Hauptschule: Nachmittags Kurse für 272 Schüler
howe Bad Berleburg. Die Zeiten sind vorbei, wo die Gesellschaft davon ausging, dass sich aus Hauptschulen eine Null-Bock-Generation rekrutierte. Hauptschüler sind – zumindest in ländlichen Gebieten – längst nicht mehr die Härtefälle, die schlecht lernen und sich obendrein ebenso schlecht benehmen. Die alten Klischees sind Schnee von gestern. Einen gewichtigen Anteil an dieser erfreulichen Entwicklung haben freilich die Schulen selbst. Die Arbeit mit jungen Menschen hat sich gewandelt, Lehrer sind nicht mehr gestrenge Vorgesetzte, sie fungieren zunehmend als Kumpel. Und Lernenden kann man sehr wohl den Sinn von Schule klar machen. Was derzeit an der Bad Berleburger Hauptschule am Stöppel angeboten wird, ist nichts Neues: Verlässliche Schule – sagten Fachleute früher. Dreizehn Plus – heißt die Idee heute. Dreizehn plus: Die Bad Berleburger Hauptschule ist die einzige in Wittgenstein, die dieses Angebot vorhält. Was sich dahinter verbirgt: Interessierte Schüler haben die Möglichkeit, freiwillig auch nachmittags ab 13 Uhr Angebote in der Schule wahrzunehmen. »Gedacht war diese Maßnahme zunächst für Schüler in Großstädten, wo die Elternteile beide berufstätig sind«, erläutert Klaus Homrighausen, Leiter der Bad Berleburger Hauptschule. Dreizehn Plus ist der absolute Renner. Der Pädagoge bringt die Erfolgsmeldung schlechthin: 48 Anmeldungen im ersten Jahr, 159 im zweiten und im dritten, also 2003, sage und schreibe 272 Anmeldungen. Tendenz weiter steigend. »Dreizehn Plus wird von den Schülern sehr gut angenommen«, weiß Klaus Homrighausen.
Junge Leute sind Feuer und Flamme
Kein Wunder, denn die Angebotspalette für die Nachmittage an der Hauptschule kann sich sehen lassen: Da gibt es einen Origami-Kurs, Sketche und Unterhaltung, Kochen, Trampolin, eine Unterrichtseinheit Jazzdance/Formationstänze, Basteln und Stricken, Arbeiten mit Holz, Malen mit Acrylfarben, Seidenmalerei und Puppen, Sport und Gymnastik oder zwei Stunden Window Colours. Hinzu kommen Kurse, die auf das spätere Berufsleben vorbereiten: Ein Excel-Kurs mit Zertifikat oder PC-Technik: Bau eines Computers aus Altteilen. Selbst den Mofa-Führerschein dürfen die jungen Leute in der Schule absolvieren. Dreizehn Plus bietet zwei Blöcke: von 13 bis 14 Uhr besteht die Möglichkeit der Hausaufgabenbetreuung. Anschließend kümmern sich drei Betreuer bis 16 Uhr um die jeweiligen Kursangebote. »Die Kinder haben gemerkt«, weiß Klaus Homrighausen, »dass sie einer sinnvollen Nachmittagsbeschäftigung nachgehen.« Der Aufenthalt in der Schule, mit Freunden und Klassenkameraden, mache Spaß. Das bestätigt Oliver Mews, der als PC-Fachmann den Kurs »Bau eines Computers aus Altteilen« leitet. Die jungen Männer sind Feuer und Flamme. Hiesige Firmen spenden ihre ausrangierten Rechner, mitunter fehlerhafte Computer, die Schüler bauen die Geräte wieder zusammen. Klaus Homrighausen verriet der Siegener Zeitung: Der Förderverein und die Schulleitung stellten seit kurzem erste Überlegungen an, eine Partnerschaft mit einer Schule in Bulgarien einzugehen.
Gehen Computer bald nach Bulgarien?
Im Rahmen von Umwelt-Schule Europas müssten drei Projekte umgesetzt werden. Ein biologisches, ein ökologisches und ein soziales. Letzteres sei der Ansatz für die Idee der Hauptschule Bad Berleburg: »Der PC-Kurs setzt die defekten Computer zusammen, und wir schicken die dann nach Bulgarien«, erklärt Klaus Homrighausen. Die Unterstützung der Bad Berleburger Unternehmen sei »großartig« – obgleich Oliver Mews um die ein oder andere Computer-Spende nicht böse wäre. Dreizehn Plus wird vom Land NRW großzügig unterstützt. Eine Dreizehn-Plus-Gruppe mit 15 Schülern der Sekundarstufe I (Schüler im Alter von zehn bis 16 Jahren) erhält Fördermittel von 7500 e. Die Bad Berleburger Hauptschule hält zurzeit drei Gruppen. Klaus Homrighausen sagt nicht ohne Stolz: »Dreizehn Plus ist der Beweis dafür, dass Schulen nicht vor sich hin dämmern. Es geschieht etwas.« Und wer noch einige alte Computer loswerden möchte, der meldet sich einfach in der Schule.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.