Schon alle Geschenke besorgt?

Jede Menge Tipps: Neue Bücher, CDs, Spiele – und was man sonst noch verschenken kann

Kinder sollten zu Weihnachten nicht mit Geschenken überhäuft werden. Unter dem Tannenbaum sollte vor allem etwas liegen, worüber sie sich wirklich freuen.

Weihnachtsgeschenke: Da freut sich jeder über etwas anderes.

CDs zum Denken und zum Dancen

Hannover. Für Denker: Sie können nichts anfangen mit dem harmlosen, verklemmten Lenor-Pop, der im Radio läuft? Dann verschenken Sie am besten die 2022 erschienenen Alben der Heiligen Drei Könige des deutschsprachigen Indie-Pop als Päckchen. „Draußen wirkt die Welt wie ein böser Traum, man sieht das Gute kaum. Ich mein, was sagt man dazu?“, singt Jochen Distelmeyer auf seinem Album „Gefühlte Wahrheiten“. Mit dem betont er nicht wie einst mit seiner Band Blumfeld das Trennende, sondern das Tröstende und die Menschen Verbindende. Die Sehnsucht nach Schönheit, nach einer Chaospause in Zeiten von Pandemie und Krieg, Klima- und Energiekrise, von immer lauter werdenden Egoisten und Demokratiefeinden beschreiben auch Dirk von Lowtzow und seine Band Tocotronic auf ihrem Album „Nie wieder Krieg“. Die Band ruft dazu auf, eine neue Protestbewegung zu gründen, die „Jugend ohne Gott gegen Faschismus“. Für die, die sich verlassen und verloren vorkommen, bietet bei Tocotronic die Liebe einen Ausweg – und jede Schranktür. Einsamkeit ist auch ein Leitthema von Michael Girke, der im ostwestfälischen Herford vor fast 40 Jahren den neuen deutschen Popsound mitentwickelt hat, den man später Hamburger Schule nannte. „Können Lieder Freunde sein?“, fragt er auf dem neuen Album seines Projektes Jetzt!. Wie gute Freunde sagen auch gute Lieder die Wahrheit: „Man denkt meist wie gewohnt, man denkt meist viel zu schnell, von Ferne zeigt sich dann, das Problem der Welt ist man selbst.“ Für sich selbst und alle anderen, die das ewige Ringen mit den Umständen verzweifeln lässt, singt Girke deshalb „Heute nicht, aber morgen wird alles gut.“

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Für Dancer (schnell): Wegtanzen ist ein bewährter Weg, um Ungerechtigkeit und Schmerz, gesellschaftlichen oder persönlichen Umständen für eine Atempause zu entkommen. Zwei amerikanische Dancing Queens belebten 2022 das beliebte Konzept auf ihre jeweils eigene Art. Mit „Renaissance“, in Covid-19-bedingter Isolation entstanden, erneuert Beyoncé das Versprechen auf Befreiung und Veränderung, das schwarzer Musik seit jeher innewohnt. „Meine Absicht war es, einen sicheren Ort zu schaffen, einen Ort ohne Urteil. Einen Ort, an dem ich frei von Perfektionismus und übermäßigem Nachdenken sein konnte. Ein Ort, um zu schreien, loszulassen, Freiheit zu spüren“, sagte sie über die Aufnahmen in einer für die Welt beängstigenden Zeit. Das wichtigste Versprechen gibt sie sich in dem Lied „Church Girl“ selbst: „Ich werde mich selbst lieben.“

Für Dancer (langsam): Taylor Swift durchlebt auf ihrem Album „Midnights“ Arm in Arm mit ihren Selbstzweifeln, ihrer Sehnsucht nach Anerkennung und ihrem Drumcomputer 13 schlaflose Nächte wie mit besten Freundinnen. „Ich habe noch nie jemanden gesehen, der von innen heraus leuchtet“, singt sie zu streichelnden Beats. Ihre Songs leuchten sanft gelb wie der Mond. mb

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Romane über Liebe, Kummer und Mutters Ratschläge

Für Pferdeliebhaber und Sisi-Fans: Beim Lesen fragt man sich öfter mal, für wen Karen Duves Herz wohl mehr geschlagen hat – für die Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn oder für deren Tiere? In „Sisi“ (Galiani Berlin, 412 Seiten, 26 Euro) schildert die 61-Jährige ein paar Monate im Leben der Monarchin, die sich eigentlich nur auf der Jagd und im Stall wohlfühlt und dort ihrer inneren Leere entkommt. Duve wirft einen unsentimentalen Blick auf eine Frau, die sehr charmant sein kann – und meist eher rücksichtslos ist. In einem manchmal spöttischen Tonfall beschreibt die deutsche Autorin das überladene Hofzeremoniell und lässt in ihrem Roman aufscheinen, dass die Habsburgermonarchie ihrem Untergang entgegengeht.

