Verschlucken, Verbrennung, Vergiftung: So verhalten Sie sich bei Unfällen Ihrer Kinder richtig
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Viele Gefahren für Kinder lauern im Haushalt. Heiße Pfannen und Töpfe können zu schweren Verbrennungen führen (Symboldbild).
© Quelle: ronstik - stock.adobe.com
Hannover. Kleinere Unfälle gehören zum Alltag mit Kindern dazu – und glücklicherweise ist in den meisten Fällen der erste Schmerz schnell wieder vergessen. Doch es gibt auch Unfälle mit Kindern, die besonnenes und schnelles Handeln erfordern. Wir haben Ihnen eine Übersicht zum richtigen Verhalten bei drei Notfällen mit Kindern zusammengestellt.
„In 95 Prozent der Fälle ist ein Unfall nicht so schlimm, wie er erscheint“, beruhigt Till Dresbach, Oberarzt der Neonatologie und der pädiatrischen Intensivmedizin am Universitätsklinikum Bonn. Das Wichtigste sei, sich zunächst einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Auch wenn die Sorge um das Kind groß ist, sollten Erwachsene versuchen, dabei ruhig zu bleiben.
„Ist ein Elternteil sehr aufgewühlt und weiß sich in einer Situation nicht zu helfen, sollten Helfer hinzugezogen und der Rettungsdienst gerufen werden“, so Dresbach. „Es gibt Menschen, die sich in solch einer Extremsituation selbst hinters Steuer setzen – dadurch können sie zur Gefahr für sich und andere Menschen werden“, berichtet der ärztliche Leiter des Projekts „Kindernotfall Bonn“.
Dresbach klärt mit seinem Team auf der Website www.kindernotfall-bonn.de, in Webinaren und in Erste-Hilfe-Kursen über das richtige Verhalten im Notfall auf. Für ihn ist die Unfallprävention bei seiner Arbeit das Wichtigste – er will ein Bewusstsein für potenziell gefährliche Situationen schaffen. „Die meisten Notfälle mit Kindern wären vermeidbar“, ist sich der Oberarzt sicher. Wenn dann aber doch etwas passiert, sei es das Schlimmste, wenn Eltern hilflos sind.
„Die ersten fünf bis zehn Minuten nach einem Unfall muss Erste Hilfe geleistet werden können. So lange braucht ein Rettungswagen durchschnittlich, um den Unfallort zu erreichen“, erklärt Dresbach. „Das Ziel unserer Erste-Hilfe-Kurse ist es daher, Eltern das nötige Wissen für diese Akutsituation mitzugeben, bis professionelle Hilfe da ist.“ Dies könne in vielen Fällen das Schlimmste verhindern und Leben retten.
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Merkblatt für den Notfall
Um im Notfall sicher zu handeln, können schon Kleinigkeiten helfen – wie beispielsweise die wichtigsten Telefonnummern zu kennen. Damit in unübersichtlichen, stressigen Situationen alle Informationen schnell zur Hand sind, hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ein praktisches Merkblatt zusammengestellt, auf dem Daten und Rufnummern notiert werden können.
Die drei wichtigsten Nummern finden Sie zudem hier im Überblick:
- Polizei 110
- Notarzt 112
- Giftnotruf Berlin 030 192 40 (eine Übersicht aller Giftnotrufzentralen finden Sie hier.)
Gleichzeitig ist es wichtig, einige Fakten zum richtigen Verhalten bei verschiedenen Arten von Notfällen zu kennen. Wir haben Ihnen im Folgenden Wissenswertes zu drei häufigen Kindernotfällen zusammengestellt. Diese Tipps ersetzen jedoch nicht die Teilnahme an einem Kurs für Erste Hilfe am Kind. Diese werden in der Regel von Hilfsorganisationen, Hebammen, Physiotherapeuten oder Einrichtungen der Familienbildung in ganz Deutschland angeboten.
