Ist ein E‑Auto im Betrieb aktuell teurer als ein Benziner?
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Der Strompreis steigt. Werden E‑Autos dadurch unattraktiver?
© Quelle: Martin Gerten/dpa
Elektroautos wirken dieser Tage auf den ersten Blick recht unattraktiv: Nicht nur die Förderung für ein neues E‑Auto fällt seit 2023 deutlich niedriger aus als zuvor, sondern auch der Strompreis wird ständig erhöht. Ist es mittlerweile teurer, ein E‑Auto zu laden, als einen Benziner zu tanken?
Nachdem mehrere Ladesäulenbetreiber im Zuge der Energiekrise ihre Preise erhöht haben, zieht auch EnBW als größter Ladesäulennetzbetreiber in Deutschland nach: Bis zu 65 Cent pro Kilowattstunde müssen Kundinnen und Kunden ab dem 17. Januar bezahlen – zumindest, wenn sie spontan ihr E‑Auto an einer fremden Säule laden wollen (Tarif S). Das wird als „Roaming“ bezeichnet und ähnelt dem Prinzip des Mobilfunkroamings: Nutzende können ihr E‑Auto an Ladesäulen fremder Anbieter auch in anderen Ländern zum gleichen Preis laden. Lädt man an der jeweiligen Säule seines Anbieters, ist es etwas günstiger. Im Tarif S von EnBW kostet das ab 17. Januar 61 Cent pro Kilowattstunde.
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Im Tarif M liegt eine Kilowattstunde bei einer EnBW-Säule bei 49 Cent, Roaming kostet 57 Cent pro Kilowattstunde. Und auch an anderen öffentlichen Ladesäulen ist die Kilowattstunde Strom nicht besonders günstig: Teils sind mittlerweile 60 Cent, an den Ladesäulen von Ionity sogar 79 Cent pro Kilowattstunde fällig. Außerdem kommt je nach Tarif eine Grundgebühr hinzu.
Beispielrechnung: 100 km je nach Antriebsart
Im Vergleich dazu ist der Benzinpreis aktuell moderat. Laut des ADAC lag der Anfang Januar 2023 für einen Liter Super E10 bei rund 1,74 Euro. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von circa 7,7 Litern auf 100 Kilometern (km) kommt man auf Benzinkosten von 13,40 Euro. Für dieselbe Strecke sind bei einem E‑Auto im Schnitt etwa 21,6 Kilowattstunden Strom nötig. Bezieht man diesen aus einer EnBW-Ladesäule, ist man im mittleren Tarif bei Kosten in Höhe von 10,58 Euro – im teuersten Ladetarif von Ionity mit 79 Cent pro Kilowattstunde kosten 100 Kilometer demnach 17,06 Euro.
Ist die Zeit der garantierten Geldersparnis bei der E‑Auto-Nutzung also dahin? Es kommt darauf an. Wie hoch die Strom- und Benzinkosten pro 100 km ausfallen, ist je nach Modell unterschiedlich. Faktoren wie Außentemperatur, Geschwindigkeit, Strecke, Fahrstil und ob die Sitzheizung oder Lüftung in Benutzung sind, können den Verbrauch beziehungsweise die Reichweite eines Autos mitunter stark beeinflussen. Bei einem moderaten Benzinpreis und verhältnismäßig hohen Strompreisen können einzelne E‑Auto-Modelle je nach Tarif derzeit teurer erscheinen als Benziner. Das könnten allerdings nur temporäre Effekte sein.
Haushaltsstrom und Wallboxen sind billiger
Tatsächlich werden auch die wenigsten Menschen ihr E‑Auto dauerhaft an überteuerten öffentlichen Ladesäulen laden. Denn Haushaltsstrom ist viel günstiger: Laut des Vergleichsportals Verivox liegt Haushaltsstrom derzeit bei 43,30 Cent pro Kilowattstunde – für 100 km zahlt man mit dem E‑Auto also rund 9,29 Euro. Wer einen besonderen Autotarif und/oder eine eigene E‑Auto-Ladestation (eine sogenannte Wallbox) zu Hause hat, zahlt unter Umständen sogar noch weniger für eine Ladung.
Der Thinktank Agora Energiewende hat die durchschnittlichen Kosten für Fahrstrom, Benzin und Diesel pro 100 Kilometer für die Jahre 2019 bis 2022 ausgewertet: Zwar ist der Anstieg des Strompreises (und auch der Preisanstieg für fossile Energieträger) über die Jahre deutlich, E‑Autos schneiden demnach im Schnitt aber immer noch deutlich günstiger ab als benzin- oder dieselbetriebene Fahrzeuge. Im Jahr 2022 hatte Strom laut Agora Energiewende auf einer Strecke von 100 Kilometern mit dem Auto „noch immer einen Preisvorteil von 20 bis 40 Prozent gegenüber Benzin oder Diesel“.
Vergleich von Strom- und Treibstoffkosten allein unzureichend
Der ADAC wies zuletzt im Oktober 2022 darauf hin, dass für einen seriösen Kostenvergleich zwischen E‑Auto und Benziner ohnehin nicht nur Strom- oder Spritkosten verglichen werden dürfen. Vielmehr müssen „sämtliche Aufwendungen (…), die beim Autofahren anfallen“ in den Vergleich einfließen. Dazu zählen auch Versicherungskosten, Kfz-Steuer, Wartung und Reparaturen, Reifenverschleiß, Kraftstoff- beziehungsweise Stromkosten sowie die Pflege des Autos.
Die Wartungs- und Reparaturkosten von E‑Autos stellt auch die Verbraucherzentrale heraus: Diese entfallen bei E‑Autos für Zündkerzen, Kühler, Zahnriemen, Öl und Ölfilter, Auspuffanlage und Kraftstofffilter. Auch die Bremsen müssen bei Elektroautos wegen der Energierückgewinnung (Rekuperation) seltener erneuert werden.
Energieexperte: Der Strompreis wird langfristig sinken
„Wir gehen auf jeden Fall davon aus, dass der Strompreis langfristig sinkt“, sagt Reinhard Loch, Energieexperte von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Ein Auto nutze man im Schnitt für 15 Jahre. Ab 2030 sollen 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen werden, der Strompreis werde sich in den kommenden Jahren deshalb wieder einpendeln. Laut Loch wird sich ein E‑Auto in jedem Fall lohnen.
„Der Trend zur Elektromobilität ist nicht aufzuhalten“, sagt Loch. „Die Menschen haben Lust, auf Elektro umzusteigen – wir sehen das etwa bei Fahrtechnik und Wärmepumpen.“ Viele reize der Gedanke, energieautark zu werden: „Der Klimaschutzgedanke ‚Ich fahre sauber mit Sonnenenergie Auto‘ wird sich am Markt durchsetzen.“ Schwankende Strompreise und die Tarifvielfalt sieht er als händelbare Übergangsprobleme: „Das wird nicht zu einem ernsthaften Einbruch der Elektromobilität führen.“