Grün, aber noch nicht ausgereift

Heizen mit Wasserstoff – wann ist das eine gute Alternative?

Kochen, fernsehen, heizen, Wäsche wachen – der Strom und die Wärme für diese und andere Alltäglichkeiten könnten in Zukunft aus Wasserstoff stammen.

Kochen, fernsehen, heizen, Wäsche wachen – der Strom und die Wärme für diese und andere Alltäglichkeiten könnten in Zukunft aus Wasserstoff stammen.

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„Das Wasser ist die Kohle der Zukunft“: Das schrieb der französische Schriftsteller Jules Verne schon 1870 in seinem Buch „Die geheimnisvolle Insel“. Wasser, das durch elektrischen Strom in seine Einzelteile zerlegt wird, bezeichnete er als die „Energie von morgen“. Und tatsächlich könnte dieses Verfahren, rund 150 Jahre später, eine wichtige Rolle bei einer nachhaltigen, klimaneutralen Energieversorgung spielen.

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Kochen, fernsehen, heizen, Wäsche waschen – der Strom und die Wärme für diese und andere Alltäglichkeiten könnten in Zukunft aus Wasserstoff stammen. Das neue Gebäudeenergiegesetz, das die Ampelkoalition beschlossen hat, sieht vor, dass ab kommendem Jahr nur noch Heizungen eingebaut werden, die zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien Wärme herstellen. Fossile Gasheizungen wären damit verboten, könnten aber – wenn möglich – auf Wasserstoff umgerüstet werden. Die Fristen für diese Ökogas-Umrüstung seien jedoch zu kurz, kritisiert nun die FDP und will das Gesetz nachbessern, um Verbraucherinnen und Verbrauchern den Umstieg zu erleichtern.

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Wasserstoff ist das häufigste Element auf der Erde, kommt in der Natur aber fast ausschließlich in Verbindung mit anderen Elementen vor. Das heißt, es kann nicht einfach abgebaut, sondern muss erst erzeugt werden, zum Beispiel, indem es aus Wasser abgespalten wird. Doch nicht nur das macht Wasserstoff zu einem komplizierten Energieträger.

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Die vier Formen der Wasserstoffherstellung

Um Wasserstoff zu gewinnen, gibt es unterschiedliche Verfahren – und nicht alle sind klimafreundlich. Es gibt:

  • Grünen Wasserstoff: Die Herstellung ist tatsächlich „grün“, also klimaneutral, weil keine Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid (CO₂) entstehen. Das Verfahren nennt sich Elektrolyse: Wasser wird dabei unter Einsatz von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Der Strom stammt aus erneuerbaren Quellen, zum Beispiel Fotovoltaik- oder Windkraftanlagen.
  • Blauer Wasserstoff: Um blauen Wasserstoff zu gewinnen, braucht es fossile Brennstoffe, meist Erdgas. Bei der sogenannten Dampfreformierung reagiert Wasserdampf mit Kohlenstoffmonoxid. Am Ende dieser chemischen Reaktion entstehen Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid. Das CO₂ kann in Tanks gelagert werden, sodass es nicht in die Atmosphäre gelangt.
  • Türkiser Wasserstoff: Das Verfahren ist ähnlich wie beim blauen Wasserstoff. Allerdings basiert es auf der Methanpyrolyse, bei der Erdgas in einem Hochtemperaturreaktor unter Zuführung von Hitze gespalten wird. So entstehen Wasserstoff und Kohlenstoff.
  • Grauer Wasserstoff: Auch hier kommt es zu einer Dampfreformierung, bei der Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid entstehen. Jedoch wird das CO₂ ungenutzt an die Atmosphäre abgegeben, wo es die Erderwärmung beschleunigt.

Versorgungsinfrastruktur fehlt

Eine nachhaltige Energielösung, die das Klima nicht belastet, ist nur der grüne Wasserstoff. Er allein erfüllt die Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens. Der Haken an der Sache ist: Es braucht große Mengen an Ökostrom, um grünen Wasserstoff herzustellen – und die sind noch nicht vorhanden. Somit ist es bisher nicht möglich, den Energieträger flächendeckend zu nutzen.

