Zahl der Corona-Patienten steigt: Krankenhäuser fürchten „extrem schwierige Wochen“
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Zahlreiche Mitarbeiter in Krankenhäusern fallen wegen Corona aus. Das stellt die Kliniken vor große Herausforderungen.
© Quelle: dpa (Symbolbild)
Erste Krankenhäuser in Deutschland haben angesichts der neuen Corona-Welle bereits ihre Belastungsgrenzen erreicht. „Wir haben erhebliche Zuwächse bei den Covid-positiven Patienten“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Im Vergleich zur Vorwoche ist die Belegung um 50 Prozent gestiegen.“ Derzeit behandeln die Kliniken so viele positiv getestete Patienten wie zu Spitzenzeiten der Sommerwelle.
Expertinnen und Experten überrascht diese Entwicklung nicht. Die Zahl der Corona-Infektionen in Deutschland steigt deutlich und das schlage sich auch in der Patientenzahl der Krankenhäuser nieder, so der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie. „Insgesamt haben wir eine hohe Immunität in der Bevölkerung, sonst wären die Zahlen in den Kliniken längst durch die Decke gegangen.“ Es komme jetzt auf den weiteren Anstieg und die Dynamik des Infektionsgeschehens an.
Hohe Personalausfälle in Kliniken
Die Zahl der Krankenhausfälle wird sich unter der aktuell vorherrschenden Omikron-Variante laut Epidemiologe Zeeb noch deutlich erhöhen. „Wir werden voraussichtlich mit der aktuellen Welle wieder ein exponentielles Wachstum sehen“, erklärt der Experte im Gespräch mit dem RND. Insgesamt werde die Zahl der Infektionen und Patienten in Kliniken aber niedriger als bei der Delta-Welle bleiben. Eine komplette Überlastung der Kliniken im Winter erwarte er nicht, aber es wird seiner Einschätzung nach zu kritischen Engpässen in einigen Regionen kommen.
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Probleme bereiten den Kliniken vor allem die hohen Personalausfälle. „Zudem bedeutet die deutliche Zunahme von Covid-positiv getesteten Patientinnen und Patienten einen erhöhten Infektionsschutz und somit Mehrarbeit, also wieder eine höhere Belastung für das Personal“, sagt DKG-Chef Gaß. Er geht fest davon aus, dass die Krankenhäuser erneut Leistungen verschieben und Abteilungen zeitweise abmelden müssen.
Einige Krankenhäuser und deren Intensivstationen arbeiten bereits am Limit, wie der Intensivmediziner Christian Karagiannidis erklärt. „In einigen Regionen von Bayern, Hessen und in mehreren Städten in NRW haben wir bereits Hotspots, wo es kaum freie Intensivbetten mehr gibt, weil das Personal häufig symptomatisch und auch länger ausfällt“, sagt der wissenschaftliche Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) im Gespräch mit dem RND. „Darauf müssen wir uns in den kommenden Wochen auch in vielen anderen Teilen Deutschlands einstellen.“ DKG-Chef Gaß geht ebenso von dieser Entwicklung aus und erklärt, die Kliniken laufen „flächendeckend und nicht nur in Süddeutschland auf extrem schwierige Wochen zu“.
Situation besser als vor einem Jahr - aber keine Entwarnung
Die Zahl der Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen ist in den vergangenen Wochen deutlich angestiegen, aber bei vielen stellt Covid-19 eine Begleitinfektion dar. „Wir haben derzeit etwa 1650 Patienten mit Covid-19 auf den Intensivstationen, von denen wahrscheinlich etwa 50 Prozent auch wegen Covid-19 behandelt werden müssen“, sagt Intensivmediziner Karagiannidis. Die Situation ist besser als vor einem Jahr, so der Mediziner, aber Entwarnung kann er nicht geben. Denn die Patienten und Patientinnen müssten trotzdem isoliert werden und die Corona-Infektion kann die Prognose der Patienten mit anderen Erkrankungen verschlechtern.
Die angespannte Situation in den Kliniken könnte durch eine starke Grippewelle im Winter noch verschärft werden. Ein größerer Personalausfall und mehr Schwerkranke auf den Intensivstationen wären die Folge. Daher sei eine Grippeimpfung besonders für Risikopatienten wichtig, betont Karagiannidis. „So wichtig wie fast noch nie.“
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