Noch keine Ruhe an Seelbachsecke
Anlieger errichten »Andachtswinkel« / Klage eingereicht / Protest auch im Alten Flecken
fr Freudenberg. Etwa eineinhalb Jahre ist es nun her, dass die Anlieger im Zusammenhang mit dem Ausbau von Seelbachsecke und Gambachsweg mit Aufsehen erregenden Aktionen »gegen Verwaltungswillkür und Straßenausbau« demonstrierten. Nach Abschluss der Maßnahmen scheinen – wenigstens vordergründig – an dem Straßenzug wieder Ruhe und Frieden eingezogen zu sein.
Doch der Schein trügt, noch immer rumort es gewaltig hinter den Kulissen, noch immer haben sich die Anwohner mit dem Vorgehen der Stadt nicht abgefunden. Und haben dies offenbar auch nicht vor. Franz-Wilhelm Schwipp: »Bis zur mündlichen Verhandlung einer Klage beim Verwaltungsgericht in Arnsberg wird noch etwas Zeit vergehen. Bis dahin werden die Anlieger weiterhin mit ihrem ,Letzte-Hemd-Spruchband’ und ihrem neu errichteten ,Andachtswinkel Edgar und Partner’ als Beistand für die Straßenbauer und Anlieger der Seelbachsecke auf die Zustände aufmerksam machen. Ein Opferstock soll noch folgen.« In diesem Zusammenhang macht Schwipp übrigens auf einen weiteren entstehenden »Brandherd« in Freudenberg aufmerksam: »Es regt sich inzwischen in der größeren Anliegergemeinschaft im Alten Flecken plötzlich auch das Herz, denn dort werden jetzt auch Beiträge aus Umweltverbesserungsmaßnahmen kassiert, insgesamt bis zu 600000 e. Da trifft es dann plötzlich sogar Stadtverordnete, die jetzt aus tiefstem Schlaf gerissen werden.«
Was ist in den vergangenen Monaten passiert? Nach Abschluss der Arbeiten erhielten alle Anlieger der Seelbachsecke Beitragsbescheide »bis zu 90000 DM für eine einzelne Dame«. Schwipp: »Es galt jetzt zu zahlen – und zwar alles – oder Raten zu beantragen, die allesamt mit 6 Prozent Zinsen bedacht wurden. Einem Rentner wurde wegen eines strittigen Betrages sogar das Konto gepfändet.« Weil aber im Zuge der Berechnungen auch Grundstücke herangezogen worden seien, die mit der Maßnahme nichts zu tun hatten, sei mit erheblichen Nachforderungen an alle Anlieger und die Stadt zu rechnen. »Weiterhin sind einige Beitragsbescheide erheblich zu berichtigen, weil dort die volle Grundstücksgröße herangezogen wurde, obwohl durch Dienstbarkeiten für die verlegten Kanäle in den einzelnen Gärten eine Grundstücksnutzung völlig unmöglich ist«, so Schwipp.
Zwischenzeitlich, so der Anliegersprecher weiter, habe sich die Staatsanwaltschaft Siegen alle Bauakten zur Ermittlung geholt, weil er nachgewiesen habe, dass nicht erbrachte Leistungen abgerechnet worden seien. Zudem bewiesen Untersuchungen, dass die Seelbachsecke »die Anforderungen einer Erschließungsstraße überhaupt nicht erfüllt. Ein über 70 Meter langer Engpass ohne Sichtkontakt ist nur von zwei Autos mit Bürgersteigbenutzung zu befahren. Busgegenverkehr ist unmöglich. Auch Rettungsfahrzeuge haben keinen Platz, wenn dort ein Anlieger ein Auto auf die Straße stellt. Parkmöglichkeiten wurden den Anliegern genommen. Wenn sie nur aus- und einladen, ohne Bürgersteigbenutzung, läuft schon nichts mehr. Das sind Fehlplanungen, für die kein Anlieger oder Bürger der Stadt einsteht. Der gesamte ruhende Verkehr ist vergessen worden.«
Doch die Liste der Unzulänglichkeiten gehe noch weiter: Beispielsweise laufe jetzt das Wasser von der Berg- zur Talseite quer über die Straße am abgesenkten Bürgersteig entlang. Die neuen Querrinnen – »Verkehrshindernisse ersten Grades« – führten jetzt das Wasser wieder quer über die Straße in die Gullys. Schwipp: »Alles unnötiges Geld. Den Anliegern hätte eine ordentliche Teerdecke mit einem Randstreifen ortsüblicher Bauweise genügt, und der Verkehr wäre sogar besser gelaufen. Jetzt hat sich trotz 1 Mill. DM nichts verbessert, nur die Anlieger und auch die Stadt sind das Geld los.«
Schwipp abschließend: »Die Anlieger sind der Meinung, dass die eingereichte Klage zunächst nur eines Anliegers Klarheit darüber schaffen muss, dass eine Stadt mit 8,9 Millionen Fehlbetrag schon 1999 sich keine 1 Mill. DM für eine Straße von 300 Metern leisten kann. Die Anlieger sind sich auch sicher, dass es nicht sein kann, dass neun Anwohner die Kosten für einen riesigen Kurparkabtrag bezahlen müssen, nur weil die Stadt eine Zufahrt für ihre städtischen Anlagen, das Neubaugebiet und das Wellnesshotel benötigt. Dass bessere Anbindungen möglich waren, besagte ein Gutachten zur Straßenführung.«
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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