Schädliches Snoozing: Warum Sie besser nicht die Schlummertaste drücken sollten
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Die Schlummertaste kostet uns wertvollen Schlaf.
© Quelle: Christin Klose/dpa-tmn
Wenn der Weckalarm am frühen Morgen losgeht, erschleichen sich Morgenmuffel gerne ein paar Minuten mehr Bettzeit. Mit der Snooze-Funktion, auch Schlummertaste genannt, kann man erst einmal weiterschlafen. Nur um bald darauf erneut aus den Träumen gerissen zu werden – und wieder den Schlummermodus zu wählen, der sich auch in jedem Handy mit Weckfunktion findet.
Wie verbreitet das Snoozing am Morgen tatsächlich ist und wie es sich auf den Schlaf auswirken könnte, haben jetzt amerikanische Forschende in einer Studie untersucht. Sie werteten dazu Daten von 450 Erwachsenen aus. 57 Prozent von ihnen gaben an, beim Aufwachen die Snooze-Funktion zu nutzen, Frauen öfter als Männer. Die Schlummertasten-Nutzer und -Nutzerinnen hatten dabei in den Stunden vor dem Aufwachen eher einen unruhigen Schlaf. Die Studienautoren- und -autorinnen hielten es für möglich, dass dies mit der Angewohnheit des Snoozings zusammenhing. Es seien aber noch weitere Untersuchungen nötig, um die schädliche Wirkung der Schlummertaste genauer zu untersuchen.
Hans-Günter Weeß ist Vorstandmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Er findet es nicht verwunderlich, dass so viele Menschen zum Snoozing neigen, rät aber davon ab. „Das Hauptproblem ist, dass wir eine grundsätzlich unausgeschlafene Gesellschaft sind“, sagt er. „Wir befinden uns in einem Zustand chronischen Schlafmangels. 80 Prozent der Deutschen wachen morgens nicht von selber auf, sondern lassen sich mit einem Alarm wecken: Das heißt, sie beenden das wichtigste Reparations- und Regenerationsprogramm des Organismus, bevor es seine Aufgabe erfüllt hat.“
Wecker so spät wie möglich einstellen
Beim Snoozing werde die letzte Phase des Schlafes künstlich unterbrochen und das oft mehrfach. Zwar haben Anhänger und Anhängerinnen der Schlummertastenfunktion womöglich das Gefühl, sich eine extra Portion Schlaf zu gönnen. „Das ist aber ein Trugschluss“, sagt Weeß. „Denn um sich das Snoozing erlauben zu können, wird der Wecker ja auf einen früheren Zeitpunkt gestellt.“ Wer die Zeit habe, eine weitere halbe Stunde im Halbschlaf im Bett zu verbringen, könne da besser in dieser Zeit noch durchschlafen. „Angesichts der Tatsache, dass wir ohnehin zu wenig Schlaf bekommen, sollte man besser den Wecker so spät wie möglich stellen und dann sofort aufstehen“, sagt Weeß.
Snoozing sei jedenfalls keine „sanftere“ oder bessere Form des Erwachens. Auch von sogenannten Schlafphasenweckern, die das Aufstehen erleichtern sollen, hält Weeß nicht viel, da diese den Schlaf nicht korrekt messen und auswerten könnten. Schlafphasenwecker versuchen, die Schlafphasen anhand von Atmung und Bewegungsmustern zu bestimmen. Der Alarm soll dann in einer REM-Schlafphase losgehen. Richtig sei zwar, dass es beim Erwachen aus so einer Schlafphase schneller gelingt, wach zu werden, sagt Weeß. Aber die Auswertung der Schlafphasen sei ungenau, es sei nicht sicher, ob sie auch funktioniert. Außerdem gibt es ein ähnliches Problem wie beim Snoozing: Um in einer bestimmten Schlafphase geweckt zu werden, muss ein längeres Zeitfenster für den Alarm angegeben werden. Man wird also nicht zum spätmöglichsten Zeitpunkt geweckt, sondern wahrscheinlich eher – wodurch wieder Schlaf verloren geht.
Wem das Aufstehen morgens extrem schwerfällt, dem empfiehlt Weeß, sich selbst auszutricksen: „Stellen Sie den Wecker drei bis vier Meter vom Bett entfernt auf, sodass Sie aufstehen müssen, um ihn auszuschalten. Dann empfiehlt sich entweder Bewegung wie etwas Frühsport oder eine wechselwarme Dusche, um den Kreislauf zu aktivieren.“
Verschiedene Schlaftypen
Am besten gelinge das Aufstehen aber natürlich dann, wenn man genug geschlafen hat. Ein einfacher Weg, um morgens schneller fit zu sein, wäre also, eher ins Bett zu gehen. „Das könnten wir tun, aber stattdessen tun wir lieber andere Dinge, schauen Fernsehen oder treffen uns noch spät mit Freunden. Wir müssten lernen, den Schlaf besser zu schätzen“, sagt Weeß. Um sich an frühere Schlafenszeiten zu gewöhnen, empfiehlt Weeß in den Abendstunden eine schwache Beleuchtung in der Wohnung und das Meiden des Blaulichts von elektronischen Geräten und LED-Lampen in den Stunden vor dem Zubettgehen.
Allerdings gibt es verschiedene Schlaftypen, die auch genetisch festgelegt seien: Man spricht hierbei auch von Eulen, die spät müde werden und morgens lieber länger schlafen, und Lerchen, die schon früh am Morgen munter sind. „Die meisten Deutschen gehören zu einem Schlaftyp, der ihnen das übliche frühe Aufstehen erschwert. Spättypen wie die Eulen werden schon wegen ihrer inneren Uhr morgens vor 9 Uhr nur sehr schwer wirklich wach“, so Weeß.
Daher sieht er auch die Arbeitgeber in der Verantwortung: „Überall dort, wo es möglich ist, sollte Arbeitnehmern Gleitzeit angeboten werden“, sagt Weeß. Weil ausreichend Schlaf so wichtig für das Wohlbefinden und die Gesundheit ist, würde sich das letztendlich auch für die Unternehmen auszahlen: „Ihre Angestellten wären ausgeruhter, leistungsfähiger und seltener krank“, sagt Weeß.