Auf Irisch gefeiert

- Tommy O’Sullivan
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aww Kreuztal. Irland, 2005. Tagesausflug auf die Dingle-Halbinsel. Auf der Suche nach musikalischem Futter durchstöbern zwei Urlauber einen kleinen Plattenladen. Dabei fällt ihnen die CD „Legacy“ von Tommy O’Sullivan in die Hände, einer lokalen Größe, wie sie vom Verkäufer erfahren. Seither ist der Gitarrist und Sänger fester Bestandteil der Reiseerinnerungen der beiden Siegener: Sein traumhaftes Instrumentalstück „Jutland“ hat es auf den privaten Soundtrack ihrer Urlaubs-Fotoshow geschafft, die sie immer wieder einmal in den DVD-Player schieben, wenn sie sich zurückträumen wollen auf die Grüne Insel.
Am vergangenen Freitag gab es für sie ein Wiederhören mit Tommy O’Sullivan. Diesmal live und in Farbe: Der Mann mit der Gitarre und der leicht nasalen Stimme eröffnete das diesjährige „Irish Folk Festival“ – Tournee-Motto „Between Now And Then“ – in der mit weit über 500 Besuchern ausverkauften Kreuztaler Stadthalle. Dabei ließ er geschliffenes, facettenreiches, dynamisch schön schattiertes Gitarrenspiel hören, hie und da sogar mit einem leichten Bluesakzent. Das war melancholisch-verträumte Kost im folkigen Singer-/Songwriter-Stil, dargeboten von einem ganz unprätentiös auftretenden, ja sogar ein wenig schüchtern wirkenden Künstler.
Im gleichen Fahrwasser bewegten sich Niamh Parsons (Gesang) und Graham Dunne (Gitarre). Wie sein Vorgänger bewies auch das Dubliner Duo, etwa mit traurigen Balladen über Kriegszeiten (die Iren seien gut im Singen, Musizieren, Trinken und auch im Kämpfen, ließ die Sängerin das Publikum wissen), dass eine minimale musikalische Besetzung maximale Wirkung erzielen kann. Eine subtil-dezente, gekonnte Gitarrenbegleitung und eine sehr angenehme, kaum merklich angeraute Stimme irgendwo zwischen Sopran und Alt reichten völlig, um die Seele zu streicheln.
Die Jennifer-Roland-Band (aus Kanada!) brachte das Publikum dann etwas mehr in Feierlaune. Kein Wunder bei der quietschfidelen Namensgeberin, die sich bei flotten Jigs als Energiebündel entpuppte und nicht nur fingerflink die Fiddle bediente, sondern auch für spritzige Stepptanz-Einlagen Applaus kassierte. Da kam Stimmung auf. Aber nicht nur rasante Dance-Tunes haben Jennifer Roland, Jason Kempt (Piano), Keith Mullins (Drums), Kevin Corbett (Bass) und Buddy MacDonald (Gitarre, Gesang) drauf. Berührend war etwa die sehnsüchtige Geigenmelodie, die Jennifer Roland für ihren verstorbenen Vater spielte.
Mit einer flammenden Rede gegen die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) ging es nach der Pause erst einmal weiter. Petr Pandula (künstlerische Leitung und Tourneeplanung) warf der Verwertungsgesellschaft vor, Künstler auszubeuten und in die eigene Tasche zu wirtschaften. In der Halle machte das Banner „Musiker und Veranstalter – Sklaven der GEMA“ auf Pandulas Anliegen aufmerksam, der etwa bemängelte, dass bei den irischen Künstlern keine Zahlungen ankämen und dass die GEMA drastische Tarifsteigerungen plane, die dazu führen würden, dass Musiker nichts mehr verdienen könnten bzw. Eintrittspreise deutlich erhöht werden müssten. Hoffnung des sich kämpferisch gebenden Pandula: dass die GEMA in zehn Jahren vielleicht ebenso fallen möge wie die Berliner Mauer.Dann hieß es Bühne frei für die David-Munnelly-Band, die es sich trotz der ernsten Worte zuvor nicht nehmen ließ, kräftig mit den Musikfans zu feiern. Mit abwechslungsreichem Instrumentarium, virtuosem Können und rhythmischen wie harmonischen Finessen brachten der kräftig mit dem Bein stampfende Bandleader David Munnelly (Akkordeon und handfestes Auftreten) und seine Mitstreiter Kieran Munnelly (Flöte, Gesang, Bodhrán – klasse Solo!), Philippe Barnes (Gitarre, Flöte), Ryan Molloy (Piano) und Paul Kelly (Fiddle, Mandoline) die Halle zum Kochen. Die mit einem voluminösen Alt gesegnete Sängerin Shauna Mullin setzte (nicht nur) mit sanfteren Tönen Akzente.Nicht fehlen durfte die abschließende Session aller Musiker, die den ganzen Abend erst so richtig rund und bunt machte. Und ebenso wenig fehlen durfte – zumindest für zwei Siegener – der Kauf der aktuellen Tommy-O’Sullivan-CD.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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