Dreharbeiten sollen im Herbst starten

Warum Quentin Tarantino seinen letzten Film über eine Filmkritikerin drehen will

Ein letzter Film noch – das war's dann? Starregisseur und Oscarpreisträger Quentin Tarantino (hier bei der 73. Verleihung der British Academy Film Awards 2020 in der Royal Albert Hall) verkündete am Mittwoch (29. März) in Paris, dass er das Drehbuch zu „The Movie Critic“ vollendet habe.

Ein letzter Film noch – das war's dann? Starregisseur und Oscarpreisträger Quentin Tarantino (hier bei der 73. Verleihung der British Academy Film Awards 2020 in der Royal Albert Hall) verkündete am Mittwoch (29. März) in Paris, dass er das Drehbuch zu „The Movie Critic“ vollendet habe.

Ein Film über Filmkritiker? Das hätte man sich für den möglicherweise letzten Wumms von Quentin Tarantino nicht vorgestellt. Genau so soll‘s nun aber kommen. Womit er eigentlich nur seinem Ruf treu bleibt. Überrasch sie alle! Diesmal also mit einem ruhigen, gewaltfreien Film? Das wäre so gar nicht typisch für Tarantino, dazu muss man sich wahlweise nur mal zwei seiner Werke in Erinnerung rufen.

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Filmkritiker über „Inglourious Basterds“: „Zur Hölle mit den Geschichtsbüchern“

1. Die Welt, aus der Quentin Tarantino beispielsweise für „Inglourious Basterds“ (2012) schöpfte, ist das Universum der Kindheit, wo die Bösen ihre gerechte Strafe finden, der Wolf immer in den Brunnen fällt. Brad Pitt führte die Basterds an, ein dreckiges Halbdutzend von Soldaten, das Faschisten skalpierte, sich nach Paris vormetzelte und das Dritte Reich an den Rand des Nervenzusammenbruchs brachte. Hitler stirbt hier in einem Kino (das kriegt nur das Kino hin), und Christoph Waltz spielt den Nazi Hans Landa, den die schöne Shosanna (Mélanie Laurent) ins Vierte Reich befördern will.

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„Zur Hölle mit den Geschichtsbüchern, dies ist Tarantino‘s eigener Krieg“ schrieb dazu Roger Ebert, der damals führende Filmkritiker der USA in der „Chicago Sun Times“, nannte das Werk einen „großen, kühnen, verwegenen Kriegsfilm“ und Tarantino einen „Regisseur der quixotischen Freuden“.

Filmkritiker über „Kill Bill – Vol. 1″: „Wie ein Geigenvirtuose beim ‚Hummelflug‘“

2. Dann noch „Kill Bill – Vol. 1″ (2003) – da war die Musik total trashig, die Geschichte simpel, waren Gut und Böse ohne Schattierung. Schwert regiert, Schwerkraft ist passé, und das Blut sprüht aus Stümpfen wie aus Sprenklern. Beatrix Kiddo (Uma Thurman) kämpft und kämpft und kämpft, ihre Rache ist alles, was Tarantino offenbar interessiert, und alle Farben scheinen zu glühen in Erwartung der nächsten Bilder. Der Regisseur erfreut sich seiner verdrehten Chronologie und jeder Menge formaler Finessen.

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„Brillant“ schrieb Pulitzer-Preisträger Ebert zu diesem Film und befand: „,Kill Bill, Vol. 1′ zeigt Quentin Tarantino so mühelos in der Beherrschung seiner Technik, dass er mich an einen Geigenvirtuosen erinnert, der durch den ‚Hummelflug‘ rast.“

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Auch bei negativen Kritiken war man neugierig auf den „neuen Tarantino“

Längst nicht alle Journalisten waren so enthusiastisch über den Mann aus Tennessee, der seit seinem Debüt „Reservoir Dogs“ (1992) Gewalt und Action in Bild und Dialog mit Witz verband. Aber selbst negative Reviews machten das Publikum ein ums andere Mal neugierig auf den „neuen Tarantino“. Schade, dass diese Neugier nun nur noch einmal befriedigt werden soll.