Für Junge und Alte: Es ist eine besondere Beziehung zwischen Jimmy, Sohn bosnisch-kroatischer Migranten, und der sehr viel älteren Professorin Martha. Die Frau ist angetan von dem attraktiven Jugendlichen, er ist fasziniert von ihrem Lebensstil, ihrer Klugheit, ihrer Selbstsicherheit. Doch in Martin Kordics Roman „Jahre mit Martha“ (S. Fischer, 287 Seiten, 24 Euro) geht es nicht nur um eine unkonventionelle Liebe: Kordic erzählt davon, wie Jimmy gegen Widerstände anrennt, die ihm, den jungen Mann mit Migrationshintergrund, das Leben schwer, manchmal fast unmöglich machen. Mit wütendem Ehrgeiz schuftet Jimmy, der eigentlich Zeljko heißt, für seinen sozialen Aufstieg und verliert dabei immer mehr den Boden unter den Füßen.

Für Frauen und Männer: „In guten Zeiten heiraten junge Frauen aus Liebe, in schlechten aus Interesse“, erklärt die Icherzählerin Manolita. Die 18-Jährige jedoch heiratet wegen zwei Vervielfältigungsmaschinen. Das klingt verrückt, ist aber im Spanien der Franco-Ära, als die junge Frau als Botin für die kommunistischen Oppositionellen arbeitet, gar nicht mal so abstrus. Die mehrfach ausgezeichnete Autorin Almudena Grandes, die im vergangenen Jahr gestorben ist, hat mit „Die drei Hochzeiten von Manolita“ (Hanser, Deutsch von Roberto de Hollanda, 672 Seiten, 30 Seiten) einen epischen, fesselnden Roman hinterlassen. Wer bei den vielen Figuren etwas verwirrt ist: Am Ende des Buches gibt es eine Personenübersicht.

Für Väter und Mütter, Töchter und Söhne: Als die erwachsene Tochter Liebeskummer hat, macht der Vater einen Rotwein auf und die Musik (Pink Floyd!) lauter. Die Mutter rechnet ihr vor, welche Chancen sie hat, wieder eine nette Frau kennen- und lieben zu lernen. Hilft aber alles nichts: Die Icherzählerin ist verzweifelt – und etwas überdreht. Mit „Meine Mutter sagt“ (Kanon, Deutsch von Hinrich Schmidt-Henkel, 192 Seiten, 22 Euro) kommt jetzt das bereits 2012 erschienene Debüt von Stine Pilgaard („Meter pro Sekunde“) auf Deutsch heraus. So traurig die Icherzählerin auch ist: Dieser dänische Roman stimmt eher heiter. sul

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Sachbücher über Gesichter und Geschichte

Für fröhliche Gesichter: Wohin wir schauen, wir sehen Gesichter – ob im persönlichen Gespräch, in der Videokonferenz oder auf Instagram, Tiktok und Facebook (da sagt es ja schon der Name). Die Journalistinnen Ursula März und Luzia Braun haben nun in dem wunderbaren Interviewband „Sich sehen“ (Galiani Berlin, 342 Seiten, 26 Euro) 19 Gesprächspartner getroffen, um mit ihnen über das Gesicht zu sprechen. Vom Boxer Axel Schulz über die Dermatologin Tanja Fischer bis hin zur Schriftstellerin Elke Heidenreich und dem Modedesigner Wolfgang Joop sprechen die Befragten über Eitelkeit und Spiegel, über Narben und Augen, über Schönheit und Altern. So entsteht eine kluge Kulturgeschichte des Gesichts.

