Wie die Faust aufs Auge

„Street Fighter 6“ im Test: Altmeister mit neuer Stärke

Ein Duell in „Street Fighter 6“ sieht spektakulär aus, ist variantenreich und macht Spaß für Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten.

Ein Duell in „Street Fighter 6“ sieht spektakulär aus, ist variantenreich und macht Spaß für Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten.

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Die Spielidee stammt aus grauer Vorzeit. In „Street Fighter“ stehen sich zwei Kämpfer gegenüber. Sie schlagen, treten und schmeißen einander, bis einem die Lebensenergie ausgeht.

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Den ersten Titel veröffentlichte Capcom bereits 1987. 1991 erschien dann mit „Street Fighter II“ das richtungweisende Meisterwerk und der Grund, warum auch 2023 noch eine Fortsetzung der Serie Aufmerksamkeit verdient. Damals wurden die „World Warriors“ eingeführt – ein abwechslungsreiches Ensemble stand plötzlich neben Ryu und Ken zur Auswahl. Charaktere wie Chun‑Li und Zangief wurden zu Ikonen der Popkultur.

Das sind sie bis heute. Noch immer erregen die actionreichen Duelle in Turnieren Aufmerksamkeit. Doch aus der leicht verständlichen Idee ist ein hochkomplexes Vergnügen geworden. Die Ausführung stärkerer Attacken hat schon immer komplizierte Knopfkombinationen erfordert. Doch seit die Duelle eher online als in der Spielhalle stattfanden, wurde ehemaliges Geheimwissen zur verpflichtenden Grundlage. Einen Shoryuken sicher auszuführen beeindruckte niemanden mehr.

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„Street Fighter 6“ Prügel für alle

Wie soll ein Spiel aussehen, dass die alten Street-Fighter-Profis abholt und Neulinge nicht gleich vermöbelt? „Street Fighter 6“ hat eine gute Antwort: Die verschiedenen Spielmodi holen alle ab.

Im Modus „Fighting Ground“ steckt praktisch alles drin, was bisher ein komplettes Street Fighter ausgemacht hat: ein wirklich detaillierter Training-Modus, Kämpfe gegen echte Menschen oder den Computer online oder offline, und ein Arcade-Modus, der eine Reihe von Kämpfen durchläuft und zu jedem der 18 Charaktere eine oberflächliche Geschichte in Bildtafeln erzählt.

Neu ist der „Battle Hub“. In dieser Onlinelobby können wir einen selbst erstellten Charakter herumzeigen, uns zu Kämpfen verabreden und zwischen den Spielrunden einige klassische Arcade-Spiele von Capcom ausprobieren. Andere Kampfspiele der letzten Jahre haben das auch schon getan, aber hier ist es gut umgesetzt und freundlicherweise völlig optional. Wer nur online kämpfen will, kann das auch ohne Lobby.

Hauptsache unterwegs

Die große Überraschung steckt schließlich in der „World Tour“. Der Spielmodus macht aus „Street Fighter 6“ eine Art Rollenspiel. Er ist wie gemacht für Menschen, die sich etwas weniger ernsthaft mit Prügelspielen beschäftigen wollen. Zuerst wird in einem komplexen und vielseitigen Menü ein Charakter erstellt, dann reist sie oder er auf der Suche nach wahrer Stärke durch die ganze Welt.

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Am ehesten lässt sich die „World Tour“ von „Street Fighter 6″ mit den Rollenspielen der Yakuza-Serie vergleichen: Der Spielercharakter rennt durch offene Stadtlandschaften, kann nach Essen oder Mode shoppen, absolviert diverse kleine Minispiele, prügelt sich mit unzählig vielen Gegnern und lernt dabei neue Kampftechniken kennen.

Leider ist der neue Modus langwierig und erzählt eine hirnverbrannte Geschichte, gegen die jeder Actionfilm mit Jean-Claude van Damme intellektuell wirkt. Außerdem legt er den Fokus auf die heikle, aber offene Frage, wie teuer das Spiel noch wird. Die in vielen Onlinespielen beliebten Battlepässe soll es in Gratis- und Bezahlversionen geben. Aber auch für Kostüme und Accessoires wird mitunter Echtgeld fällig. Ist deswegen die Auswahl an frei erhältlichen Kleidungsstücken anfangs eher mickrig? Das muss sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.