Es wurde spekuliert, dass es sich bei der Hauptfigur des geplanten „The Movie Critic“, der im Jahr 1977 spielt, um eine ähnlich große Gestalt der über Filme schreibenden Zunft handelt wie Ebert es war – um die legendäre Pauline Kael, die 1967 beim „New Yorker“ zur einflussreichsten Stimme der Kinokritik in den Vereinigten Staaten aufstieg. Die 1919 geborene Kael machte sich mit oft überlangen, elegant formulierten Texten für das New Hollywood von Martin Scorsese und Robert Altman stark, ließ aber auch Regisseure mit bissigen und ätzenden Zeilen fallen, wenn sie Zweifel an ihrem Talent hatte.

Tarantino bewundert Pauline Kael – hat aber auch Zoff mit Filmjournalisten

Laut Tarantino gehe es in dem Film zumindest nicht konkret um Kael. Womöglich ist die Heldin (das Branchenblatt „The Hollywood Reporter“ sprach von einer weiblichen Hauptfigur) aber zumindest „kaelesk“. Die Unterhaltungswebsite „ScreenRant“ erinnerte dieser Tage an die Bewunderung Tarantinos für die Grande Dame der amerikanischen Filmbesprechung. Der Regisseur hatte sie in seinem Buch „Cinema Speculation“ aufs Podest gehoben. Kaels Bücher hätten ihm geholfen, seine eigene Handschrift zu finden.

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Das heißt nun nicht, dass der Regisseur die Kritikerkaste generell zu schätzen weiß, vor allem nicht, wenn sie seine Handschrift bekrittelt. In einem berühmt gewordenen TV-Interview von 2003 fragte die Filmkritikerin Jan Wahl, weshalb so viel Gewalt in seinem Film „Kill Bill 1″ enthalten sei. „Weil – Das – So – Viel – Spaß – Macht!“, schrie ihr der sichtlich aufgebrachte Tarantino aus New York theatralisch entgegen und machte sein Gegenüber an der Westküste entrüstet auf die Unterschiede von innerfilmischer Welt und Wirklichkeit aufmerksam. Die düpierte Kritikerin würgte das Gespräch ab, blendete Tarantino einfach aus.

Auch später wurde immer wieder auf die Gewalt abgezielt. Und immer mehr war Tarantino es leid, sich und das Immerselbe zu erklären. Als der britische Journalist Krishnan Guru-Murthy bezüglich der Brutalität im Western „Django Unchained“ (2012) auf eine Antwort des unwillligen Tarantino insistierte, antwortete der: „No! I‘m shutting your butt down – Nein! Ich schalte deine Klappe ab.“ Wobei Butt strenggenommen eine Vokabel für das Hinterteil ist.

Eine Laudatio auf die hohe Kunst der Filmkritik? Wohl eher nicht

Blickt man also auf Tarantinos Temperament, steht wohl für „The Movie Critic“ eher nicht zu erwarten, dass er der Welt zum Abschluss seiner Laufbahn zeigen will, wie erlesen und analytisch Filmkritiker in der guten alten Zeit zu Werke gingen – als es noch keine Spoilerverbote gab, die heutzutage oft zu nichtssagenden filmumschreibenden Reviews führen. Könnte gut sein, dass er vielmehr von einem ähnlichen Rachegeist wie seine Beatrix Kiddo getrieben wird und seine Titelfigur durch Szenen von ihr verrissener Filme jagt. Bei einem Talk im Pariser Grand Rex Theater in Paris am Mittwoch gab sich Tarantino bezüglich des Inhalts von „The Movie Critic“ bedeckt.

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Er verriet nur, dass er „das Drehbuch, zu dem, was mein letzter Film sein wird, beendet“ habe. Und dass es mit der Umsetzung wohl noch 2023 losgehen wird. „Ich glaube wir werden im Herbst drehen – wahrscheinlich.“

Hängt Tarantino nach diesem Film seinen Job an den Nagel?

Gerade ist Tarantino 60 Jahre alt geworden, und das Branchen-Onlinemagazin „Deadline“ erinnerte zum Geburtstag an seine verschiedentlich geäußerte Überzeugung, ein Filmemacher solle seinen Job gefälligst mit 60 an den Nagel hängen. „Regisseure werden nicht besser, wenn sie älter werden“, hatte Tarantino 2012 gegenüber dem „Playboy“ gesagt. „Normalerweise sind die schlechtesten Filme in ihrer Filmografie die letzten vier.“

Auf die Kritiken zu „The Movie Critic“ ist man jetzt schon gespannt.

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