Sieg am Bundesgerichtshof
Ehepaar darf geklautes Wohnmobil behalten

- Karsten und Nadine K. dürfen ihren Camper behalten, obwohl das Fahrzeug den ursprünglichen Eigentümern zuvor gestohlen worden war.
- Foto: Mark Adel
- hochgeladen von Jan Krumnow (Redakteur)
sz Bad Laasphe/Breidenbach/Karlsruhe. Es war das Traumauto: Lange haben Carsten und Nadine K. nach einem Wohnmobil gesucht. Auf einer Internetplattform werden sie fündig: ein blaues von Mercedes, ein Jahr alt, Top-Zustand. Das Ehepaar aus dem Angelburger Ortsteil Lixfeld im hessischen Hinterland, das seinen vollen Namen nicht in der Zeitung nennen möchte, fährt nach Hamburg, kauft das Fahrzeug, Typ Vito, für 46 500 Euro. Drei Tage später wird der Traumwagen zum Albtraum: Das Wohnmobil war gestohlen.
Bundesgerichtshof entscheidetJetzt sorgte das Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe bundesweit für Aufsehen. Die Richter entschieden, dass das Ehepaar K. den Wagen behalten kann.
sz Bad Laasphe/Breidenbach/Karlsruhe. Es war das Traumauto: Lange haben Carsten und Nadine K. nach einem Wohnmobil gesucht. Auf einer Internetplattform werden sie fündig: ein blaues von Mercedes, ein Jahr alt, Top-Zustand. Das Ehepaar aus dem Angelburger Ortsteil Lixfeld im hessischen Hinterland, das seinen vollen Namen nicht in der Zeitung nennen möchte, fährt nach Hamburg, kauft das Fahrzeug, Typ Vito, für 46 500 Euro. Drei Tage später wird der Traumwagen zum Albtraum: Das Wohnmobil war gestohlen.
Bundesgerichtshof entscheidet
Jetzt sorgte das Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe bundesweit für Aufsehen. Die Richter entschieden, dass das Ehepaar K. den Wagen behalten kann. Vorausgegangen war ein drei Jahre dauernder Rechtsstreit zwischen den Käufern und dem eigentlichen Eigentümer, einem Autohaus in Buxtehude.
Camper online entdeckt
Es fängt harmlos an: Ende August 2017 entdeckt Nadine K. den Mercedes-Camper auf einem Online-Verkaufsportal. Für ein solches Fahrzeug haben sie und ihr Mann sich entschieden. Nadine K. hat gerade eine schwere Erkrankung überstanden, für das Paar steht fest: Sie wollen sich den Traum vom eigenen Wohnmobil endlich erfüllen.
Verkauf findet in Hamburg statt
Über die angegebene Handynummer nehmen sie Kontakt mit dem Verkäufer auf, es sind die typischen Gespräche zwischen Anbieter und Interessent. Mit dem Zug fahren sie am 15. September 2017 nach Hamburg. Am Hauptbahnhof wollen sie das Fahrzeug besichtigen. Den vereinbarten Kaufpreis haben sie bar dabei. „Ich habe noch nie so viel Geld für ein Auto ausgegeben“, sagt Carsten K.
Den Verkäufer finden sie zunächst nicht. Stattdessen bekommen sie von einer anderen Handynummer als der bislang bekannten eine Textnachricht: Man sei auf der falschen Seite des Bahnhofs. Das Ehepaar läuft zum neuen Treffpunkt, schöpft keinen Verdacht. „Damit wurde geprüft, ob wir verfolgt werden“, ist Carsten K. rückblickend überzeugt.
Dann sehen sie den Mercedes, sind begeistert. Der Familienvater macht eine Probefahrt, der Wagen gefällt ihm auf Anhieb. Der Verkäufer wirkt sympathisch: „Der kannte sich gut mit dem Camper aus und hat eine nette Ausstrahlung gehabt.“
Zulassungsstelle stellt Diebstahl fest
Carsten K. prüft den Ausweis des Verkäufers, die Papiere und die Fahrgestellnummer, alles wirkt echt und vertrauenswürdig. Man wird sich einig, das Ehepaar übergibt das Geld, erhält Fahrzeug und Papiere und fährt nach Hause. „Die Heimfahrt war ein Traum“, sagt Carsten K.
Doch der Traum endet jäh. Drei Tage später will Nadine K. das Fahrzeug anmelden. Auf der Zulassungsstelle erfährt sie: Der Wagen ist gestohlen. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf.