Für mehr Verständnis: Die Ukraine ist durch den Angriffskrieg Russlands ins Zentrum des Interesses gerückt. Um das Land besser zu verstehen, können Bücher von Autoren wie Serhij Zhadan, Andrej Kurkow, Oksana Sabuschko und vielen anderen helfen. Ein nun auch auf Deutsch erschienenes Standardwerk zur Geschichte der Ukraine ist „Das Tor Europas. Die Geschichte der Ukraine“ (Aus dem Amerikanischen von Anselm Bühling und anderen, Hoffmann und Campe, 560 Seiten, 30 Euro) aus der Feder des Harvard-Professors Serhii Plokhy. Er geht in seiner Betrachtung bis zurück in die Antike, als das Land ein mythischer Ort etwa für die Griechen war. Mit Plokhys scharfsinnigem Ritt durch die Geschichte lässt sich die Beziehung der Ukraine zu Russland, ihr Selbstverständnis als eigenständige Nation und die anhaltende Verteidigung gegen den Aggressor noch besser nachvollziehen.

Für musikalische Feingeister: Was liegt näher, als das Leben eines Musikers anhand von Songs zu erzählen? Oft genug wird dieser Weg ignoriert. Aber Bob Dylan ist ihn gegangen. In seinem Buch „Die Philosophie des modernen Songs“ (Aus dem Amerikanischen von Conny Lösch, C. H. Beck, 352 Seiten, 35 Euro) erzählt er in kurzen Essays zu 66 Songs, wie ihn diese Musik beeinflusst, motiviert, initiiert hat. Dylan, der Literaturnobelpreisträger, landet bei der griechischen Tragödie, bei Camus, und musikalisch im Rock ’n’ Roll, beim Country und Soul. So werden Songs zu kulturellen Bedeutungsträgern und Zeitspeichern.

Für Freunde von Geschichte: Bei dem Thema „Indonesien und die Entstehung der modernen Welt“ bleibt man vielleicht nicht sofort hängen. Aber wenn der Autor David van Reybrouck heißt, lohnt sich immer ein langer Blick ins Buch. Wie auch hier. 1945 erklärt sich Indonesien unabhängig von den Niederlanden, ein brutaler Krieg folgt. In Folge dieser „Revolusi“, wie auch das Buch heißt (übersetzt von Andreas Ecke, Suhrkamp, 752 Seiten, 34 Euro) stellt sich das Land, so van Reybroucks These, an die Spitze der weltweiten Dekolonisierung. Was das Buch so lebendig macht, ist neben dem packenden Stil die Tatsache, dass es sich aus Gesprächen mit rund 200 Zeitzeugen speist. So wird ein Sachbuch zum Pageturner. tz

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Das machen wir mal zusammen!

Für Ausgeschlafene: Etwas gemeinsam zu unternehmen kann das schönste Geschenk sein. Eine gute Möglichkeit sind ungewöhnliche Unterkünfte: In der Iglu Lodge in Oberstdorf im Allgäu etwa übernachten Gäste in einem Schneehotel auf 2000 Metern Höhe. Die Saison startet immer nach Weihnachten und endet Anfang April. Oder wenn der Schnee schmilzt. Deutlich wärmer geht es im Liberty Hotel in Offenburg zu – das allerdings früher wenig mit Freiheit zu tun hatte. Das Haus war ursprünglich ein Gefängnis und wurde erst später zum Hotel umgebaut. Hinter den schweren Zellentüren finden Gäste heute jeglichen Luxus. Etwas einfacher gestalten sich die Unterkünfte im Hüttenpalast in Berlin – dort übernachten Gäste in Wohnwagen, die in einer Halle untergebracht sind.

Für Instagrammer: Kopfstehen kennt mancher von der Arbeit, aber im verrückten Haus, das es unter anderem in Bispingen und Leipzig gibt, ist ein ganzes Gebäude von oben nach unten gedreht – inklusive jeglichen Inventars. Wer die Kamera mitdreht, kann die Menschen darin fürs Foto leicht zum Schweben bringen. Die „The Wow“-Gallery in Berlin hat sich ganz Selfies verschrieben und bietet 35 interaktive Installationen für ungewöhnliche Selbstporträts. Das Illuseum, ebenfalls in Berlin, arbeitet mit optischen Täuschungen und bietet ebenfalls jede Menge Möglichkeiten für kreative Fotos. Ähnliches bietet das Museum der Illusionen in Hamburg.

Für Wagemutige: Klettersteige gibt es inzwischen vielerorts, und manche Menschen richten ganze Urlaubsreisen auf diese Aktivitäten aus. Eine ganz besondere Form, die sich auch für einen Kurztrip eignet, befindet sich im Bergischen Land: Die Müngstener Brücke ist nicht nur Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke, sondern auch einer der ungewöhnlichsten Klettersteige des Landes. In geführten Touren kann man hier über die Stahlträger klettern. Das 1897 eröffnete Bauwerk überspannt in 107 Metern Höhe die Wupper zwischen den Städten Remscheid und Solingen. Die Tour ist inspiriert von Angeboten wie dem Brückenklettern auf der Sydney Harbour Bridge oder dem Erklimmen der O2-Arena in London. Nur näher gelegen.

