Botschaft: „Depression kann jeden treffen“

- Dr. Stefano Baccara sprach in Erndtebrück über Depressionen im Alter. Foto: jg
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jg Erndtebrück. Am Anfang mal ein paar Zahlen und Daten über das Bündnis gegen Depression in Olpe-Siegen-Wittgenstein: Im September 2008 wurde das Bündnis in Kreuztal aus der Taufe gehoben. Bis Ende 2010 will es sich in den beiden Landkreisen des Themas annehmen, weil Schätzungen zufolge 22 500 Menschen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe unter dieser behandelbaren Volkskrankheit leiden. Unter der wachsenden Zahl der psychisch Erkrankten stellen die Depressiven die größte Gruppe.
Unters Volk werden die Informationen über diese Volkskrankheit in genau abgezirkelten Vorträgen gebracht, da wird genauestens unterschieden zwischen jungen und alten Menschen. Um die Senioren ging es vorgestern Abend im evangelischen Erndtebrücker Jugendheim. Der Referent war Dr. Stefano Baccara, der leitende Arzt der Abteilung für sozialpsychiatrische Medizin an der Berleburger Klinik Wittgenstein. Unter dem Dutzend Zuhörer waren vor allem Frauen. Kein Wunder, diese Tendenz bestätigten auch die offiziellen Statistiken von Stefano Baccara. Frauen seien doppelt so oft wie Männer von Depressionen betroffen: Die Krankheit erwische jede vierte Frau und jeden achten Mann.
Aber eine andere Botschaft war dem Berleburger Arzt noch wichtiger: „Depression kann jeden treffen.“ Das habe nichts mit Alter, Ausbildung, Sozialstatus oder körperlicher Gesundheit zu tun. Und dann gab es noch mal ein paar Zahlen: In Deutschland gibt es vier Millionen Betroffenene, 2,4 bis 2,8 Mill. davon sind in hausärztlicher Behandlung, aber nur die Hälfte davon wird korrekt diagnostiziert. Und angemessen behandelt werden am Ende gerade einmal 400 000 - also nur zehn Prozent der eigentlich Betroffenen.
Und bei den älteren Leuten wusste Stefano Baccara einen ganz besonderen Grund für die selten geschaffte Diagnose: Mindestens dreimal wies er darauf hin, dass es schwieriger sei als man annehme, Depression und Demenz voneinander zu unterscheiden. Auch wegen der Überlappungen bei den Symptomen.
Fühlen, Denken, Wollen und Handeln würden allesamt verändert. Diverse Symptome zählte der Fachmann auf. Aus dem überschaubaren Publikum kamen immer wieder Sätze wie „Das trifft alles zu“ oder aber auch „Das kann kein Mensch verstehen“, was deutlich machte, dass die Anwesenden aus eigener Anschauung wussten, wovon der Referent sprach.Als ersten Ansprechpartner bei Problemen nannte Stefano Baccara Hausärzte, erst wenn man dort nicht das Gefühl habe, verstanden zu werden, solle man den Facharzt aufsuchen. Für die konkreten Abläufe in der Klinik Wittgenstein erläuterte der Arzt, dass es zuerst eine dreitägige Voruntersuchung im Haus gebe. Darauf warte man einen Tag oder auch mal einen Monat. Und danach warte man höchstens drei Monate auf einen Platz in der Klinik, es sei denn man wolle eine Einzelzimmer, dann könne es länger dauern. Abschließend wurde noch die gefragt, ob es depressive Mensche gebe, die „nicht therapiefähig“ seien. Da fielen Stefano Baccara jedoch spontan keine Beispiel ein.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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