Mädchen im »Blaumann« sind noch immer eine Seltenheit
Rund 100 Gesamtschülerinnen nutzten gestern »Girls’ Day«
nja Kreuztal. In gewisser Weise war Kreuztal der Zeit voraus: Inhalt und Ziel des gestrigen bundesweiten »Girls’ Day« sind nahezu deckungsgleich mit dem so genannten »Kontaktikum«, das in diesem Sommer bereits zum siebten Male gemeinsam von der Gleichstellungsbeauftragten Ursula van den Bruck-Sprengelmeier und der Clara-Schumann-Gesamtschule organisiert wird. Standen gestern die Mädchen im Blickpunkt, so bietet das »Kontaktikum« Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit, in geschlechterunspezifische Berufsfelder zu schnuppern.
Beim »Girls’ Day« kooperierten Gesamtschule und Stadt Kreuztal einmal mehr. Das Angebot, auf diese Weise das Spektrum für die Berufswahl zu erweitern, so betonte Pädagoge Achim Luschnath, war freiwillig für die Schülerinnen der Klassen 8 und 9. Rund 100 Mädchen nahmen es wahr, sahen sich u.a. in Autowerkstätten, bei Thyssen-Krupp, Sieper und Siebau, aber auch bei der Uni und der Industrie- und Handelskammer um (siehe auch Bericht auf Seite 9).
Ein Beispiel: Im Ferndorfer Autohaus Bernshausen zog Ghariba Elhasnaovi den »Blaumann« an, hatte bis mittags bereits ein Auto mit Öl versorgt, sich um den angemessenen Reifendruck gekümmert und ihrem Ausbilder beim Einbau einer Anhänger-Kupplung geholfen. Die Arbeit in einer Autowerkstatt, so berichtete Geschäftsführer Uwe Bernshausen, erfordere immer weniger körperliche Kraft, werde also für Mädchen immer zugänglicher. Doch müssten für weibliche Mitarbeiterinnen eigene Sanitäranlagen eingerichtet werden. Viele Betriebe seien nicht entsprechend ausgestattet. Nur wenige junge Frauen würden sich bewerben, so Bernshausen; bei gleicher Qualifikation werde wegen der Sozialraum-Problematik der männliche Bewerber genommen. »Sprechen Sie doch noch mal mit dem Amt für Arbeitsschutz, ob es nicht auch so geht«, hakte Ursula van den Bruck-Sprengelmeier nach.
Hauptproblem sei derzeit sicherlich die hohe Jugendarbeitslosigkeit, befand Kreuztals Bürgermeister Rudolf Biermann. Daher komme es wohl auch zu Reibereien, wobei Jungen meinten, die Mädchen nähmen ihnen nun die Jobs weg. Praktika böten eine sehr gute Chance für die Zukunft, wusste die Gleichstellungsbeauftragte. »Und wenn Mädchen heute Lust auf ein richtiges Praktikum in einer der Firmen bekommen und die Betriebe einen guten Eindruck von ihnen haben – vielleicht sagen sie dann ja auch mit Blick auf eine Ausbildung: Wir probieren es doch einmal!«
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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