Warum die Preise der Antibiotika-Säfte für Kinder steigen
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Antibiotika für Kinder ist aktuell ein knappes Gut.
© Quelle: Mascha Brichta/dpa-tmn
Siegen/Bad Berleburg/Olpe. Engpässe bei Arzneimitteln bereiten Eltern seit Wochen Sorgen. Nun wird die Lage noch etwas schwieriger, wie der Apothekerverband Westfalen-Lippe mitteilt. Ein Hersteller hat die Preise seiner Antibiotika-Säfte für Kinder erhöht. Weil die Kassen aber nur bis zu einer festen Grenze die Kosten erstatten, müssen die Patienten die Differenz – unter Umständen – aus eigener Tasche bezahlen.
„Die Apotheken sind in vielen Fällen gesetzlich dazu verpflichtet, diese Mehrkosten von den Patienten zu verlangen. Wir sind an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden und haben keinerlei Spielraum, weil wir sonst aufsichtsrechtliche Konsequenzen riskieren“, bittet Ulf Ullenboom, Vorsitzender der Bezirksgruppe Olpe im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL), Eltern um Verständnis. Die Apotheke selbst habe nichts von diesen Mehrkosten.
Apotheken finden vor Ort in der Regel Lösungen bei Engpässen
In aller Regel würden die Apotheken vor Ort in Absprache mit den Ärzten im Falle von Engpässen Lösungen finden, so Ullenboom. „Das wird allerdings immer schwieriger“, fügt er hinzu. Es dürfe jedoch nicht sein, dass Familien künftig zusätzlich belastet würden. Dies könne insbesondere für einkommensschwache Eltern in der aktuellen Situation zu einem Problem werden – „neben der Sorge um ihr krankes Kind“, so Ullenboom.
Die Lieferengpässe machen aber auch deutlich, dass die Arzneimittelversorgung nicht den uneingeschränkten Kräften des Marktes ausgesetzt werden darf.
Ulf Ullenboom, Vorsitzender der Bezirksgruppe Olpe im Apothekerverband Westfalen-Lippe
Das Beispiel zeigt, wie der Kostendruck im Gesundheitswesen Lieferengpässe verursacht. Weil es angesichts steigender Produktionskosten unwirtschaftlich wird, das Arzneimittel zu den von den Kassen bezahlten Festbeträgen zu produzieren und zu vertreiben, sieht sich ein Hersteller hier gezwungen, die Preise zu erhöhen. In anderen Fällen – etwa bei den Fiebersäften - ziehen sich Markteilnehmer aus der unrentablen Produktion kurzerhand zurück. „Die Lieferengpässe machen aber auch deutlich, dass die Arzneimittelversorgung nicht den uneingeschränkten Kräften des Marktes ausgesetzt werden darf“, fügt Ullenboom hinzu.
Minister Karl Lauterbach in der Pflicht
Aus gutem Grund gebe es bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eine Preisbindung. „Wohin freie Preise im Gesundheitswesen führen können, haben wir zu Beginn der Corona-Pandemie erlebt, als Masken und Desinfektionsmitteln knappe Güter waren und die Preise dafür explodiert sind.“ Er begrüßt, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach aktuell an Lösungen arbeitet, um Lieferengpässe einzudämmen.
Vor allem im Sinne der Patienten müsse schnell Abhilfe geschaffen werden. „Aber auch im Sinne der Apotheken“, fügt Ullenboom hinzu. Denn das Management der Engpässe habe in den vergangenen Jahren in einer Apotheke geschätzt Aufwände in Höhe von durchschnittlich 15.000 Euro pro Jahr verursacht. Zuletzt habe sich der Aufwand aber nochmal deutlich gesteigert.
Bei jedem zweiten Rezept gibt es Schwierigkeiten
Aktuell gebe es bei jedem zweiten Rezept Schwierigkeiten aufgrund von Lieferengpässen, so die Rückmeldungen aus den Apotheken. „Dieser hohe Mehraufwand wird uns aber durch die Krankenkassen nicht vergütet. Kein Handwerker oder irgendein anderer Unternehmer würde einen solchen Mehraufwand auf sich nehmen, wenn er ihn nicht auch vergütet bekäme“, so Ullenboom. Hier müsse die Politik eine Lösung finden. „Noch besser wäre allerdings, wir hätten keine Lieferengpässe und könnten diese Arbeitsstunden für die Versorgung und Beratung der Patienten nutzen.“