Sätze von Paulus auf Arabisch
Beim Weltgebetstag der Frauen bieten vor allem die Wemlighäuser viel Authentisches
JG Wemlighausen. Nächste Woche will die Berleburgerin Manuela Schnell in ihrer Nachbarschaft eine echte libanesische Zeder fällen. Die Genehmigung hat sie, und es ist auch nicht wirklich schade um den langen, dürren, hutzeligen Baum. Er hat wohl nie richtig Wurzeln geschlagen in Wittgenstein. Doch es wird kein trauriger Abschied, denn ihr großer Auftritt steht der Zeder noch bevor. Am Freitag, 7.März, dreht sich ab 19 Uhr alles um sie in der Wemlighäuser Odebornskirche, dann steht ihre obere Hälfte im Mittelpunkt des Weltgebetstages. Der wurde nämlich diesmal unter dem Titel »Heiliger Geist, erfülle uns« von libanesischen Frauen vorbereitet, und der Libanon trägt die Zeder sogar auf seiner Nationalflagge.
Eine Libanesin aus Bad Berleburg
Doch nicht nur der Baumschmuck wird beim Wemlighäuser Weltgebetstag authentisch sein: Mit der Berleburgerin Amal Kuhn beteiligt sich auch eine gebürtige Libanesin an dem festlichen Gottesdienst. Die heute 33-jährige stammt aus dem 1300 Meter hoch gelegenen Mrouj, eine Stadt, die eine Dreiviertelstunde von Beirut entfernt in den Bergen liegt. Vor rund neun Jahren hat sie ihren Mann, einen echten Wittgensteiner Jungen geheiratet. Kennengelernt hatten sich die beiden an einer Supermarkt-Kasse im Libanon, als Horst Kuhn dort bei der Deutschen Botschaft arbeitete. Amal Kuhn ist Christin, genauer gesagt Maronitin. Ihre Kirche ist mit der katholischen in Rom uniert, folgt aber einem orthodoxen Ritus.
Bereits seit den 30er Jahren dabei
Und während die deutschen Frauen erst nach dem Zweiten Weltkrieg begannen, sich am Weltgebetstag zu beteiligen, sind die Libanesinnen hier schon Veteraninnen. Anfang der 1930er Jahre feierten sie erstmals mit, diesmal haben fast alle christlichen Religionsgemeinschaften gemeinsam die aktuelle Gottesdienst-Ordnung gestaltet. Dazu gehören einige arabisch-gesungene Lieder. Spezielles Schmankerl für die Wemlighäuser: »Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung; dem allem widerspricht das Gesetz nicht.« Dieser Satz aus dem Paulusbrief an die Galater steht in der Gottesdienstordnung. Die Wemlighäuser werden das allerdings auf Arabisch hören, denn Amal Kuhn wird die Paulus-Worte in ihrer Muttersprache vorlesen. Ansonsten wird im Gottesdienst eine Schatzkiste ausgepackt: Ihr Inhalt erinnert an die alte Handelstradition des Fleckchens am Mittelmeer, wo alle wichtigen Handelsstraßen aus dem Orient in Richtung Okzident endeten, und an die Phönizier, die der Menschheit die erste Buchstabenschrift bescherten. Die Schatzkiste enthält Weihrauch, Glas und Purpur, das von hier aus in den Westen kam, viele wohlriechende und verfeinernde Gewürze. Auch Aladins Wunderlampe findet sich darin, die die lange Kulturtradition dieses Teils der Welt symbolisiert. Und ein Tablett mit Kännchen und Tassen, als Zeichen der Gastfreundschaft, die hier größer geschrieben wird, als irgendwo sonst auf der Welt. Eine Karte, die das alte Land zeigt, und ein Paar Fußabdrücke, die daran erinnern, dass man im Libanon auch auf den Spuren Jesu unterwegs ist.
Syrer kocht nach arabischen Rezepten
Schließlich wirkte der sein erstes Wunder bei der Hochzeit von Kanaan. Wenn auch bei keinem der Weltgebetstag-Gottesdienste in Wittgenstein Wasser zu Wein verwandelt wird, so können sich doch wiederum die Wemlighäuser besonders freuen. Hier kocht nach dem Gottesdienst ein Syrer, der auch schon mal im Libanon lebte, nach arabischen Rezepten. Wobei aber die Veranstaltung nicht unter dem verharmlosenden, verlogenen Leitmotiv »Friede, Freude, Eierkuchen« steht. Auch die Probleme des Landes werden thematisiert. Wie Steine werden sie vor der Schatzliste aufgetürmt.
Auch diesmal gab es wieder Kritik
Wirtschaftliche und ökologische Schwierigkeiten, die Bürgerkriegs-Vergangenheit mit ihren unvorstellbaren Gräueln, die Probleme der Palästinenser-Flüchtlinge. Die christlichen Frauen üben hier Selbstkritik, geben aber auch einer Palästinenserin das Wort: »Doch seit mehr als 50 Jahren fordern wir die Rückkehr in unsere rechtmäßige Heimat.« Im Klartext ist das eine Kritik an der israelischen Regierung, und so sahen sich die Weltgebetstag-Frauen auch in diesem Jahr mit Kritik an ihrer eigenen Arbeit konfrontiert. Während es sonst evangelikale Kreise waren, die den Weltgebetstag mit seinem überkonfessionellen Ansatz rügten, wurde den Frauen in diesem Jahr ein Antisemitismus-Vorwurf gemacht.
»Nicht für, sondern mit Frauen beten«
Ein Totschlag-Argument, das für die Pfarrerin Daniela Stiftel-Völker, die im Wittgensteiner Kirchenkreis immer für die Weltgebetstag-Vorbereitung zuständig ist, keinesfalls zieht: »Wenn ich ein Unrecht benenne, dann ist das kein Antisemitismus.« Und letztendlich geht es den Frauen bei den Weltgebetstagen nie um ein Gegeneinander, sondern stets nur um das Miteinander: »Wir wollen nicht für die Frauen im Libanon beten, sondern mit den Frauen im Libanon beten.«
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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