Gericht gibt Kreuztaler Reitverein recht
Südumgehung darf vorerst nicht gebaut werden

- Der Reit- und Fahrverein bekommt vor dem Oberverwaltungsgericht Münster in Teilen recht. Im Bild von
links: Gutachter Wulf Hahn, Rechtsanwalt Dr. Frank Niederstadt und Vereinssprecher Dr. Gert Bültermann. - Foto: Anja Bieler-Barth
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nja Kreuztal/Münster. Die Bagger können erst einmal im Depot bleiben, die jetzt schon lange Geschichte rund um die Planung der Kreuztaler Südumgehung von Buschhütten nach Ferndorf wird um ein weiteres Kapitel epischer: Vorerst wird die 2,5 Kilometer lange Trasse nicht gebaut. Das Oberverwaltungsgericht Münster hält den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Arnsberg für „rechtswidrig und nicht vollziehbar“. Bei den Ausgleichsflächen muss nun nachgebessert werden. Das ist ein wichtiges Ergebnis der knapp fünfstündigen mündlichen Verhandlung am Freitag: Der klagende Reit- und Fahrverein Kindelsberg freut sich über diesen Teilerfolg. Sein weitergehender Antrag, den Arnsberger Beschluss komplett aufzuheben, wurde vom Gericht unter Vorsitz von Richter Dr. Benno Willms allerdings abgewiesen.
Verein sieht Existenz gefährdet
Wie ausführlich berichtet, wehrt sich der rund 440 Mitglieder zählende Verein gleich aus mehreren Gründen gegen die Pläne: Er sieht seine Existenz gefährdet. Die 46 Millionen Euro teure Trasse rückt bis auf 20 Meter an das Hubensgut heran. Lärm während der Bauphase und anschließend durch den Verkehr bereiten Sorgen: Das Vereinsreiten werde leiden, Kunden, die ihre Pferde eingemietet haben, könnten daher abspringen. Sauer sind die Reiter auch über besagte Ausgleichsmaßnahmen – für den Trassenbau und für den Neuntöter, dessen Anwesenheit der Verein sowieso als nicht erwiesen ansieht. Der Verlust an Attraktivität ziehe sich wie ein roter Faden durch das Vorhaben, beschwerte sich Vereinsssprecher Dr. Gert Bültermann gestern vor Gericht. Von „massiven Eingriffen in das Vereinseigentum“ war mehrfach die Rede.
Gericht kritisiert Abwägung des Landes
Der Bau der Südumgehung sollte die „Kindelsberger“ dauerhaft rund 7,4 und vorübergehend 0,24 Hektar „kosten“: 6,3 Hektar davon entfielen auf naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen. Und hier setzte der 11. Senat des OVG gestern an – bzw. griff ein: Die Abwägung des Landes NRW zur Festsetzung dieser Maßnahmen auf den Grundstücken des Vereins sei fehlerhaft. Das Land habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Verein Eigentümer sei – und sich stattdessen „in unzulässiger Weise bei der Flächenauswahl nur von naturschutzfachlichen Erwägungen leiten lassen“. Es sei nicht ausreichend geprüft worden, ob Ausgleichsflächen auch in einiger Entfernung zur geplanten Trasse hätten realisiert werden können, damit Grundstücke des Vereins verschont blieben.
Weitere Klagepunkte wurden abgewiesen
Der Verein hatte noch viele weitere Einwände erhoben, monierte mehrere Verfahrensfehler. Die Planung gehe zu Lasten der Reitwege, und die Feststellung, der Verein werde durch den Straßenbau nicht in seiner Existenz gefährdet, da er eh nicht dauerhaft existenzfähig sei, nannten Bültermann und Anwalt Dr. Frank Niederstadt eine Frechheit angesichts 1,7 Millionen Euro Grund- und Anlagevermögen.
Indes: Alle übrigen Einwände ließ das Gericht nicht gelten. Laut Bundesverwaltungsgericht komme es auf die Frage der Existenzgefährdung im Verfahren grundsätzlich nicht an. Es dürfe also auch dann geplant werden, wenn eine ernsthafte Existenzgefahr erst durch den Bau gegeben sei. Der Beschluss verstoße auch nicht gegen die maßgeblichen Vorschriften des Artenschutzes oder technische Vorgaben. Unter anderem ging es um die Sechs-Prozent-Steigung. Etwaige Verfahrensfehler, so das Gericht, hätten sich auf das Ergebnis der Planung nicht ausgewirkt. Das OVG hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde erhoben werden, über die dann das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Der Verein freut sich über das Urteil und wird nun die gewonnene Zeit nutzen, um die Frage der „Existenzfähigkeit“ juristisch zu klären, sagt Dr. Bültermann.
Erste enttäuschte Reaktionen auf das Urteil gibt es aber auch schon: So bezeichnet die IHK Siegen das Urteil als „herben Rückschlag“ für die Stadt Kreuztal und die Route 57 und meint: „Absurdistan lässt grüßen!“
Autor:Anja Bieler-Barth (Redakteurin) aus Siegen |
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