Für Feinschmecker: Kochkurse haben viele schon mal im Laufe ihres Lebens mitgemacht. Aber einen Bierbraukurs? Oder einen Cocktaillehrgang? Einen Latte-Art-Kurs für Kaffeefans? In vielen Städten bieten Cocktailbars, kleine Kaffeeröstereien und Mikrobrauereien solche Schnupperangebote an. Ein Profi ist man nach solch einem meist eintägigen Kurs in der Regel nicht – aber Spaß macht es allemal. Für Kaffee geht das beispielsweise bei Kaffeebrewda in Hamburg oder bei Einstein Kaffee in Berlin. Bier brauen lernen lässt sich unter anderem bei Schoppe Bräu in Berlin und in der Landgang-Brauerei in Hamburg. mp

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Hörbücher über Freundschaft und Familie

Für Freundinnen: Die jüngere Geschichte Georgiens ist und bleibt das große Thema der deutsch-georgischen Autorin und Theaterregisseurin Nino Haratischwili („Das achte Leben. Für Brilka“). In ihrem aktuellen Roman „Das mangelnde Licht“ (Hörbuch Hamburg, MP3-CD, 25:33 Std., ca. 30 Euro) erzählt die 39-Jährige von vier Freundinnen im Tiflis der postsowjetischen Ära. Da geht es, wie immer bei dieser Schriftstellerin, nicht gerade zimperlich zu. Wunderbar, dass Simone Kabst den opulenten Text über diese chaotische, gewalttätige Zeit und über Glücksmomente und Abgründe in Freundschaften angenehm zurückhaltend liest.

Für Nordlichter: Die Romane von Dörte Hansen handeln stets auch davon, wie sich eine Gegend, ein Lebensraum verändert. Ihr aktueller Bestseller „Zur See“ (Random House Audio, 6 CDs, 7:04 Std., ca. 24 Euro) spielt auf einer Nordseeinsel. Touristen mag die Insel wie ein Idyll erscheinen, die alteingesessene Familie Sander hingegen hat dort mit einem wenig erbaulichen Alltag zu kämpfen. Der Vater, der sich dem Naturschutz verschrieben hat, hat sich vor vielen Jahren abgesetzt. Der ältere Sohn trinkt und hat sein Kapitänspatent verloren – ein Skandal in einer Familie, in der sich lange alles um die Schifffahrt drehte. Die Tochter hadert mit dem Tourismus auf der Insel. Bei Sprecherin Nina Hoss schimmert unter den manchmal fast kargen Sätzen der norddeutschen Erzählerin immer auch das Unheilvolle hervor, das wie eine große Welle auf die Sanders zurollt.

Für alle, die sich berühren lassen: Manchmal glaubt Édouard Louis, schon zu viel erlebt zu haben, und das klingt bei dem französischen Autor nicht kokett: Der gerade mal 30-Jährige ist seit Jahren mit seinen autobiografischen Büchern wie „Das Ende von Eddy“ und „Die Freiheit einer Frau“ über Armut, Scham und Homophobie ein Literaturstar. In „Anleitung ein anderer zu werden“ (Der Audio Verlag, MP3-CD, 6:11 Std., ca. 24 Euro) blickt er auf seinen rasanten Aufstieg und seine Selbstveränderungen zurück. Es ist berührend, wie Sprecher Patrick Güldenberg Schmerz und Einsamkeit nachvollziehbar macht, die auch bei solch einer Karriere bleiben.

Für Großeltern, Eltern und Kinder: Melissa Fu gehört zu den US-amerikanischen Autorinnen, die eine tragische Geschichte spannend und gradlinig erzählen. In „Der Pfirsichgarten“ (Argon, MP3-CDs 15:31 Std., ca. 30 Euro) spannt sie einen Bogen vom China der späten 1930er-Jahre bis in die USA des Jahres 2005. Angelehnt an die Erlebnisse ihres Vaters schildert Fu das Leben der Chinesin Meilin und ihres Sohns Renshu, dem später die Emigration in die USA gelingt. Leslie Malton liest diese Geschichte, in der man viel über das China der 1930er- und 1940er-Jahre erfährt und darüber, wie Meilins Enkelin Lily versucht, mehr über die Vergangenheit herauszufinden. sul

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Die Autorin Nino Haratischwili.

