"Es geht um Hilfe statt Strafe"

Brücke Siegen übernimmt Jugendgerichtshilfe: Träger hilft straffällig gewordenen Jugendlichen

Silke Menn-Quast (links), Geschäftsführerin des Brücke Siegen und Georg Ritter (rechts), Abteilungsleiter Soziale Dienste bei der Stadt Siegen mit Mitarbeitern und Beratern des Brücke Siegen e.V..

Silke Menn-Quast (links), Geschäftsführerin des Brücke Siegen und Georg Ritter (rechts), Abteilungsleiter Soziale Dienste bei der Stadt Siegen mit Mitarbeitern und Beratern des Brücke Siegen e.V..

Siegen. Es ist ein Novum in der Geschichte der Stadt Siegen. Seit dem 1. Januar 2023 wird die Jugendhilfe im Strafverfahren, auch Jugendgerichtshilfe genannt, nicht mehr von der Kommune selbst durchgeführt, sondern von einem externen Träger. Die Brücke Siegen hat die Aufgabe zum Jahresbeginn übernommen.

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„Wir waren in der Situation, dass wir personell geschrumpft sind“, erklärt Georg Ritter, Abteilungsleiter Soziale Dienste bei der Stadt, zu den Hintergründen. Kollegen seien auf die Rente zugegangen oder hätten sich intern auf andere Stellen beworben. „Wir sind auf die Situation zugelaufen, in der es kein Team mehr für die Jugendgerichtshilfe gibt.“ Dadurch habe man vor der Entscheidung gestanden, ein neues Team aufzubauen oder die Aufgabe eben an einen anderen Träger zu geben.

Brücke Siegen bekommt Zuschlag

Die Wahl fiel letztlich auf die letztere Option, die Brücke Siegen bekam den Zuschlag. „Die Ausschreibung war an große Anforderungen geknüpft, mit der Brücke arbeiten wir aber auch schon seit über 40 Jahren zusammen“, freut sich Ritter über die Lösung. „Dass ein Träger diese Aufgabe übernimmt, ist nicht unbedingt üblich“, weiß auch Silke Menn-Quast, Geschäftsführerin des Brücke Siegen e.V..

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Wichtig sei es, die generelle Arbeit des Vereins mit den Jugendlichen von der Jugendgerichtshilfe zu trennen. „Das müssen wir auch der Justiz zeigen“, betont die Geschäftsführerin. Auch innerhalb des Hauses sind die Abteilungen räumlich separiert. „Letztlich ergibt es aber total Sinn, beide Aufgaben zu haben, weil wir frühzeitig reagieren und agieren können“, so Menn-Quast.

Berater werden früh hinzugezogen

Konkret werden die Berater schon mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahren hinzugezogen, machen den Jugendlichen Gesprächsangebote. „Diese müssen aber nicht angenommen werden, das beruht auf Freiwilligkeit“, weiß Berater Bernd Maschke.

In einem möglichen Gerichtsverfahren selbst nehmen die Berater ebenfalls teil, erstellen Berichte und geben auch Einschätzungen ab, ob bei Heranwachsenden Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen soll.

Wir schauen uns die Biografie an, sehr häufig gibt es Gründe dafür.

Bernd Maschke

Über die Anwendung von Jugendstrafrecht

Schulwechsel und Beziehungsabbrüche seien beispielsweise Argumente für die Anwendung von Jugendstrafrecht. „Wir schauen uns die Biografie an, sehr häufig gibt es Gründe dafür“, betont Maschke. Mögliche Auflagen werden im Nachgang von den Beratern vermittelt und begleitet, die Durchführung überwacht.

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Hilfe steht im Jugendstrafrecht an erster Stelle

Die Hilfe sei bei Jugendlichen wichtiger als Strafe. Ein konkretes Beispiel ist ein Fall eines 19-Jährigen, der sich zuletzt vor dem Schöffengericht verantworten musste (SZ berichtete). Der vorbestrafte Mann hatte erneut eine enorme Anzahl von Straftaten produziert, unter anderem einen 16-Jährigen im Bereich der City-Galerie gegen eine Wand gedrückt, gewürgt und geschlagen.

Auch rassistische Beleidigungen gegen eine Frau kamen hinzu. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten, die Jugendgerichtshilfe pochte, wie die Bewährungshilfe, aber auch die Anwendung von Jugendstrafrecht.

Dieser Einschätzung kam das Gericht schließlich auch nach, sprach eine Verwarnung aus und gab dem Mann zahlreiche Auflagen mit auf dem Weg. Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft jedoch Berufung eingelegt, das Verfahren wird vor dem Landgericht neu gestartet. Auch dort wird die Jugendgerichtshilfe wieder dabei sein.

Ich habe noch überhaupt nichts Negatives gehört, die Rückmeldung der Justiz ist positiv.

Georg Ritter

Abteilungsleiter Soziale Dienste bei der Stadt Siegen

Doch wie ist der Start seit dem 1. Januar generell geglückt? „Ich habe noch überhaupt nichts Negatives gehört, die Rückmeldung der Justiz ist positiv“, betont Ritter. Das sehen auch die Berater selbst so. „Die Beziehungsarbeit mit den Jugendlichen läuft gut, das ist in diesem kurzen Zeitpunkt schon bemerkenswert“, zeigt Nicole Shterk auf.

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Ausschreibung für fünf Jahre

Fünf Jahre hat die Brücke Siegen nun die Aufgabe inne, dann muss die Aufgabe neu ausgeschrieben werden. Ein Zeitraum, in dem für die Berater die Arbeit mit den Jugendlichen, das Finden von Lösungen und Hilfen sowie die Rückkehr in ein möglichst straffreies Leben der Betroffenen im Vordergrund steht.

SZ

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