„ . . . das Erzählte reicht“

- Kabarettist Lothar Bölck schlüpfte am Freitagabend in Erndtebrück in viele Rollen, Am Ende war er der, „Der mit der roten Socke spricht“. Foto: jg
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jg Erndtebrück. In Zeiten, da man – außer bei den Arbeitslosenzahlen – nur noch mit dem Minus rechnet, hier mal ein Plus. Beim Kabarettabend von Lothar Bölck am Freitag in der Erndtebrücker Edermühle waren 40 Prozent mehr Leute als bei seiner Vorstellung vor recht genau einem Jahr an gleicher Stelle. Genauer gesagt: 75 Leuten machten diesmal das Publikum dieser Veranstaltung von Erndtebrücker Kulturinitiative in der gewohnten Zusammenarbeit mit dem Gebrüder-Busch-Kreis aus. Und die bekamen einen Abend mit viel Licht und ein bisschen Schatten geboten
Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Gegenkandidat Frank-Walter Steinmeier sitzen im Magen von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Da sagt der SPD-Genosse: „Ich glaube, der hat mich gefressen.“ Die CDU-Frau hat einen anderen Weg gewählt.
Unter anderem diesen Witz erzählte der bekennende Ostdeutsche in seinem Programm, in dem er in die verschiedensten Rollen schlüpfte: als überzeugter Waffennarr, als besserwissender Stammtisch-Bruder oder auch als entführter SPD-Bundestags-Abgeordneter. Und diese verschiedenen Rollen erweckte Lothar Bölck allein aufgrund seines schauspielerischen Talents zum Leben. Doch das, was er dann sagte, ließ zwar öfter Esprit und Genie aufblitzen, ab und zu war es jedoch ein wenig zu plump und kalauernd. Egal ob er von Hausärzten redete – sind die niedergelassen oder heruntergekommen? – oder von Politikern. Etwa IM Schäuble, die Abkürzung steht nicht für Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi, sondern für Innenminister, wobei das lauschende Interesse am Staatsbürger inzwischen hier genauso groß sei. Zudem sei der Rollstuhl-Fahrer Schäuble der einzige Minister mit Profil.
Überhaupt: Die Politiker kamen eindeutig am schlechtesten weg bei Lothar Bölck, etwa wenn er behauptete, dass diese so ein dickes Fell bräuchten, um auch ohne Rückgrat aufrecht gehen zu können. Dieses Nachplappern von einfältigstem Stammtisch-Schwadronieren sollte eigentlich unter der Würde eines solch guten und politisch-bewussten Kabarettisten sein.
Dennoch war es insgesamt ein gelungener Abend, auch weil Lothar Bölck immer wieder sehr schlagfertig und unterhaltsam auf sein Publikum einging. Nicht so schön war das für die Zuschauerin mit den Hustenanfällen, die sich die Frage gefallen lassen musste: „Warum gehen Leute mit Husten nie zum Doktor, sondern immer ins Theater?“ Und als vermeintlich betrunkener Bundestagabgeordneter der Leber-Partei freute sich Lothar Bölck über einen Zuschauer, der in Extase und in der zweiten Reihe sein Bierglas umwarf. Der Kabarettist sagte als vermeintlicher Bundestagsabgeordneter: „noch ’en Kollege“. Am Ende hatten dennoch alle einen schönen Abend gehabt. Und um noch mal eine seiner Politiker-Phrasen zu dreschen: „Nicht das Erreichte zählt, das Erzählte reicht.“
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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