Chronistin Georgiens: Die Autorin Nino Haratischwili.

Bildbände über Malen in Paris und Baden in Milch

Für Fotofans: Annie Leibovitz hat wunderbare Porträts berühmter Menschen geschossen. Sie wurden zu Bildern, die heute ihren festen Platz in der Geschichte der Fotografie haben. Etwa Demi Moore, die sich 1991 nackt und schwanger zeigte (was damals noch eine Ausnahme war). Oder das berühmte Bild von John Lennon, auf dem er sich nackt an Yoko Ono schmiegt. Oder Whoopi Goldberg, die in Milch badend grotesk-verrückt ins Bild lacht. Oder die Queen, die Blues Brothers, Scarlett Johansson und viele mehr. Diese ikonischen Aufnahmen sind nun im beeindruckenden Band „Sumo“ (Taschen-Verlag, 556 Seiten, 125 Euro) zu sehen. In dieser XXL-Ausgabe (27,1 mal 37,4 Zentimeter groß und knapp sechs Kilogramm schwer) werden aber auch Aufnahmen gezeigt, die bislang noch nicht zu sehen waren. So ist dieses Buch ein sehr persönliches Werk der berühmten Fotografin, aber auch eine Popkulturgeschichte von den 1970er-Jahren bis ins Jahr 2012.

Für Kunstfreunde: George Grosz gehört zu den bedeutenden deutschen Malern, die das künstlerische Leben in Berlin nach dem Ersten Weltkrieg geprägt haben. So wie Otto Dix und Max Beckmann porträtierte auch er eine seelisch und körperlich zerstörte Gesellschaft. Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen hatte sich Grosz bereits 1914 gegen den Krieg ausgesprochen. Der Band „Das unerbittliche Auge – George Grosz in Berlin“ (Hirmer, 180 Seiten, 100 Abbildungen in Farbe, 38 Euro) zeigt, wie der gebürtige Berliner die Zeit zwischen 1918 und seiner Emigration 1933 künstlerisch festgehalten hat. Essays von Ian Buruma und Sabine Rewald ordnen dies historisch ein.

Für Satiriker: Es gibt Fotografien, die aus sich heraus sprechen. Und es gibt Fotos, bei denen Erklärungen helfen. Begleitet werden solche Bilder dann oft von Texten in der besonderen Sprache des Kunstdiskurses. Das Künstlerkollektiv Bonnataxi hat nun im Bildband „Im Dickicht der Sichtachsen“ (Zu Klampen, 240 Seiten, 28 Euro) eine Form gefunden, die Art der ästhetischen Darstellung und der analytischen Beschreibung aufs Korn zu nehmen. Den Fotografien von Maura Ecco stellt Gerry Linda seine augenzwinkernd mäandernden Texte entgegen. Ein großes Lesevergnügen, bei dem man auch immer wieder nachdenklich-philosophische Krumen aufsammeln kann.

Für US-Kunstinteressierte: Als der Zweite Weltkrieg vorbei war, wurde Paris zum Magneten für US-amerikanische Künstlerinnen und Künstler. Sie studierten in der französischen Hauptstadt, stellten aus, lebten und liebten und verbanden die US-Kultur mit der europäischen. Gezeigt werden in dem Buch „Americans in Paris“ (Hirmer, 300 Seiten, 270 Abbildungen in Farbe, 49,90 Euro) unter anderem Werke von Louise Bourgeois, Alfred Russell, Barbara Chase-Riboud und George Sugarman. Essays und erklärende Texte, die ausschließlich in Englisch verfasst sind, vermitteln ein spannendes Bild dieser Zeit in Paris. tz

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Filme über Klaviere, Callboys und reife Pfirsiche

Für junge Abenteurer: Journalist Ludwig Kirsch (Volker Bruch) will 1940 mit seinem Sohn Rolf (Julius Weckauf, bekannt aus „Der Junge muss an die frische Luft“) aus dem vom NS-Regime beherrschten Europa fliehen. Ein Pyrenäenpfad soll sie zu einem Schiff an der Küste bringen. Doch dann wird der Vater festgenommen. Rolf muss sich der traurigen Wirklichkeit stellen. Nur gut, dass das ortskundige Mädchen Núria (Nonna Cardoner) ihn führt und er sich von seinem klugen Terrier aufheitern lassen kann. Regisseur Tobias Wiemann verzichtet bei dem schwierigen historischen Thema in „Der Pfad“ auf ein klassisches Happy End, aber er hat Trost fürs junge Publikum parat.

