Burbacherin startet Petition in Australien

So erlebt Janine Betz den quälenden Lockdown-Marathon

Im Land ihrer Träume, Australien, hat die Holzhausenerin Janine Betz mit ihrem Lebensgefährten eine Familie gegründet. Wann lernt Tochter ihre Siegerländer Verwandtschaft persönlich kennen? Darauf gibt es bis auf Weiteres keine Antwort. Foto: privat

Im Land ihrer Träume, Australien, hat die Holzhausenerin Janine Betz mit ihrem Lebensgefährten eine Familie gegründet. Wann lernt Tochter ihre Siegerländer Verwandtschaft persönlich kennen? Darauf gibt es bis auf Weiteres keine Antwort. Foto: privat

nja Holzhausen/Perth. Geduld ist eine endliche Ressource. Bis vor Kurzem hat Janine Betz den harten Corona-Lockdown ihrer Wahlheimat Australien unterstützt. Monatelang waren die internationalen Grenzen dicht. Zigtausend Menschen strandeten im Ausland, Familien wurden getrennt. Das Virus sollte draußen bleiben. Die Strategie war hart, aber erfolgreich. Nun aber reißt auch der gebürtigen Holzhausenerin, die seit 2008 "down under" lebt, der Geduldsfaden. Über zwei Jahre lang hat sie ihre Familie im südlichen Siegerland nicht mehr in die Arme schließen können. Im April wird ihre Tochter zwei Jahre alt. Die Kleine kennt Oma, Opa, Onkels und Tanten nur digital, aus Facetime-Treffen. Die 40-jährige Janine Betz hat jetzt eine Onlinepetition ins Leben gerufen, in der sie die Regierung von Western Australia auffordert, den Bürgern zu vertrauen und die Grenze für Familienbesuche endlich ohne Einschränkung zu öffnen. Wie dies in den Bundesstaaten New South Wales und Victoria sowie im Australian Capital Territory mit der Hauptstadt Canberra bereits Ende 2021 geschehen ist. Die Überschrift ihres Aufrufs lautet: Für die Wiedervereinigung westaustralischer Familien  (https://www.change.org/ReuniteWAfamilies).

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Regierung hatte ermuntert: Bucht Flüge!

Denn: Überraschend machte die westaustralische Regierung im Dezember einen Rückzieher von der festen Zusage, die Reisebeschränkungen zum 5. Februar aufzuheben. Hochrechnungen der Impfrate lagen der Entscheidung zugrunde. Zuvor aber hatte es das Versprechen gegeben: Nahe Verwandte sollten sich wieder besuchen dürfen. Ohne Quarantäne. Bis auf Weiteres wurde dies nun wieder verschoben. "Wir hatten aber schon Flüge für unsere Familien gebucht und Pläne geschmiedet, wann wir wieder nach Europa reisen können", sagt Janine "Nine" Betz. Die Familie ihres australischen Lebensgefährten lebt in der Schweiz und Italien. Die Regierung habe im Dezember dazu ermuntert: Bucht Flüge! Ein Ende des Lockdowns ist terminiert. Das Glück darüber war kaum fassbar.

Inzidenz in Western Australia liegt bei 4,7

Dann aber platzten all die Träume jäh am 20. Januar, als Premierminister Mark McGowan seinen Zeitplan überraschend wieder über Bord warf. "Nun gibt es nach wie vor Einreisebeschränkungen und zwingende 14-tägige Quarantäne nach Übersee-Flügen. Sieben Tage davon im Hotel. Unsere Flüge wurden gestrichen, einen neuen Flugplan gibt es nicht." Man höre und staune: Die Sieben-Tage-Inzidenz in Western Australia lag am Donnerstag bei 4,7.

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14 Tage Quarantäne nach Einreise

Über 35 Prozent der Westaustralier sind in Übersee geboren, ruft die Diplom-Ingenieurin in Erinnerung und fragt in ihrer Online-Petition rhetorisch: "Und dennoch sind wir nicht in der Lage, unsere Besuche in Europa sicher zu gestalten oder dürfen Westaustralien nicht wieder betreten, ohne die Quarantänezeit im Hotel fristen zu müssen? Ich finde: Wir haben mehr Vertrauen verdient!" "Für mich und meine Familie waren die letzten zwei Jahre eine emotionale Achterbahnfahrt", erzählt Nine Betz. "Ich habe die strengen Auflagen der Bundes- und Landregierungen lange Zeit  befürwortet. Hier herrscht Normalität, das ist ein echter Luxus, für den ich dankbar bin. Aber zwei Jahre und vier Monate ist eine lange Zeit! Ich vermisse Deutschland, meine Familie und Freunde. Covid hat mir die Basis, auf der ich mich entschieden habe auszuwandern, entzogen." Das Wissen, nicht ausreisen zu dürfen, habe sie stark belastet. 

Über 90 Prozent geimpft

Zwar kann sie nun theoretisch das Land verlassen, ob sie aber wieder zurück nach Perth darf – das ist nicht sicher. Dort dürfen monatlich nur noch rund 1100 Personen aus Übersee landen. Zum Vergleich:  Im Januar 2020 kamen 432.602 Menschen an. Sollte sie also den Hickengrund besuchen und zu den Glücklichen zählen, die es wieder ins Land zurück schaffen, "muss ich zunächst in Hotelquarantäne, wo die Ansteckungsgefahr wesentlich höher ist, als in meinem Haus mit Garten." Hinzu kommt: "Unsere Zweifach-Impfrate liegt bei 92,5 Prozent für die über Zwölfjährigen." 

"Spielball der Politik"

Bisher sei sie kein politischer Mensch gewesen, nun aber fühle sie sich wie ein Spielball der Politik. Janines Bruder, zu dem sie ein sehr enges Verhältnis hat, lebt in Würzburg und ist in der Pandemie zweimal Vater geworden. Er dürfe nach wie vor nicht einreisen: Geschwister zählen nicht zur Kernfamilie. Laut Janine Betz hat man in Westaustralien die Perspektive verloren und stellt die Betriebsfähigkeit des Bergbaus über das Wohl der Bevölkerung. Westaustralien sei für etwa 50 Prozent des globalen Lithium- und 60 Prozent des globalen Eisenerzhandels verantwortlich:  "Die Grenzschließung dient einer politischen Agenda, die kapitalistisch motiviert ist. Die strengen Auflagen der Regierung untergraben die Werte unserer multikulturellen Gesellschaft wie Respekt, Toleranz und Vertrauen. Und das macht traurig."

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