Vorläufiger Abschluss der „Sisi“-Verfilmungen

Von der Superkaiserin kommt niemand los – der Film „Sisi und ich“ startet

Unzertrennlich – und sei die Landschaft noch so karg: Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn (Susanne Wolff, r.) und ihre Gräfin (Sandra Hüller). Szene aus dem Film „Sisi und ich“.

Unzertrennlich – und sei die Landschaft noch so karg: Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn (Susanne Wolff, r.) und ihre Gräfin (Sandra Hüller). Szene aus dem Film „Sisi und ich“.

Was für ein erster Satz in diesem Film, und was für eine Frauenbeschreibung: „Es war in ihrer Gegenwart, als habe einer alles Licht der Welt auf einen gerichtet. Und wenn sie das Licht wieder von einem wegnahm, war es, als würde einem ein spitzes Stück Glas ins Herz gerammt.“

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Ein Anfangssatz, der wie ein Resümee klingt

Wenn dieser Satz aus dem Off erklingt, weiß das Kinopublikum in „Sisi und ich“ noch nicht, wer hier gemeint ist. Ausgesprochen wird diese Hymne von Gräfin Irma (Sandra Hüller), die sich bei Elisabeth von Österreich-Ungarn, besser bekannt als Sisi (Susanne Wolff), als Hofdame beworben hat. Zusammen mit ihrer garstigen Mutter ist sie unterwegs zum Vorstellungsgespräch bei ihrer künftigen Arbeitgeberin. Der fulminante Anfangssatz klingt wie ein vorgezogenes Resümee.

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Nach gut zwei Kinostunden in Frauke Finsterwalders Film wissen wir, warum Irma so fasziniert von der Kaiserin ist. Einer originellen Mischung aus verzogener Göre und moderner Frau sind wir begegnet, einer von Wolff mit bestechender Leichtigkeit im Gleichgewicht gehaltenen Figur.

Kino und Streaming erleben eine Sisi-Renaissance

Von dieser Kaiserin kommen wir offenbar nicht los: Schließlich erleben wir momentan geradezu eine Sisi-Renaissance. Zwei Serien (RTL, Netflix) sowie ein Kinofilm („Cor­sage“) haben sich jüngst mit der Kaiserin beschäftigt. Es scheint, als solle die Figur endlich von ihrem rotwangigen Mädchenschicksal befreit werden, das sie in den „Sissi“-Filmen mit Romy Schneider erleiden musste.

Regisseurin Marie Kreutzer hat schon in „Corsage“ mit Vicky Krieps in der Hauptrolle an diesem feministisch inspirierten Rehabilitierungsprojekt gearbeitet. Finsterwalder – sie schrieb auch das Drehbuch zusammen mit dem Schriftsteller Christian Kracht – liefert nun eine deutlich lebensfreudigere Version vor Postkartenkulisse und mit Popsongs. Aber auch bei ihr kämpft die Kaiserin mit Essstörungen und Depressionen.

Die Kaiserin aus der Sicht ihrer letzten Hofdame

Die Regisseurin wendet einen erprobten Trick an: Wir erleben die Kaiserin aus der Perspektive von Irma Gräfin Sztáray von Sztára und Nagy-Mihály, einer historischen Figur. Sisis letzte Hofdame weilte an deren Seite, als diese am 10. September 1898 am Genfer See von einem italienischen Anarchisten erstochen wurde. 1909 verfasste die Gräfin das Buch „Aus den letzten Jahren der Kaiserin Elisabeth“ und erhielt dafür als Dank von Kaiser Franz Joseph das Kleid, in dem Elisabeth ermordet worden war.

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Nun werden wir Zeuge ihrer offenbar kuriosen Erlebnisse: Wie ein Pferd (inklusive Gebisstest) wird die angehende Hofdame bei der Bewerbung begutachtet. Später, schon im lichtdurchfluteten Frühjahrsdomizil der Kaiserin auf Korfu, soll sie gegen die Stoppuhr anrennen und einen Hindernisparcours absolvieren. Schließlich müsse sie mit der energiegeladenen Kaiserin bei deren Wanderungen und Ausritten mithalten können, sagt ihre Vorgängerin. Und die wurde aussortiert.

In der Beziehung besteht ein klares Machtgefälle

Die Gräfin wird zu Sisis Vertrauter und wäre wohl gern noch mehr. Eifersüchteleien sind in unterschiedlichen Phasen von beiden Seiten wahrnehmbar. Doch da ist auch dieses klare Machtgefälle in der Beziehung. Den Launen der Kaiserin im goldenen Käfig ist Irma genau wie deren übrige Entourage ausgeliefert. Sie lernt in ihrer naiv-verklemmten Art schnell, die Marotten zu parieren.

Sisi ist hier wie auch schon in „Corsage“ ein Art alternder europäischer Popstar, der seine Rolle nicht mehr erfüllen kann, sich von öffentlichen Auftritten mehr und mehr zurückzieht und sogar doubeln lässt. Nur ihre engsten Groupies lässt sie um sich herum zu, um sie dann genüsslich gegeneinander auszuspielen. In der Korfu-Kommune sind Männer nicht zugelassen, außer sie sind offen homosexuell wie Erzherzog Viktor (Georg Friedrich) oder ein Bediensteter (Stefan Kurt).

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Mit Turnübungen, jungem Liebhaber im fernen Schottland, Kokainextrakten und Kotzorgien arbeitet Sisi gegen das unvermeidliche Älterwerden an. Die täglichen Gewichtstests auf der Waage werden mit bösen Kommentaren abgerundet: „Jede Scheibe Salami sieht man sogleich auf den Oberschenkeln.“

Erinnerungen an Lady Diana in ihrem goldenen royalen Käfig im Kinofilm „Spencer“ (2021) werden wach: Auch im England des 20. Jahrhunderts kämpfte eine junge Frau um ihre Befreiung aus einer männerdominierten Welt.

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Sisis Espakaden sind letztlich Ausdruck ihrer zunehmenden Verzweiflung – und ihres genau daraus erwachsenden Bedürfnisses, die Fesseln endgültig abzuwerfen. Das generiert lohnende Bonmots: „Hysterie ist ein männlicher Terminus für eine unbequeme Frau.“

So trübt sich der Ton dieser bissigen Komödie mit zunehmender Spieldauer ein. Sisis gewaltsamer Tod wird mit unbeschränkter historischer Freiheit (wie auch schon in „Corsage“) zelebriert. „Sisi und ich“ erzählt letztlich die Geschichte einer unerfüllten Liebe.

„Sisi und ich“, Regie: Frauke Finsterwalder, mit Sandra Hüller, Susanne Wolff, Stefan Kurt, Georg Friedrich, 132 Minuten, FSK 12 (Kinostart am 30. März)

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