Für Klassikerfreunde: Mit „Das Piano“ schrieb die Neuseeländerin Jane Campion Kinogeschichte. Sie räumte Preise ab, wie es 1993 im männerdominierten Filmgeschäft (und noch lange danach) einzigartig war. Die Geschichte: Die Schottin Ada (Holly Hunter) wird Mitte des 19. Jahrhunderts an einen ihr unbekannten Mann in Neuseeland verheiratet. Zusammen mit ihrer Tochter und ihrem über alles geliebten Klavier trifft sie an der entlegenen Küste ein. Ada ist stumm, das Piano ihre Stimme. Doch ihr Mann Stewart (Sam Neill) lässt das sperrige Piano am Strand zurück, das Nachbar Baines (Harvey Keitel) ersteht. In eine Welt zwischen Wirklichkeit und Traum, zwischen Sinnlichkeit und Konventionen entführt Campion – mittendrin eine willensstarke junge Frau, die mit ihrem Schweigen Widerstand bricht.

Für Anhänger des Landlebens: Orangerot leuchten die Pfirsiche im grünen Hain wie im Paradies. Was wir dann in Carla Simóns Film „Alcarràs“, Berlinale-Sieger 2022, sehen, ist die Vertreibung aus eben jenem Paradies. Die Familie in Katalonien soll einem Solarpark weichen. Die Regisseurin beobachtet den Familienalltag so selbstverständlich, als gehöre sie dazu. Sie hat mit Laiendarstellern gedreht und ist auf einer Pfirsichfarm aufgewachsen. Simón erzählt von zerbrechenden Traditionen und unaufhaltsamem Wandel. „Alcarràs“ ist eine traurig-schöne Geschichte vom Abschied.

Für Erotikfans: Eine pensionierte Religionslehrerin wagt etwas. Nancy (Emma Thompson) hat sich übers Internet einen Callboy aufs Hotelzimmer bestellt. Endlich will sie jene sexuelle Lust ergründen, die der verstorbene Gatte nie in ihr hervorgekitzelt hat. Im ironischen Kammerspiel „Meine Stunden mit Leo“ – wie alle hier vorgestellten Filme auf DVD erhältlich – geht es um das Verhältnis zum eigenen Körper, um Scham und um verkümmertes Begehren. Sexarbeiter Leo Grande (Daryl McCormack) versteht sich glücklicherweise auf sein Fach – und fühlt sich zunächst einmal als Sextherapeut. Der begnadeten Emma Thompson hat der Film nach eigenen Worten gezeigt, von welchen „unmöglichen Forderungen und Körperbildern“ Frauen umgeben sind. sto

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Leckeres wie Meze und Marmelade

Für stilvolles Ambiente: Ein Gericht kann noch so delikat sein, auf einem geschmacklosen Teller serviert verliert es erheblich an Reiz. Andersrum kann schönes Geschirr ein langweiliges Rezept aufpeppen. Längst hat sich hochwertige Tableware auch für den alltäglichen Gebrauch durchgesetzt. Die Zeiten, als „das gute Geschirr“ die meiste Zeit des Jahres wie ein kostbarer Schatz im Schrank verwahrt wurde, sind vorbei. Ebenso out ist ein einheitliches Service. Heute werden unterschiedliche Formen und Farben miteinander kombiniert, gern auch innerhalb einer Serie, wie etwa bei Rosenthals Kollektion „Junto“ oder der bonbonbunten Sobremesa Collection der dänischen Marke Hay.

Für süße Momente: Selbstgemachtes zu verschenken macht oftmals mehr Mühe, als etwas online oder im Geschäft zu kaufen. Doch in der Regel ist es auch für den Schenkenden bereichernder, als hektisch die Warenwelt zu durchforsten. Wer zum Beispiel Marmelade einkocht, kann sich selbst auch etwas davon gönnen. Und das sollte man unbedingt, wenn man solch ausgefallene Konfitüren und Gelees wie aus Cornelia Schinharls Buch „Marmelade selbst gemacht“ (GU, 128 Seiten, 14,99 Euro) kreiert. Man kann natürlich auch das 75 Rezepte umfassende Buch schenken – und auf Kostproben von Wassermelonenkonfitüre mit Datteln oder Zwetschgenmarmelade mit Walnüssen zum nächsten Weihnachtsfest hoffen.