Doch im Prinzip funktioniert die „World Tour“ gut. Der Modus gibt Neueinsteigerinnen und Neueinsteigern eine Möglichkeit, sich niederschwellig über mehrere Abende mit der Steuerung des Spiels zu beschäftigen, die verschiedenen Kampfstile zu lernen und eigene Taktiken zu entwickeln.

Im „World-Tour“-Modus läuft der Spielercharakter offene Stadtlandschaften, kann nach Essen oder Mode shoppen.

Im „World-Tour“-Modus läuft der Spielercharakter offene Stadtlandschaften, kann nach Essen oder Mode shoppen.

Der „Street Fighter“-Führerschein

Das sichere Ausführen der komplexen Kombos hat sich in der Vergangenheit wie eine hohe Hürde angefühlt. Wer bei „Street Fighter“ mitmischen wollte, der musste gefühlt erst einmal eine Art Führerschein machen. Das ist vorbei. Nicht nur dank der Rampe, die Spielefirma Capcom mit der „World Tour“ gebaut hat. Auch die Grundlagen auf dem Gamepad lassen sich jetzt verändern. Neben einem klassischen gibt es jetzt einen „modernen“ Steuerungsmodus, der fast alle Schwierigkeiten bei der Ausführung abschafft. Leicht ist das Spiel deswegen aber längst nicht. Wann Charaktere wo stehen sollten, wie sie die Distanz zum Gegner überwinden, wann sie welche Attacken platzieren können, ob sie besser blocken oder ausweichen – das sind alles Fragen, über die sich Neulinge jetzt schneller den Kopf zerbrechen können, statt wie bisher nur wild auf den Knöpfen herumzudrücken.

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Und wer mit wildem Herumdrücken zufrieden ist, kann auch den neuen „dynamischen“ Modus ausprobieren, mit dem sich das Spiel wie ein interaktives Feuerwerk anfühlt.

Denn das ist ein wesentliches Erfolgsgeheimnis von „Street Fighter 6“: Es sieht umwerfend aus. Die Kämpferinnen und Kämpfer wirken lebendig, stark und originell. Wenn sie sich im Großformat gegenüber­stehen und umeinander herumwirbeln, dann fliegen Funken, Farbeffekte spritzen über den Bildschirm, die Kamera schwenkt zu Nahaufnahmen heran, und die Welt leuchtet in übersättigten Farben, die eine goldene „Street Fighter“-Ära wachrufen – die 1990er.

Stark wie früher

Doch einiges hat sich gegenüber den Klassikern der Serie verändert, auch in den eigentlichen Kämpfen. Die große Neuheit unter der Lebensenergie-Anzeige ist die „Drive“-Leiste. Sie öffnet neue offensive und defensive Aktionen, verbraucht sich im Kampf, und ist zu Beginn jeder neuen Runde wieder voll. Auf uns wirkt sie fair, leicht verständlich und vielseitig einsetzbar. Das ist gut, denn damit „Street Fighter 6″ über Jahre auch online populär bleibt, muss es in seiner Kerndisziplin überzeugen. Und hier hat das Spiel nicht nur uns, sondern auch zahlreiche Fans in öffentlichen Beta-Testrunden für sich gewinnen können. Das ist ein sehr gutes Vorzeichen für die Frage, ob sich hier eine lebendige Onlineszene etabliert.

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Ein Duell in „Street Fighter 6“ sieht spektakulär aus, ist variantenreich und macht Spaß für Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten. Es ist immer noch kein Spiel für alle, aber es spricht besser denn je eine breite Zielgruppe an. Und in der bunten Packung steckt immer noch ein tiefes, taktisches Spielerlebnis. Es fühlt sich an, als hätte ein Altmeister zurück zu seiner Stärke gefunden.

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