Erste urkundliche Erwähnung 1515
Lützel auf einen Schlag gealtert

- Reinhard Gämlich und Dietmar Stahlschmidt freuen sich, Lützel in dieser Schenkungsurkunde von 1515 gefunden zu haben.
- Foto: Jan Schäfer
- hochgeladen von Christian Schwermer (Redakteur)
js Lützel. Der Zufall ist ein guter Freund für den Historiker. Das zeigte sich jetzt auch, als sich der heimatgeschichtlich bewanderte Dietmar Stahlschmidt bei Recherchearbeiten auf ein Dokument stieß, dessen Original im NRW-Landesarchiv in Münster gehütet wird. Es handelt sich um eine Schenkungsurkunde vom 21. Juni 1515, in der es um die Übertragung des Eigentums an der „Haigerwiese“ ging: „...de Heyger Wieße genannt, uff ghmssyt der lotzeln vor der Kulen uff dem Wasser der Edern under dem Gericht zu Hilchenbach“ steht da geschrieben. Bei diesem „lotzeln“, da sind sich Stahlschmidt und der pensionierte Stadtarchivar Reinhard Gämlich sicher, handelt es sich um Lützel.
js Lützel. Der Zufall ist ein guter Freund für den Historiker. Das zeigte sich jetzt auch, als sich der heimatgeschichtlich bewanderte Dietmar Stahlschmidt bei Recherchearbeiten auf ein Dokument stieß, dessen Original im NRW-Landesarchiv in Münster gehütet wird. Es handelt sich um eine Schenkungsurkunde vom 21. Juni 1515, in der es um die Übertragung des Eigentums an der „Haigerwiese“ ging: „...de Heyger Wieße genannt, uff ghmssyt der lotzeln vor der Kulen uff dem Wasser der Edern under dem Gericht zu Hilchenbach“ steht da geschrieben. Bei diesem „lotzeln“, da sind sich Stahlschmidt und der pensionierte Stadtarchivar Reinhard Gämlich sicher, handelt es sich um Lützel.
Nicht mehr als ein kleines Wörtchen ist es, das den Hobbyhistorikern in die Hände geraten ist – und doch sorgt es dafür, dass die Geschichtsbücher angepasst werden müssen. Bislang nämlich wurde die urkundliche Ersterwähnung des Hilchenbacher „Höhendorfes“ auf 1547/48 datiert. Diese hatte Werner Wied (1917-2011) aufgespürt und 1988 dem Hilchenbacher Geschichtsverein gemeldet. Bis dahin waren die Historiker davon ausgegangen, dass Lützel erst 1570 erstmals erwähnt wurde. Der Ortsname „Lutzelnn“, so hatte Wied herausgefunden, tauchte also schon in der Renteirechnung aus der Mitte des 16. Jahrhunderts auf – in einem Atemzug mit „Ginsperg“ übrigens, dem unverkennbaren Ginsberg nebenan, der aber selbst schon in der Herbstschätzung von 1461 erstmals als „Gyntzberg“ dokumentiert wurde.
1515 gilt es nun zu "toppen"
Doch zurück zu Lützel. Dass es in diesem Bereich schon vor mehr als fünf Jahrhunderten eine Siedlung gab, wird nicht bezweifelt. Im Gegenteil: In den Geschichtsbänden von Heinrich von Achenbach „Aus des Siegerlands Vergangenheit“ tauchen Hinweise auf Lützel bereits in einer Rechnung von 1493/94 auf. Problem: Achenbachs Bücher wurden 1895 veröffentlicht, die darin genannten Quellen aber lassen sich bislang nicht verifizieren. Nach weiteren Details fragen kann man ihn nun nicht mehr. Gleiches gilt für weitere Erwähnungen in der Literatur: 1509 ist die Rede von der Fastnacht in „lutztel“, schreibt von Achenbach. Bedauerlicherweise lässt sich auch hier die Quelle nicht ermitteln. Gleiches gilt für einen Hinweis auf das Jahr 1518. Spekulationen gibt es also einige, Beweise aber sind weitaus handfester. Dietmar Stahlschmidt ist glücklich, einen solchen gefunden zu haben. Die Jahreszahl 1515 ist es also, die es von nun an zu „toppen“ gilt.
"Urkunde muss schon bekannt gewesen sein"
Und worum ging es nun in dieser neuentdeckten Ersterwähnung? Die „Haigerwiese“, die in zahlreichen Quellen erwähnt wird, lag im Klingelseifen – nicht dem bei Grund, sondern dem gleichnamigen Flurstück in einem kleinen Nebental der Wehbach, zwischen dem Lützeler Skihang und Altenteich. Vorbesitzer Johann Gilbrecht von Oberscheld schenkte dieses Stück Land dem Kloster Stift Keppel. In den Alten Keppeler Geschichtbüchern – auch Brüsseler Chroniken genannt – wird auf die geschenkte Wiese „auf der Lötzel“ hingewiesen, eine Jahreszahl aber ist dort nicht zu finden. „Die Urkunde muss also schon bekannt gewesen sein“, vermutet Stahlschmidt. Genannt worden sei sie aber seltsamerweise nie.
Oechelhausen als prominentes Beispiel
Reinhard Gämlich freut sich über den Zufallsfund seines Freundes und darüber, dass die Heimatgeschichte nun wieder etwas besser ausgeleuchtet wird. Mit Puzzleteilen dieser Art hat der Stadtarchivar i. R. schon mehrfach die „Altersstruktur“ der Hilchenbacher Dörfer verändert. Hier und da wurden Orte durch neu entdeckte Quellen älter als gedacht – mit etwas Pech aber auch verjüngt. Prominentes Beispiel ist Oechelhausen: Das Dorf „e de Strüche“ hatte sich eigentlich schon auf ein anstehendes Jubiläum gefreut, als Reinhard Gämlich Wasser in den Wein gießen musste – die angeblicher Ersterwähnung des Dorfes, so hatte Gämlich herausgefunden, bezog sich auf eine ganz andere Siedlung. Oechelhausen wurde damit auf einen Schlag 79 Jahre jünger und musste die Jubiläumsfeier entsprechend anpassen.
Auch wenn die Lützeler überrascht sein dürften über die neue Entdeckung aus alter Zeit – eine Festlaune gibt es dort nicht zu vermiesen, ein Jubiläum steht dort derzeit schlichtweg nicht an. Den Anlass dazu haben die Dorfbewohner nun recht knapp verpasst: Das 500-Jährige hätte sich schön feiern lassen.
Autor:Jan Schäfer (Redakteur) aus Siegen |
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