Nachbarn kündigen Widerstand an
Inklusive Wohn(t)räume in Sicht

- So sieht der Entwurf des Neubaus aus.
- Foto: /Entwurf: Architekturwerkstatt infra plan
- hochgeladen von Marc Thomas
nja Freudenberg. Wie möchte ich im Alter wohnen und leben? Eine Antwort, die wohl die meisten Menschen auf diese Frage geben, lautet: „Nicht alleine und möglichst lange selbstbestimmt!“ So ist es auch bei Marita Moers und Brigitte Saul, die vor ein paar Jahren auf der Suche nach entsprechenden Wohnformen feststellten – nicht zuletzt aufgrund langer Wartelisten: „Am besten starten wir unser eigenes inklusives Wohnprojekt, bei dem die Gemeinschaft im Vordergrund steht.“ Die Integration von Menschen mit Handicap stand von Anbeginn mit im Fokus. 2018 wurde auf ihre Initiative hin der gemeinnützige Verein „Wohn(t)räume Freudenberg“ gegründet.
nja Freudenberg. Wie möchte ich im Alter wohnen und leben? Eine Antwort, die wohl die meisten Menschen auf diese Frage geben, lautet: „Nicht alleine und möglichst lange selbstbestimmt!“ So ist es auch bei Marita Moers und Brigitte Saul, die vor ein paar Jahren auf der Suche nach entsprechenden Wohnformen feststellten – nicht zuletzt aufgrund langer Wartelisten: „Am besten starten wir unser eigenes inklusives Wohnprojekt, bei dem die Gemeinschaft im Vordergrund steht.“ Die Integration von Menschen mit Handicap stand von Anbeginn mit im Fokus. 2018 wurde auf ihre Initiative hin der gemeinnützige Verein „Wohn(t)räume Freudenberg“ gegründet.
Denn: In Freudenberg wurden die beiden Förderschul-Fachlehrerinnen mit offenen Armen empfangen, hier fanden sie ein Top-Grundstück – ein Teilareal des Sparkassenparkplatzes an der Trulichstraße – und mit der Kreiswohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH Siegen (KSG) auch einen Investor.
Als Nachbarn schöne Momente teilen
In einem dreigeschossigen Neubau sollen, zentral in der Stadtmitte gelegen, 16 kleine Mietwohnungen/Apartments (31 bis 68 Quadratmeter, das Gros für eine Person) entstehen, drei davon für Menschen mit Behinderung und zwei öffentlich geförderte. Im Erdgeschoss, so zeigen die Entwürfe, lädt ein Gemeinschaftsraum samt Küche zum geselligen Miteinander ein: Die Nachbarn wollen sich nicht nur auf dem Flur begegnen, sondern schöne Momente teilen – auch mit Gästen von außen: „Wir wollen uns öffnen und uns integrieren“, sagen Moers (63) und Saul (67). Der Verein, dem sie vorstehen, betreibt das Projekt und entscheidet, wer einziehen darf. Das wurde in einer Kooperationsvereinbarung mit der KSG festgelegt. Das Projekt wird über das NRW-Landesprogramm „Experimentelles Wohnen“ gefördert.
"16 kleine Wohnungen sind geplant,
drei davon für Menschen mit einer Behinderung."
Marita Moers
Vereinsvorsitzende
So wurde eine Projektbegleiterin finanziert, die den künftigen Nachbarn beratend zur Seite steht: Sowohl mit Blick auf die bauliche als auch die soziale Umsetzung des Leitgedankens: des Gemeinschaftslebens.
Gemeinsame Freizeitaktivitäten fanden bis zur Pandemie statt. Das Gros der Wohnungen ist vergeben – „ohne, dass wir die Werbetrommel gerührt haben“. Zwei der drei Apartments für Menschen mit Behinderung sind noch frei. Gebaut wird von der KSG; sie ist Vermieterin. Der Bauantrag ist gestellt, sagt KSG-Geschäftsführer Daniel Aktas.
Bauvorhaben zu hoch und zu wuchtig
So weit, so gut. Das sehen einige der künftigen Nachbarn allerdings anders. Anlieger links und rechts des geplanten Neubaus sehen nämlich ihre eigenen Wohnträume zerplatzen. Zu wuchtig, zu hoch, zu nah, so empfinden sie das Bauvorhaben. Sie haben eine Interessengemeinschaft gegründet und einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Letzterer kommt zu dem Schluss: „Das Bauvorhaben dürfte nicht genehmigungsfähig sein“ – und äußert erhebliche Bedenken.

- Dr. Bernd Steffes hält das Vorhaben nicht für genehmigungsfähig.
- Foto: nja
- hochgeladen von Marc Thomas
Sprecher der IG ist Dr. Bernd Steffes. Er wohnt am Mórer Platz 6 direkt nebenan – ein Haus voller Eigentumswohnungen im gehobenen Preissegment. Dort lebten „fast ausschließlich Rentner, die wegen der idealen Wohnlage, der guten Ausstattung und der überwiegend zur Sonnenseite ausgerichteten Terrassen“ diesen Altersruhesitz ausgesucht hätten. Die Sorge, dass der benachbarte Sparkassenparkplatz bebaut werden könnte, sei von den „Immobilienverkäufern der Sparkasse immer als unbegründet abgetan“ worden.
Verschattung der Balkone befürchtet
Die IG bemängelt nun: Der Neubau füge sich nicht in die Umgebung ein. An der Schulstraße gebe es kleinere Häuser, der Parkplatz diene als Trennung hin zu den großen Gebäuden am Mórer Platz. Künftig schaue man „gegen eine hohe Wand bzw. den Anfang einer Dachschräge – etwa 10 Meter entfernt“; auch eine Verschattung der Balkone wird befürchtet. Man begrüße die integrative Wohnform: „Das Grundstück aber ist denkbar ungeeignet.“
„Alle rechtlichen Bedingungen werden erfüllt“, sagt Daniel Aktas. Um eine Verschattung zu vermeiden, sei extra an der Dachform gefeilt worden. Marita Moers und Brigitte Saul haben Verständnis dafür, dass ihre potenziellen neuen Nachbarn zunächst Abwehrhaltung einnehmen, „wenn ihnen ein Neubau vor die Nase gesetzt wird“. Sie hoffen aber auch ein gutes Neben- und Miteinander: „Wir werden alles dafür tun!“


Autor:Anja Bieler-Barth (Redakteurin) aus Siegen |
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