Energiegenossen können aufatmen
Windrad darf sich jetzt auch nachts drehen

- Das Windrad der Wäller Energiegenossen darf jetzt auch nachts laufen. Die ersten zweieinhalb Jahre musste es zwischen 22 und 6 Uhr abgeschaltet werden, was unter dem Strich Umsatzausfälle von rund 525 000 Euro bedeutet hat. Foto: Energiegenossenschaft
- hochgeladen von Daniel Montanus (Redakteur)
damo Oberdreisbach/Friedewald. Gut 7 Millionen Kilowattstunden: Das klingt viel, und das ist viel. 7 Millionen Kilowattstunden sind überschlägig die Energie, die 1750 Vier-Personen-Haushalte pro Jahr aus ihren Steckdosen ziehen. 7 Millionen Kilowattstunden stehen auch für rund 6600 Tonnen CO2-Emissionen – zumindest, wenn der Strom aus einem halbwegs modernen Braunkohlekraftwerk stammt. Und: <jleftright>7 Millionen Tonnen Kilowattstunden sind ziemlich genau die Energie, die das Windrad in Oberdreisbach in den vergangenen zweieinhalb Jahren nicht produzieren durfte.</jleftright>
damo Oberdreisbach/Friedewald. Gut 7 Millionen Kilowattstunden: Das klingt viel, und das ist viel. 7 Millionen Kilowattstunden sind überschlägig die Energie, die 1750 Vier-Personen-Haushalte pro Jahr aus ihren Steckdosen ziehen. 7 Millionen Kilowattstunden stehen auch für rund 6600 Tonnen CO2-Emissionen – zumindest, wenn der Strom aus einem halbwegs modernen Braunkohlekraftwerk stammt. Und: <jleftright>7 Millionen Tonnen Kilowattstunden sind ziemlich genau die Energie, die das Windrad in Oberdreisbach in den vergangenen zweieinhalb Jahren nicht produzieren durfte.</jleftright>
Denn seit die Wäller Energiegenossen im September 2017 ihr neues Windrad zwischen Friedewald, Langenbach und Oberdreisbach in Betrieb genommen haben, durften sie es nur mit angezogener Handbremse betreiben. Jeden Abend musste um 22 Uhr der Betrieb eingestellt werden und bis morgens um 6 Uhr ruhen – auch dann, wenn gerade hübsche Herbststürme über die Höhen fegten.
Und im Winter war die Bilanz teils noch absurder: In kalten Nächten musste nicht nur die Stromproduktion künstlich auf Null gefahren werden, sondern auch noch Energie aufgewendet werden, um den Generator zu wärmen, berichtet Markus Mann, Vorstandsvorsitzender der Energiegenossenschaft, im Gespräch mit der SZ.
Finanziell beläuft sich der Schaden auf rund 525 000 Euro. Heftig, aber für die Energiegenossen nicht dramatisch – denn der Ausfall war absehbar, und so war das Problem schon in den Kaufvertrag mit dem Hersteller, der Firma Schütz, aufgenommen worden. Und das Unternehmen hat den Ertragsausfall finanziell kompensiert. Aber den Energiegenossen geht’s ja nicht nur um Erlöse, sondern auch darum, Strom aus regenerativen Quellen zu produzieren.
Kein Wunder also, dass Mann und seine Mitstreiter dankbar sind, dass die Zwangspause zwischen 22 und 6 Uhr jetzt der Vergangenheit angehört: Seit einigen Wochen liegt der Wäller Energiegenossenschaft eine Änderungsgenehmigung vor, die ihr den Betrieb des Windrads in den Nachtstunden erlaubt. Seitdem drehen sich die Rotoren auch nachts.
„Jetzt kann die Anlage das machen, wofür sie gebaut worden ist: Strom produzieren. Und jede Kilowattstunde, die wir dort herstellen, spart CO2 und tut dem Klima gut“, sagt Mann.
Warum die Anlage erst jetzt nachts laufen darf, erklärt Daniel Rahn. Er sitzt ebenfalls im Vorstand der Energiegenossenschaft und kennt sich mit den technischen Details des Windrads bestens aus.
Er berichtet, dass die Betriebsgenehmigung für das Schütz-Windrad nur für den Tagesbetrieb erteilt worden ist. Dabei geht es um Lärmschutz: Nachts greifen strengere Grenzwerte, und insbesondere die Nähe zur Bebauung von Friedewald hat dazu geführt, dass die Anlage nur tagsüber laufen durfte. Denn: Bei dem Windrad handelt es sich um ein recht neues Modell, für das bislang noch keine umfangreiche Schallvermessung durchgeführt werden konnte. Zwar hat die Firma Schütz als Hersteller der Anlage detaillierte Berechnungen der Lärmemission vorgelegt – aber in der Praxis sind diese eben noch nie von einem Gutachter bestätigt worden. Das liegt daran, dass der Windrad-Typ bislang nur am Hartenfelser Kopf läuft, dort aber aufgrund der Topographie keine Messungen möglich waren, erläutert Rahn. Und so musste eben in Oberdreisbach gemessen werden.
All das hat Zeit in Anspruch genommen – aber am Ende das Ergebnis gebracht, mit dem die Wäller Energiegenossen von Anfang an gerechnet hatten. De facto, berichtet Rahn, hat es zwischen den errechneten Werten und denen, die der Gutachter in der Praxis gemessen hat, praktisch keinen Unterschied gegeben. Und damit waren die Grenzwerte – auch für den Nachtbetrieb – kein Problem. In der Folge hat dann die SGD als zuständige Behörde grünes Licht für den Nachtbetrieb gegeben.
Das heißt übrigens nicht, dass sich das Repowering-Windrad der Energiegenossen jetzt fortlaufend drehen würde: Nach wie vor gibt es Phasen, in denen das Rad zum Stillstand gebracht werden muss. Mal stoppt es wegen Fledermäusen (das richtet sich nach Temperatur und Windstärke), manchmal wegen des Rotmilans (wenn im Umfeld der Anlage Wiesen gemäht worden sind und der Greifvogel auf der Jagd ist). Und auch an Tagen des Kranichzugs steht die Energiegewinnung hinten an. Zudem ruht die Anlage manchmal, wenn die Sonne tief steht: Dann soll vermieden werden, dass in der Nachbarschaft ein störender Schattenwurf zu sehen ist. Aber im Vergleich zur Nachtruhe fällt all das nur wenig ins Gewicht. <chartag shortcut="z-Autor" tag="autor-7p">Daniel Montanus</chartag>
Autor:Daniel Montanus (Redakteur) aus Betzdorf |
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