Niederlaaspher in erster Kapelle der Welt mit Stadion drumherum
In der Arena »AufSchalke«: Pfarrer Roland Krämer thematisierte mit Konfirmanden den Glauben bezogen auf den Sport / SZ-Redakteur im Schlepptau
howe Niederlaasphe. »Die Fairness steht über dem Sieg. Der Umgang mit Niederlagen, der Umgang mit Verlusten ist relativ. Was ist eine Niederlage im Fußball gegen ein Verlust im Leben?« – was Niederlaasphes Pfarrer Roland Krämer jetzt in der Kapelle der Arena »AufSchalke« seinen Konfirmanden der Kirchengemeinde Bad Laasphe mit auf den Lebensweg gab, war mehr als ein Wort, das den christlichen Glauben näher bringt. Roland Krämer sprach in seiner Andacht von der Schöpfung, der Versöhnung und Erlösung – übertragen auf den Sport ordnete er die Schöpfung der Leistung zu, mit dem Gegner versöhne man sich, und Niederlagen können mitunter lehrreich sein (Erlösung).
Im Konfirmandenunterricht erarbeitete Roland Krämer dieses Thema, stellte zwischen dem Leben im Sport und dem christlichen Glauben einen Zusammenhang her und bot seinen Schützlingen eine tolle Überraschung: ein Besuch in Gelsenkirchen, beim Bundesligisten FC Schalke 04 – mit Besichtigung der Arena mit Kapelle und anschließenden Gesprächen mit Gelsenkirchens Pfarrer und »Kapellen-Oberhaupt« Jochen Dohm, dem Fanclub-Dachverbandschef Rolf Rojek und Ex-Profi Olaf Thon. Also, 20 junge Menschen in die Autos der Eltern und Großeltern verfrachtet, und auf nach Schalke – natürlich den SZ-Redakteur mit im Schlepptau. In der Arena wartete Pfarrer Jochen Dohm: »Früher war Gelsenkirchen die Stadt der 1000 Feuer«, erzählte der sympathische Geistliche aus Bismarck, ein Stadtteil von Gelsenkirchen. Heute gebe es fast keine Zechen mehr. Darum diktierten andere Dinge das Geschehen. Rund um die Arena »AufSchalke« habe man ein großes Sportzentrum mit Trainingsplätzen, Kunstrasen und demnächst einem Regionalliga-Stadion für die Amateurmannschaft (Umbau des alten Parkstadions) errichtet. Beim Rundgang in der Arena kamen die jungen Wittgensteiner aus dem Staunen nicht mehr heraus: VIP-Bereich, wo die Sektkorken knallen, Stadion von innen, auf dem Platz, im Kabinentrakt. Jochen Dohm erzählte alles – von 36 Einzelbauteilen der Arena, von 18 Treppenhäusern, wodurch 60000 Zuschauer bei einem Brand in sechs bis 13 Minuten das Stadion verlassen könnten, von 98 Rollstuhlplätzen und Karten für blinde Menschen und nicht zuletzt von der Tatsache, dass der FC Schalke 04 der Kirche ein bestimmtes Kartenkontingent zur Verfügung stellt und rund 500000 e pro Jahr für soziale Zwecke bereit stellt. Und dann der Gang in die Kapelle der Arena: »Draußen ist die Welt. Das Zielweisende, das Wegweisende ist die Kapelle«, begrüßte der Schalke-Pfarrer seine Gäste. Durch ein geöffnetes Kreuz schritten die Konfirmanden, setzten sich auf die Bänke und lauschten den Worten Jochen Dohms.
»Das Kreuz ist geöffnet, euer Blick wird frei für das Ziel des Lebens«, so der Gelsenkirchener. Wenn jemand sage, »Fußball ist mein Leben«, dann sei das eigentlich ein armer Mensch, erläuterte Pfarrer Dohm. Es sei gut, dass Schalke und seine Besucher diesen Raum hätten – »70 Quadratmeter klein, aber mit riesiger Bedeutung.« Die Kapelle in der Arena auf Schalke, verriet Jochen Dohm, »ist die einzige auf der Welt, um die man ein Stadion herum gebaut hat.« Eine Kapelle der Versöhnung, stellte Jochen Dohm fest. Hier habe am 11. September ein Friedensgottesdienst mit Schalker und Dortmunder Borussen-Fans stattgefunden. »Ein guter Gottesdienst, der uns über alle Gruppen hinweg verbindet hat. Bei aller Rivalität«, brachte sich Pfarrer Jochen Dohm in die Thematik seines Kollegen Roland Krämer, selbst ein passionierter Schalke-Fan, ein. Auch Fanclub-Dachverbandsvorsitzender Rolf Rojek fand die passenden Worte. Beim Blick zum Konfirmanden Sascha Kargoscha, der – freilich ein wenig provozierend – mit einem Dortmunder Fan-Schal Platz genommen hatte, sagte Rolf Rojek: »Die Zeiten sind vorbei, wo die Schalker den Ruf als Schläger und Raststättenplünderer hatten.« Früher hätten die Dortmunder beim Verlassen des Stadions Angst haben müssen, sicher zum Bahnhof zu kommen. Hooligans gebe es auf Schalke nicht mehr. »Wir haben mit denen gesprochen«, betonte Rolf Rojek, dass man mit Worten eine Menge erreichen könne. Nach jedem Spiel würden die Busse vor der Schalker Fankneipe halten. Dann finde stets ein friedliches Treffen zwischen den gegnerischen Fans statt. »Seit ich dabei bin hat es noch nie Schläge gegeben«, versicherte Rolf Rojek.
dann brachte Rolf Rojek das zur Sprache, was Schalke wirklich ausmacht: Fußball sei eine Mannschaftssportart. Allein könne man nichts bewegen. »Im Stadion sind wir alle gleich. Da ist es uninteressant, wer dein Nachbar ist.« Da stehe der Bankkaufmann neben dem Arbeitslosen, der Metzger neben dem Unternehmer. Man sah es in den Gesichtern der Konfirmanden aus Niederlaasphe und Puderbach, dass die Stunden auf Schalke ankamen. Auch die beiden Witzbolde, die noch am Vormittag im Bayern- und Dortmund-Trikot an der Bande des Trainingsgeländes gestanden und sich über die blau-weißen Stars lustig gemacht hatten, wirkten jetzt völlig umgewandelt.
Schalkes Pfarrer und der Vorsitzende der Fanclubs hatten sie mit Worten beeindruckt – eine Seite von einem Fußballverein hatten sie kennen gelernt, die sie vorher gar nicht erahnten. Dass Olaf Thon an diesem Tag terminlich leider verhindert war und die Niederlaaspher Gruppe nicht besuchen konnte – das war am Ende angesichts der erlebnisreichen Stunden auf Schalke gar nicht mehr so tragisch.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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