Bauchgefühl gefragt
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/LSTJFBCJL5BBHFXF6SKBTAOM4A.jpg)
Buffets im Allgemeinen und All-you-can-eat-Angebote im Besonderen verleiten oft zur Völlerei. Nun reagieren erste Restaurants und erziehen ihre Kundschaft zu mehr Augenmaß.
© Quelle: Pixabay
Kreuztal. Wer kennt das nicht? Endlich einmal bleibt die heimische Küche kalt, im Restaurant lockt stattdessen ein leckeres Buffet. Da kann es schon mal passieren, dass die Augen größer sind als der Hunger. Ich spreche mich nicht ganz davon frei, habe aber dazugelernt und im Laufe meiner Jahrzehnte ein ganz gutes „Bauchgefühl“ entwickelt. Bezüglich der persönlichen Aufnahmekapazität. Das ist nicht jedem gegeben, leider. Da wird auf den Tellern gestapelt und geschichtet, was Statik und Schwerkraft irgendwie noch ermöglichen. Als gäbe es kein Morgen mehr oder, auf den Punkt gebracht: Als wäre der Weg zu Schnitzel und Schnibbelbohnen höchstens zweimal am Abend zu bewältigen.
Und so las ich nun mit großer Freude von einem Restaurant in Norddeutschland, das seine Gäste zu erziehen versucht. Wer sich beim „All-you-can-eat-Buffet“ die Teller so vollschaufelt, dass viele der Leckereien –bestenfalls angenagt, zum Teil aber gänzlich unberührt – darauf liegen bleiben und anschließend in der Biotonne oder im Schweinestall landen, der muss Strafe zahlen. Bis zu 20 Euro. Herrlich! Man habe es zunächst mit 10 Euro Gebühr versucht, erfahre ich von den genervten Gastronomen. Das habe aber nicht gefruchtet. Man glaubt es nicht ...
Jeder Schritt macht fit: Das gilt auch im Restaurant. Gerade in Zeiten, da nahezu jeder Couch-Potato seine Schrittzahl über einen Minicomputer am Handgelenk kontrollieren lässt. (Kleiner Exkurs: Ich kenne Zeitgenossen, die versuchen die Schrittzahl liegend, die Chips-Schüssel auf dem Bauch, durch einhändiges Schütteln des smarten Überwachungs-Spions künstlich in die Höhe zu treiben.)
Der Ton macht die Musik. Ein genügsamer Umgang mit Nahrungsmitteln hat auch etwas mit Respekt und Wertschätzung zu tun. Apropos Musik. Es gibt Lieder, die scheinen zeitlos zu sein. Und so besang Reinhard Mey schon vor gut 50 Jahren die eskalierende „Heiße Schlacht am kalten Buffet“, herrlich pointiert. Eine – aufgemerkt: Wortspiel! – Kostprobe gefällig? Nun denn: „Zunächst regiert noch die Hinterlist, doch bald schon brutale Gewalt. Da spießt man, was aufzuspießen ist, die Faust um die Gabel geballt. Mit feurigem Blick und mit Schaum vor dem Mund kämpft jeder für sich allein. Und schiebt sich in seinen gefräßigen Schlund, was immer hineinpasst, hinein.“ Mahlzeit!
a.bieler-barth@siegener-zeitung.de
SZ