Musik und Tanz aus Argentinien gefeiert
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Professionell und bezaubernd vermittelte das Buenos Aires Tango Ensemble einem begeisterten Sommerfestivalpublikum die rhythmische, ästhetische Welt des Tangos im Hof des Oberen Schlosses zu Siegen.
© Quelle: ims
ne Siegen. Schon auf dem Weg zum Oberen Schloss, zum mit Kopfstein gepflasterten Hof mit dem alten Ahorn, vor dem die Sommerfestivalbühne steht und der zur schönsten Open-Air-Atmosphäre der Stadt beiträgt, hörte der Rezensent enttäuschte Erwartungshaltungen: „Hast du gesehen: Stühle! Da soll man bloß sitzen und zuhören und kann nicht tanzen!“ Wer also eine Milonga erwartet hatte, auf der eine Band einfach bekannte Tango-Standards spielt, wurde sicher enttäuscht – zumal auf Kopfsteinpflaster.Die knapp zweihundert Interessierten, die auf den Stühlen saßen, mit Rotwein, -einer Decke und dem oder der Liebsten zur Seite, erlebten einen hörens- und sehenswerten Tanzshow-Abend mit Spitzenmusikern und -tänzern. Die vier Musiker des Buenos Aires Tango Ensembles (Violine, Bandoneon, Piano und Kontrabass) spielten virtuos eine exquisite Mischung von Tangos, z. B. von Pintín Castellanos, Celedonio Flores, Aníbal Troilo und anderen. Die Interpretationen waren so feinfühlig wie transparent, das Zusammenspiel der vier Virtuosen präzise und die mitunter melancholische Farbe der gespielten Stücke wie bloß zart hingetuscht. Gespannte Ohren, Bravos im Applaus.
Der Tango - der Tanz der Blicke
Zu hören waren gut zwanzig Tangos, Milongas Lentas und Valses Cruzados mit energetischen Spannungsbögen, die allein schon Geschichten erzählen von Liebe und Sehnsucht einer armen Hafenstadtbevölkerung, von arbeitslosen Einwanderern, Frauenmangel, Prostitution und dem Überlebenskampf in einer neuen Welt. Der Tango als nicht bloß musikalisches Phänomen, sondern als gesamtgesellschaftlich prägendes Element. So ist er im 19. Jahrhundert in Buenos Aires aus vielen Wurzeln entstanden – und Kunst geworden, die mit Leidenschaft und Präzision gefeiert wird, getanzt wird von Menschen, die ihn von Kleinkindertagen an kennen, tanzen, erleben.Liliana Espinosa, German Cassano, Debra Ferrari und Emiliano Giménez sind in Buenos Aires aufgewachsen und haben dieses nicht erlernbare, gewachsene Rhythmusgefühl, ihre Interpretationen der Tangos waren einfach umwerfend, sowohl von der Körpersprache als auch von der Technik her. Toll: die so exakt gesetzten Schritte und Schrittfolgen, die komplexen Choreografien aus Nähe, Annäherung oder Distanz, aus langsam sich verschiebendem Widerstand – der Tanz der Blicke.
Kleine Geschichten, schöne Kostüme - Applaus!
Das Buenos Aires Tango Ensemble inszenierte die Tanzeinlagen als kleine Geschichten, Begegnungen mit einer Kellnerin im Café, ein Abschätzen von Rivalen, eine leidenschaftliche Verliebtheit in erotischen Kostümen, hüfthoch geschlitzten Kleidern, schönen Schuhen. Steter Kostümwechsel der auftretenden Paare. Zum Ende des Programms und in der Zugabe gab es dann mit „La Cumparsita“ und „Libertango“ (Astor Piazzolla) die Stücke, die Tangofans erwarten, so dass die Zuschauer nach begeistertem Schlussapplaus vielleicht doch noch im Tangoschritt, sicher aber erfüllt in die Sommernacht strömten.
SZ