Verlobter der Angeklagten: "Ein Versehen"
Mit Messer in den Rücken gestochen

- Die Angeklagte soll in der Schule gemobbt worden sein und ab dem 14. Lebensjahr Drogen konsumiert haben. Mit 16 Jahren wurde sie schwanger. Die heute 22-Jährige leidet offenbar an einer Sozialphobie.
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- hochgeladen von Sonja Schweisfurth (Redakteurin)
howe Bad Berleburg. Dramatisch klang das, was Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel von der Siegener Staatsanwaltschaft da am Freitag im Saal des Bad Berleburger Amtsgerichts vorlas: Eine junge Frau, gerade einmal 22 Jahre alt, habe ihrem Verlobten nach einem Streit ein Messer in den Rücken gestochen. Auf einem Parkplatz im Kreis Altenkirchen sei das geschehen, und zwar bereits im September 2018. Starker Tobak, diese Anklage. Auf der „Sünderbank“ saß die kleine Frau, in sich zusammengesackt, die langen Haare ins Gesicht gehängt, um die Tränen zu verbergen. Derweil leistete die Mama im Zuschauerbereich Beistand. „Ich bin ja da, bleib ganz ruhig“, sagte sie.
howe Bad Berleburg. Dramatisch klang das, was Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel von der Siegener Staatsanwaltschaft da am Freitag im Saal des Bad Berleburger Amtsgerichts vorlas: Eine junge Frau, gerade einmal 22 Jahre alt, habe ihrem Verlobten nach einem Streit ein Messer in den Rücken gestochen. Auf einem Parkplatz im Kreis Altenkirchen sei das geschehen, und zwar bereits im September 2018. Starker Tobak, diese Anklage. Auf der „Sünderbank“ saß die kleine Frau, in sich zusammengesackt, die langen Haare ins Gesicht gehängt, um die Tränen zu verbergen. Derweil leistete die Mama im Zuschauerbereich Beistand. „Ich bin ja da, bleib ganz ruhig“, sagte sie.
Geschädigter in JVA
Besonders belastend dürfte für die junge Frau neben der eigentlichen Gerichtsverhandlung auch die Begegnung mit dem Geschädigten gewesen sein. Der allerdings wurde von zwei Justizbeamten begleitet in Handschellen in den Sitzungssaal geführt. Aktuell sitzt der 22-Jährige nämlich im Bergischen Land in der Justizvollzugsanstalt ein. Dessen Vorführung in den Zeugenstand war seit Langem wieder mal eine Begegnung der beiden Verlobten, die zurzeit nur eine Fernbeziehung führen können.
Schuld war der Alkohol
Warum die zwei nach einer derartigen Messer-Attacke überhaupt noch zusammen sind, das klärte der Zeuge gleich auf. „Vormittags haben wir schon übermäßig Alkohol konsumiert. Ich hatte ein Einhandmesser aus dem Army-Shop dabei und habe damit herumgespielt.“ Und zwar in Gegenwart einer anderen Frau. Die Verlobte schritt ein, es gab eine riesige Eifersuchtsszene, der 22-Jährige machte Schluss und rannte weg. „Sie rannte hinterher, auf Höhe des Parkplatzes ist ihr das Messer dann aus der Hand gerutscht. Ich gehe nicht davon aus, dass sie es extra gemacht hat.“ Darum habe er, als die Wunde geblutet und das Blut „in die Hose gelaufen“ sei, keinen Arzt konsultiert und schon gar keine Anzeige erstattet. „Sie war extrem betrunken, und ich war auch so voll, dass ich den Stich gar nicht gespürt habe.“
Alles nur ein Versehen
Und so geschah das Ganze: „Ich bin vor ihr hergelaufen, sie hat versucht, mich festzupacken.“ Und dabei sei das Messer wohl in seinem Rücken gelandet. „Nur zwei bis drei Millimeter tief war die Wunde höchstens.“ Entlastend war am Freitag vor Gericht nicht nur die Aussage des Zeugen. Auch die Angeklagte selbst trug zuletzt reichlich dazu bei, auf ein normales Leben zuzusteuern. „Ich trinke seit Mai 2019 keinen Alkohol mehr. Das habe ich meiner Mutter zu verdanken. Wir haben viel miteinander gemacht, ich war abgelenkt und habe von ihr einen Hund bekommen.“ Seit dreieinhalb Jahren ist die 22-Jährige mit ihrem Verlobten zusammen. Der machte auf dem Zeugenstuhl einen ganz ordentlichen und aufgeräumten Eindruck. In 14 Tagen kommt er raus aus dem Gefängnis.
Schwere Zeiten
Derweil eignete sich der Bericht der Jugendgerichtshilfe leider bestens zur Ursachenforschung. Von einem sehr schüchternen Verhalten war die Rede, von Mobbing gegen die junge Frau in der Schule. Der Vater habe seine Tochter für die Trennung von der Mutter verantwortlich gemacht, auch von sexuellen Übergriffen, von denen nie etwas erzählt worden sei, berichtete der Vertreter der Jugendgerichtshilfe. Nach Drogenkonsum ab dem 14. Lebensjahr wurde die Frau mit 16 schwanger. Es folgten der Einzug in ein Mutter-Kind-Haus, die Trennung von der eigenen Mutter, zwei Jahre Leben auf der Straße, Drogen, Alkohol und die Vermittlung des kleinen Kindes in eine Pflegefamilie.
22-Jährige mit Sozialphobie
Heute, so die Jugendgerichtshilfe, müsse normalerweise die inzwischen angenommene Sozialphobie der 22-Jährige behandelt werden. Während Judith Hippenstiel für die Messer-Sache 80 Stunden gemeinnützige Arbeit forderte, ließ es Richter Torsten Hoffmann bei 40 Stunden bewenden. Zuvor hatte Verteidiger Norbert Wickel nämlich darum gebeten, die „Phobie“ seiner Mandantin bei einer Arbeitsauflage bitte zu berücksichtigen.
Autor:Holger Weber (Redakteur) aus Wittgenstein |
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