Schnell ist klar: Der Camper ist erst kurz zuvor, am 26. August 2017, gestohlen worden. Der Händler fordert das Wohnmobil von den K.s zurück. Seine Argumentation: Dass der vermeintliche Kaufinteressent das Wohnmobil während einer Probefahrt klaute, könne dem Autohaus nicht angelastet werden.Anwälte: Verfahren könnte Jahre dauern
Doch die K.s nehmen sich die auf Verkehrsrecht spezialisierte Breidenbacher Anwaltskanzlei Jörg Wildemann und Marc-André Amos als Rechtsbeistand. Sie machen ihre Mandanten auf lange juristische Auseinandersetzungen gefasst, rechnen mit einer Verfahrensdauer von drei bis fünf Jahren. „Da bricht eine Welt zusammen, wenn du das hörst“, sagt Carsten K. „Aber wir hatten keine andere Wahl.“ Vor dem Marburger Landgericht bekommen sie Recht, doch der Händler geht in Berufung. Das Oberlandesgericht überprüft das Urteil – es stellt sich auf die Seite des Autohauses und schlägt einen Vergleich vor. Eine Revision wird aber zugelassen, und so geht der Fall an den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Der bestätigte das Marburger Urteil in der letzten Instanz.
Die Käufer trifft keine Schuld
Doch die vergangenen drei Jahre haben an den Nerven gezehrt. So richtig freuen können sich die K.s noch nicht. Im Juni endete der letzte Verhandlungstag, bis zur Urteilsverkündung mussten die K.s noch mal drei Monate warten. Die Nachricht können sie kaum fassen. „Ich war am Zittern“, sagt Nadine K. Entscheidend für die Richter: Die Käufer haben in gutem Glauben gehandelt. Die Papiere waren so gut gefälscht, dass das Ehepaar davon ausgehen konnte, vom Eigentümer zu kaufen. „Fahrzeugschein und -brief waren als Blankopapiere aus dem Tresor einer Zulassungsstelle entwendet worden“, sagt Marc-André Amos. Auch der Personalausweis des Verkäufers war gefälscht.
Vom Albtraum zum Traumauto
„Wir müssen das erst mal sacken lassen“, sagt Nadine K. Dennoch: Das Ehepaar atmet auf. Dank einer guten Rechtsschutzversicherung hätten sie die juristische Auseinandersetzung so lange durchhalten können. Nach dem Urteil haben die beiden das Auto erstmals wieder angeschaut. Das Wohnmobil war in den vergangenen Jahren mit Bettlaken zugedeckt. Nun muss sich das Paar an den Gedanken gewöhnen, dass ihr Albtraum endlich zum Traumauto werden kann. (Mark Adel)
Ein Urteil, das weitreichende Folgen haben könnte
Vertreten wurde das Ehepaar aus Lixfeld von den Rechtsanwälten Jörg Wildemann aus Breidenbach und Marc-André Amos aus Bad Laasphe. Wie die Entscheidung letztlich ausfällt, war auch für die beiden Juristen völlig offen. Vergleichbare Urteile gab es bislang nicht. Zwar kommt es immer wieder zu Diebstählen, doch „ein solcher Fall ist nie verhandelt worden“, sagt der Lahnstädter Marc-André Amos. Die Breidenbacher Anwälte argumentieren vor Gericht unter anderem damit, dass der Händler bei einer Suche im Internet das Fahrzeug leicht hätte finden können. Zudem hätte ein Angestellter des Autohauses bei der Probefahrt dabei sein können – und auch die Ausstattung des Fahrzeugs mit einem GPS-Sender wäre technisch ohne Weiteres möglich gewesen. „Der Fall hat bundesweit Rechtsgeschichte geschrieben“, sagt Jörg Wildemann. Für ihn ist klar: Die Täter waren Profis, vermutlich von einer osteuropäischen Bande. Das Ehepaar treffe keine Schuld: „Sie haben alles richtig gemacht.“ Die Chancen für den juristischen Sieg hätten 50/50 gestanden, erklärt Wildemann. Die Kanzlei ist unter anderem auch auf Verkehrsrecht spezialisiert und bundesweit auch mit der Abwicklung von Schadensfällen in der Wohnmobilbranche befasst. Ein Fall vor dem Bundesgerichtshof kommt indes extrem selten vor. „Das ist Champions League“, sagt daher Jörg Wildemann. Er ist selbst Camper und rechnet damit, dass das Urteil Folgen hat. Versicherungen könnten beispielsweise den Händlern auferlegen, sich gegen Diebstähle besser abzusichern. „Für Verbraucher ist es ein gutes Urteil“, sagt Wildemann. Mark Adel

Autor:Redaktion Wittgenstein aus Bad Berleburg |
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