Versuchter Totschlag

Brandstifter kommt in die „Geschlossene“

Nachdem Günter N. das Feuer gelegt hatte, blieb von dem Dreifamilienhaus kaum mehr etwas übrig.

Nachdem Günter N. das Feuer gelegt hatte, blieb von dem Dreifamilienhaus kaum mehr etwas übrig.

dach Koblenz/Wissen. „Der Angeklagte ist für die Allgemeinheit gefährlich.“ Dieser simplen wie eindeutigen Aussage bediente sich Julia Rheinbay in ihrem Plädoyer. Die Staatsanwältin forderte im Wissener Brandstifter-Prozess fünfeinhalb Jahre Gefängnis für Günter N. (Name geändert). Und: Für den Angeklagten solle der Paragraf 63 des Strafgesetzbuchs gezogen werden: die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

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"Krankhafte seelische Störung" beim Angeklagten festgestellt

Genau das tat die 14. Kammer des Landgerichts Koblenz unter Vorsitz von Richter Rupert Stehlin am Ende des vierten Prozesstags am Dienstag auch. Und das war nach dem Vortrag des psychiatrischen Sachverständigen Dr. Gerhard Buchholz alles andere als eine Überraschung. Er stellte beim Angeklagten nämlich eine „krankhafte seelische Störung“ fest, eine sogenannte schizoaffektive Störung.

Bereits seit gut zehn Jahren, seit der Trennung von seiner damaligen Ehefrau, leidet Günter N. unter psychischen Problemen, die mal heftiger auftreten und sich aber auch mal in einem milden Verlauf ausdrücken. Einige Monate, bevor er im Spätsommer 2021 in das Dreifamilienhaus an der Wissener Mozartstraße einzog, wurde es demnach wieder schlimmer.

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Streit mit den Vermietern kurz nach Umzug

Kurz nach dem Umzug, der Günter N. offenbar bis aufs Äußerste gestresst hatte, bekam er sich mit den Vermietern, die in der Wohnung unter ihm lebten, heftig in die Wolle. Nach einigen Wochen erhielt Günter N. die Kündigung. Er rastete aus und fasste „einen folgenschweren Entschluss“, wie sich Richter Stehlin in der Urteilsbegründung ausdrückte: „Es kam zu einer veritablen Brandlegung. Man kann es auch ein Fanal nennen.“ Das Haus wieder aufzubauen wird rund 1,5 Millionen Euro kosten.

Die Kammer jedenfalls folgte der Version der Vermieter, nachdem Günter N. offenbar Schränke kurz und klein gehauen und diese Holzstücke mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen hat. Diese brandgefährliche Mischung steckte der heute 56-Jährige an, vorher öffnete er alle Fenster und Türen seiner Wohnung. Die Gretchenfrage des Falls, ob Günter N., wie er selbst erzählte, lediglich an einem kleinen Karton gezündelt hatte und dann die Wohnung verließ, konnte aber auch kein Brandgutachter klären. Denn: Es gab keinen, weil es nämlich nach diesem verheerenden Feuer nicht mehr viel zu begutachten gab. Das Haus brannte am Abend des 31. Oktober vergangenen Jahres im wahrsten Sinne des Wortes nieder.

Günther N. wegen versuchten Totschlag schuldig gesprochen

Das sorgte dafür, dass Günter N. nun unter anderem auch des versuchten Totschlags schuldig gesprochen worden ist. Schließlich gab es noch eine Wohnung über der des Täters. Besonderer Umstand: „Der Fluchtkorridor bestand aus einer Wendeltreppe“, wie der Vorsitzende Richter ausführte. Glücklicherweise war die Mieterin nicht zu Hause. Allerdings stand ihr Auto vor der Tür, sodass Günter N. keineswegs mutmaßen konnte, die Wohnung sei leer. Immerhin ging das Gericht davon aus, dass der Angeklagte der Obermieterin nicht absichtlich Leid habe zufügen wollen. Zudem übernahm es vom psychiatrischen Sachverständigen die Einschätzung, Günter N. habe aufgrund seines seelischen Zustands sein Handeln nur eingeschränkt steuern können.

Es war nicht das erste Mal, dass Günter N. sich mit einem fragwürdigen Vorhaben in den Mittelpunkt zu spielen versuchte. Dr. Buchholz erwähnte drei Suizidversuche, zumindest einer davon muss sich in aller Öffentlichkeit, konkret auf einer Brücke, abgespielt haben. Richter Stehlin nannte den Brand von Wissen daher einen „vorläufigen Höhepunkt einer Entwicklung“, der es entgegenzusteuern gelte. Das sei der Grund für den Maßregelvollzug in einer geschlossenen Anstalt, der zunächst zeitlich unbefristet ist. Es gebe aber in regelmäßigen Abständen Untersuchungen und auch die Möglichkeit von Lockerungen. Stehlin gab zu Bedenken, dass der Fall von Günter N. „nicht so aussichtslos wie andere“ sei. Dr. Buchholz hatte zuvor angemerkt, dass die Erkrankungen, um die es gehe, recht gut zu therapieren seien. Ambulant sei das aber zunächst nicht möglich. Schließlich geht es darum, dass Günter N. eben nicht mehr für andere gefährlich ist. Sollte das binnen vier Jahren und drei Monaten gelingen, muss er allerdings den Rest der Zeit noch im Gefängnis absitzen.

SZ

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