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Doch es gibt Möglichkeiten, wie Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer schon jetzt Wasserstoff verwenden können. Der erste Weg wäre, Wasserstoff in einem Brennwertkessel zu verbrennen. Mit der Wärmeenergie, die dabei entsteht, lässt sich Warmwasser und Heizungswasser erzeugen. Problem hierbei ist der Transport des Wasserstoffs. Er kann in Tanks vor dem Haus gespeichert werden. Da Wasserstoff leicht entflammbar ist, sollte er nicht drinnen gelagert werden. Doch diese Form der Speicherung ist ohne Gasanschluss ziemlich unpraktikabel.

Am besten wäre es, den Wasserstoff über ein Wasserstoffnetz einzuspeisen – so, wie es auch beim Erdgas geschieht. Jedoch ist eine solche Versorgungsinfrastruktur bisher nicht vorhanden. Alternativ könnte das Gasnetz helfen. Einzelne Projekte untersuchen, inwieweit es Wasserstoff transportieren könnte. Zumindest „zu einem geringen Prozentteil“ ließen sich Erdgas und Wasserstoff miteinander mischen, heißt es vom Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES. In Zukunft könnte Wasserstoff dann vollständig das Gasnetz übernehmen. Das Problem ist nur: Nicht jede Gasheizung ist für Wasserstoff geeignet.

Ohne Gasanschluss geht es nicht

Der zweite Weg, Wasserstoff zu nutzen, basiert auf einer Brennstoffzelle. Sie ist quasi ein eigenes privates Kraftwerk, das sich eine chemische Reaktion zunutze macht, um die im Wasserstoff enthaltene Energie freizusetzen. In der Brennstoffzelle reagieren Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser, wobei gleichzeitig Strom erzeugt und Reaktionswärme freigesetzt wird. „Kalte Verbrennung“ nennt sich dieses Verfahren, bei dem keine CO₂-Emissionen anfallen.

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Auch hierfür braucht es in der Regel einen Gasanschluss. Denn: Um Wasserstoff nutzen zu können, muss das Element erst einmal vom Erdgas abgespalten werden. Wer bereits einen Gasanschluss hat, kann seine Heizung relativ kostengünstig auf Wasserstoff umrüsten. Für alle anderen kann es teuer werden: Die Kosten für eine Brennstoffzellenheizung, inklusive Einbau und Zubehör, liegen bei etwa 30.000 bis 35.000 Euro.

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Alternativ könnte die Brennstoffzellenheizung zum Beispiel mit einer Fotovoltaikanlage kombiniert werden. Letztere würde den Strom produzieren, um grünen Wasserstoff per Elektrolyse herzustellen. Dann braucht es aber einen Wasserstoffspeicher, in dem Wasserstoff für die Wintermonate aufbewahrt werden kann, wenn die Fotovoltaikanlage weniger Strom generiert.

Fachleute: Wasserstoff erst ab 2030 interessant

Noch gibt es in Deutschland nur wenige Privathaushalte, die auf Wasserstoff als Energielieferant setzen – vor allem aus Kostengründen. Expertinnen und Experten schätzen, dass der Energieträger erst ab 2030 eine signifikante Rolle in der Energieversorgung spielen wird. Der WWF, der Naturschutzbund und die Deutsche Umwelthilfe gehen davon aus, dass Wasserstoff noch lange ein rares Gut und deshalb entsprechend kostspielig sein wird. Das schreiben sie in einem Strategiepapier, über das die „Süddeutsche Zeitung“ zuletzt berichtete.

Damit Wasserstoff attraktiver wird, braucht es neben einer Versorgungsinfrastruktur vor allem einen Ausbau der erneuerbaren Energien. Dann könnten auch die hohen Kosten, die derzeit besonders bei der Herstellung von grünem Wasserstoff anfallen, sinken. Und damit kann ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.

Wir haben diesen Artikel am 18. April 2023 aktualisiert.

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