Auf ein Wort
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SZ-Redakteurin Regine Wenzel.
© Quelle: SZ
„MAUL“ steht in Schwarz auf der einen, „KORB“ auf der anderen Seite der abgerockten blauen OP-Maske, ihr Träger steht vor mir im Supermarkt an der Kasse. Der arme Mann darf nichts mehr sagen, und ich muss an mich halten, denn ICH hätte ihm so einiges zu sagen. Weil ich zwischen Kräuter-Frischkäse und Bio-Bananen keine Lust auf dummes Zeug hatte, schreibe ich dem vermeintlich Mundtoten hier. Vielleicht fühlen sich auch andere angesprochen, die glauben, „die Merkel-Diktatur“ wolle sie mit ein paar Lagen Stoff zum Schweigen bringen.
Das – ist – kein – Maulkorb! Es ist eine Mund-Nasen-Bedeckung, die zum Schutz vor Ansteckung dient. Sie schützen mich und ich Sie: guter Deal. Ich bin supersicher, dass ich Sie trotz Maske verstanden hätte, wenn Sie mir Ihre Maulkorb-Theorie hätten darlegen wollen. Ihre Redefreiheit – im Wortsinn – ist durch die Maske also nicht eingeschränkt.
Ihre Meinungsfreiheit auch nicht. Ich darf Sie als Zeitungsredakteurin auf unser Leserforum hinweisen (heute auf Seite 10) und auf die Möglichkeit, sich an Ihre Bundes- oder Landtagsabgeordnete zu wenden. Oder eine Demo anzumelden. Und ich darf Sie auf unsere und all die anderen ungezählten Facebook- und sonstigen Social-Media-Seiten hinweisen, auf denen Sie sich und Ihre kruden Ideen (meine Meinung) verbreiten können – solange Sie sich nicht strafbar machen. Noch ein guter Deal.
Wer macht Sie mundtot? Wer schreibt Ihnen vor, was man noch sagen darf und was nicht? Zu Corona, zu allem? Wenn Sie die Maske als Maulkorb verstehen, haben Sie allein ihn sich angelegt. Gut sichtbar, damit ich meine, Sie seien ein Opfer. Nein. Sind Sie nicht. Ich freue mich auf Ihre Zuschrift.