Verschlucken und Ersticken
Kleinkinder und Säuglinge nehmen viele Dinge in den Mund. Sie laufen dadurch Gefahr, an verschluckten Kleinteilen zu ersticken. Wenn das Kind den Gegenstand nicht selbstständig abhusten kann, sollte das Kind mit dem Kopf schräg nach unten gehalten und mit fünf kräftigen Klopfern zwischen die Schulterblätter unterstützt werden. Bringt dies keinen Erfolg, können bei Säuglingen Kompressionen des Burstkorbs und bei Kindern über einem Jahr der Heimlich-Handgriff helfen. Ein Poster des Kindernotfall-Teams um Till Dresbach mit Illustrationen der richtigen Handgriffe finden Sie hier.
Der Oberarzt betont zudem: „Wenn ein Kind nicht mehr atmet oder bewusstlos ist, sollte immer der Rettungsdienst gerufen und mit den Wiederbelebungsversuchen begonnen werden. Dabei liegt die Priorität auf der Beatmung.“
Ein Video mit einer umfangreichen Anleitung zur Wiederbelebung für Kinder finden Sie hier:
Sonderfall Knopfbatterien
Ein besonderer Fall des Verschluckens besteht bei Knopfbatterien. „Damit muss ein Kind sofort ins Krankenhaus. Batterien müssen endoskopisch entfernt werden“, sagt Dresbach. Dies sei ein Fall für den Notruf 112.
„Batterien können schon innerhalb von 30 Minuten schwerste Verletzungen in der Speiseröhre verursachen. Die betroffenen Kinder haben oftmals einen langen Genesungsweg vor sich, wenn nicht rechtzeitig geholfen wird“, so der Oberarzt.
Verbrennungen und Verbrühungen
Schon heißer Kaffee kann auf der Kinderhaut zu schweren Verbrühungen führen. Daher sollten Kinder nie mit kochendem Wasser oder Heißgetränken unbeobachtet bleiben. Auch offene Feuerstellen oder ein Grill können eine Gefahr für Kinder darstellen. Kleinflächige Verbrennungen sollten sofort etwa 20 Minuten lang mit Leitungswasser (kein Eis oder Kühlpad) gekühlt werden.
Vorsicht jedoch bei großflächigen Verletzungen – in diesem Fall sollte sofort der Rettungsdienst gerufen werden. Wichtig: Brandblasen nicht öffnen und mit der Haut verklebte Textilien nicht ablösen. Das Team von „Kindernotfälle Bonn“ rät außerdem davon ab, Brandsalben auf die verbrannten Stellen aufzutragen. Eine Übersicht zum richtigen Verhalten bei Verbrühungen und Verbrennungen des Bundeszentrums für gesundheitliche Aufklärung finden Sie hier.
Vergiftungen
Laut „Kindernotfälle Bonn“ passieren die meisten Vergiftungen im Kindesalter im Haushalt. Gefahrenquellen wie Reinigungsmittel, Medikamente und Pflanzen gibt es dort viele. Zeigt ein Kind Vergiftungserscheinungen oder hat etwas potenziell Giftiges verschluckt, sollte sofort der Giftnotruf kontaktiert werden.
Eine Übersicht aller Giftnotrufzentralen finden Sie hier. Die Informationsstellen sind rund um die Uhr erreichbar, der Anruf ist kostenlos.
Außerdem wichtig: Bei lebensbedrohlichen Symptomen wie Atemnot, Bewusstlosigkeit oder Krampfanfällen sofort die Notrufnummer 112 wählen. Till Dresbach rät außerdem von Hausmitteln ab: „Das Kind sollte keine Milch trinken, weil dadurch die Giftaufnahme im Darm beschleunigt werden kann. Auf gar keinem Fall sollte Salzwasser zum Erbrechen verabreicht werden. Das kann lebensgefährlich werden.“
Eine Übersicht zum richtigen Verhalten bei Vergiftungen sowie der direkte Weg zur Giftnotrufzentrale ist zudem in der kostenfreien App „Vergiftungsunfälle bei Kindern“ des Bundesamtes für Risikobewertung zu finden.
Den Download für Android (Google) und für iOS (Apple) finden Sie hier.
Weitere umfangreiche Informationen zu Kindernotfällen und Erste Hilfe am Kind finden Sie auf www.kindernotfall-bonn.de oder beim Bundeszentrum für gesundheitliche Aufklärung.