Geschehen blieb im Nebel von Erndtebrück schemenhaft
Verfahren gestern gegen 500-E-Zahlung vorläufig eingestellt
JG Bad Berleburg. Im Oktober 2001 steckte ein Besen in der Wand eines Erndtebrücker Kreditinstituts. Ein imposantes Stillleben, doch das Berleburger Amtsgericht interessierte gestern mehr, was vorher passiert war. Ein 23-Jähriger aus der Edergemeinde musste sich deshalb wegen Beleidigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung verantworten. Was sich genau hinter diesen Vorwürfen verbarg, das stand in der Anklageschrift von Staatsanwalt Wolfgang Nau.
»Beleidigt, bespuckt, geschlagen, getreten«
Und aus der ergab sich folgendes Bild: An einem sonnigen Samstagnachmittag kurz nach 17 Uhr fegte der stellvertretende Hausmeister vor dem Kreditinstitut, als der Angeklagte zum Geldautomaten wollte. Doch mit Geldabheben wurde es nichts, denn der Angeklagte änderte seine Pläne. Zunächst belegte er den Geschädigten mit Schimpfwörtern der untersten Schublade, dann bespuckt er ihn. Danach wurde der Geschädigte mit seinem eigenen Besen malträtiert, bis dieser entzwei zerbrach, am Schluss trat der Angeklagte auf das am Boden liegende Opfer mit beschuhtem Fuß ein.
Eine Platzwunde beim Täter attestiert
Der 23-Jährige erinnerte sich folgendermaßen an den Vorfall. Nach zehn Bier in einer Kneipe habe er Geld holen wollen, bei der Bank sei er wohl irgendwie auf den Besen des Geschädigten getreten – »ob da Absicht war, weiß ich nicht«. Der Hausmeister habe ihn dann mit seinem Reinigungsgerät auf den Kopf gehauen. Daraufhin habe er dem Mann den Besen weggenommen, diesen damit einmal geschlagen, wobei der Besen zerbrach, und den am Boden liegenden Mann einmal in den Schulterbereich getreten. Er selbst habe übrigens eine attestierte Platzwunde aus dem Kampf davon getragen. Der Geschädigte hatte hingegen kein Attest, aber folgende Erinnerung an den Nachmittag mit – nach eigener Einschätzung – zwei Flaschen Bier. Der Angeklagte sei um die Ecke gekommen und »da kriegte ich direkt eine«, einen Faustschlag. Daraufhin habe er sich mit dem Besen gewehrt, bis er zerbrach. Damit war dieser Teil geklärt, aber der Geschädigte hatte eine bisher noch unbekannte eine Fortsetzung parat. Abends sei der Angeklagte noch mal bei ihm zuhause vorbeigekommen, habe dort eine Scheibe eingeschlagen. Auf Nachfrage räumte der Angeklagte ein, dass das stimme.
Angeklagter gab mehr zu als Opfer sagte
Nicht einigen konnten sich Opfer und Täter allerdings, wer nun den Besen zerschlagen hatte und wann dieser in der Gebäudewand gelandet und stecken geblieben war. Das Opfer war auch nicht durch die Einlassung einer Zeugin zu überzeugen, die sich erinnerte, dass der Angeklagte mit dem Besen auf den Geschädigten »draufgehauen« habe. So sah sich das Gericht mit der Situation konfrontiert, dass der Angeklagte mehr einräumte als das Opfer bemängelte. Die Erklärung von Amtsgerichtsdirektor Hans-Jürgen Niediek für die durch Alkoholschwaden ungenaue Erinnerung: »Offenbar war starker Nebel in Erndtebrück.« »Aber weniger wetterbedingt«, komplettierte Staatsanwalt Wolfgang Nau.
»Sie dürfen keine Leute mehr hauen«
Gegen die Zahlung von 500 e wird das Verfahren nun vorläufig eingestellt. Wobei Hans-Jürgen Niediek dem bereits vierfach, einschlägig vorbestraften Angeklagten deutlich machte, wie dicht der 23-Jährige an einer Freiheitsstrafe vorbeigeschrammt war. Und deshalb schloss der Richter: »Jetzt muss mal Schluss sein, sie dürfen keine Leute mehr hauen.«
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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