Für Sommerhungrige: Der nächste Sommer kommt bestimmt. Für alle, die dann nach einer Alternative zum Grillen suchen, bietet sich Meze (zuweilen auch Mezze geschrieben) an. Dabei handelt es sich um eine Auswahl an Vorspeisen, die so variantenreich und nahrhaft sind, dass sie eine Hauptmahlzeit überflüssig machen. Die Tradition, kalte und warme Snacks und Dips in Schälchen zu servieren, aus denen sich jeder am Tisch bedient, stammt aus den Ländern des Nahen Ostens und der Türkei. Der Begriff Meze leitet sich vom persischen Wort „Mazze“ für Geschmack ab. Und den wiederum garantieren die in „Meze Vegetarisch“ aufgeführten Rezepte von TV-Koch Ali Güngörmüs (Dorling Kindersley, 224 Seiten, 24,95 Euro).

Für Soberwillige: Die ursprünglich im englischsprachigen Raum entstandenen Kampagnen „Dry January“ und „Sober October“ für den bewussten Verzicht auf Alkohol haben mittlerweile weltweit Nachahmer. Wer nüchtern feiern und genießen will, muss nicht auf Cocktails oder Wein verzichten. Viele Bars und Restaurants bieten mittlerweile ein breites Angebot an nicht alkoholischen Getränken. Und auch für zu Hause gibt es entsprechend jede Menge Rezepte. Zum Beispiel Birnen-Rosmarin-Sekt oder „Strawberry Mule“ auf Basis von tiefgekühlten Erdbeeren und Gingerale – beides nachzulesen in Büchern wie „Alkoholfreie Drinks“ von Eva Derndorfer und Elisabeth Fischer (Brandstätter, 183 Seiten, 28 Euro). kh

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Spiele mit Raumschiffen und persönlichen Fragen

Für Traditionalisten: Für viele Familien gehört das „Spiel des Jahres“ zu Weihnachten wie der Baum und die Kerzen. Der aktuelle Preisträger heißt „Cascadia“, stammt vom US-Amerikaner Randy Flynn und bedient einen aktuellen Trend: Es geht thematisch immer öfter zurück zur Natur. In dem eingängigen Legespiel (Kosmos, für eine bis vier Personen ab zehn Jahren, etwa 35 Euro) werden Landschaften gebildet, Tiere angesiedelt und nach immer neuen Regeln gewertet – „ein wahres Wohlfühlspiel“, lobte die Jury. Für Kinder eignet sich das „Kinderspiel des Jahres“, Jens-Peter Schliemanns und Bernhard Webers „Zauberberg“ (Amigo, für eine bis vier Personen ab fünf Jahren, etwa 36 Euro), das eine Art Murmelbahn mit Regeln ist, für Fortgeschrittene Aske Christiansens „Living Forest“ (Pegasus, für zwei bis vier Personen ab zehn Jahren, etwa 40 Euro). Hier wird in einer fantastischen Welt ein Wald vor der Rodung bewahrt.

Für Experten: An einem Titel kommen Vielspielende in diesem Jahr nicht vorbei: In Mathias Wigges „Arche Nova“ (Feuerland, für eine bis vier Personen ab 14 Jahren, etwa 65 Euro) wird ein moderner, nachhaltiger Zoo simuliert, inklusive internationaler Forschungsvorhaben, Publikumsinteresse und artgerechter Tierhaltung. Eine Warnung: Die Regeln setzen das Geschehen zwar sehr anschaulich in Szene, sind aber auch sehr komplex. Für eine erste Partie sollte man schon große Teile des ersten Feiertags einplanen.

Für den Teamgeist: „Wie alt fühlst du dich innerlich?“, „Wie viele Minuten duschst du durchschnittlich?“, „Wie verführerisch bist du deiner Meinung nach (von 0 bis 100)?“ Das sind nur drei der insgesamt knapp 200 Fragen aus Kasper Lapps „Fun Facts“ (Repos Production/Vertrieb: Asmodee, für vier bis acht Personen ab acht Jahren, etwa 25 Euro). In diesem Partyspiel muss man sich und auch die anderen korrekt einschätzen und lernt sie dabei ganz nebenher und ohne jede falsche Scham viel besser kennen, als man sich je hat vorstellen können. Denn: Man kann gar nicht anders, als miteinander ins Gespräch zu kommen.

Für Abenteuerlustige: Dies sind die Abenteuer des „Spaceship Unity“, das mit seiner maximal vier Personen starken Besatzung in der gesamten Wohnung unterwegs ist, um Alltagsgegenstände für ein Weltraumabenteuer zu missbrauchen. In Jens Merkls und Ulrich Blums „Spaceship Unity – Season 1.1″ (Pegasus, für zwei bis vier Personen ab zehn Jahren, etwa 50 Euro) dient der heimische Staubsauger als intergalaktischer Sprungantrieb, die Dunstabzugshaube als Düse und das Bücherregal als Datenbank. Wie in einer Fernsehserie erstreckt sich das Geschehen über mehrere Folgen mit vielen durchgeknallten Ideen. „Star Trek“-Kenntnisse sind nicht erforderlich, wohl aber eine gewisse Bereitschaft, über sich selbst zu lachen und die Kalorien vom Weihnachtsessen gleich wieder abzutrainieren. gol

Graphic Novels über Schauspiel, Schufterei und Eskapaden

Für alle voller Sehnsucht: Der US-Amerikaner Nick Drnaso gehört zu den renommierten Graphic-Novel-Künstlern. Sein Werk „Sabrina“ war 2018 die erste Graphic Novel, die je für den Bookerpreis nominiert wurde. Es erzählte eine düstere Geschichte über den Mord an einer jungen Frau und wie dieser zu abstrusen, hasserfüllten Verschwörungstheorien führte. Sein neues Buch „Acting Class“ (Blumenbar, Deutsch von Karen Köhler und Daniel Beskos, 268 Seiten, 28 Euro) wirkt dagegen im ersten Moment nahezu harmlos: Es geht um zehn Leute, die sich jede Woche in einem Schauspielkurs treffen. Nach und nach erfährt man jedoch immer mehr über diese Menschen und, ähnlich wie in „Sabrina“, über persönliche Ängste und Sehnsüchte und über die soziale Spaltung der US-Gesellschaft.

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Für alle Arbeitenden: Gut leben, nicht zu viel schuften, Freizeit und Job so in Einklang bringen, dass es zufrieden stimmt. Das wünschen sich unendlich viele, und der Begriff Work-Life-Balance grassiert seit Jahren. Inklusive zahlreicher – teils ominöser – Ratgeber, wie dieses Gleichgewicht zu erreichen sein soll. In Aisha Franz’ „Work-Life-Balance“ (Reprodukt, 256 Seiten, 20 Euro) suchen drei junge Leute ihren Platz in der Arbeitswelt, die sich – auch in der Kunstszene – als wenig schillernd, manchmal sogar demütigend herausstellt. Für die oft absurden Erlebnisse ihrer Figuren Sandra, Anita und Rex hat die 38-Jährige teils ebenso absurde, aber treffende Bilder gefunden. Dafür gab es in diesem Jahr den Max-und-Moritz-Preis in der Kategorie Bester deutschsprachiger Comic.

Für alle aus der Kleinstadt: Hamed probiert das Leben: Schule, Treffen im autonomen Jugendhaus, Skaten, Verliebtsein, Zeichnen. Aber da ist noch mehr in dieser vielschichtigen Graphic Novel: Die Familie ist aus dem Iran geflohen, der Vater kommt auch nach Jahren in Deutschland nicht klar, und ein guter Freund des Jugendlichen gleitet in die Welt der Drogen ab. Schon der Titel von Hamed Eshrats autobiografischem Buch „Coming of H.“ (Avant, 176 Seiten, 20 Euro) spielt mit diesen Aspekten. H für Hamed, H für Heroin und lautmalerisch für Age wie in Coming of Age. Mit untergründigem Humor erzählt der 43-Jährige vom (Über)Leben in einer Kleinstadt.

Für alle Glückssucher: Claudia hat eine spitze Nase, ein bisschen wie Pinocchio. Manchmal nimmt auch die junge Frau es nicht so genau mit der Wahrheit, und sich selbst gegenüber ehrlich zu sein ist auch nicht ihr Ding. Das führt, als sie einen Ex-Freund wiedertrifft, zu sexuellen Eskapaden und vielen Problemen. Die italienische Zeichnerin Zuzu verbindet in „Glückliche Tage“ (Edition Moderne, Deutsch von Denise Hofer, 464 Seiten, 29 Euro) einen eigenwilligen Strich mit einer unerschrockenen Erzählweise. Aber vielleicht schafft es Claudia ja, ihr inneres und äußeres Chaos zu ordnen. sul

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