Frauen fehlen länger im Job als Männer
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Immer mehr Menschen fallen im Job wegen einer psychischen Erkrankung aus.
© Quelle: Pixabay
sz/tile Siegen. Die Ausfallquote im Job aufgrund einer psychischen Erkrankung hat 2020 in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht. Laut DAK-Psychreport, für den Daten von 2,4 Millionen Versicherten analysiert wurden, gab es im Corona-Jahr rund 265 Fehltage je 100 Versicherter und somit vier mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2010 bedeutet dies eine Zunahme um 56 Prozent. Auch die durchschnittliche Dauer einer psychischen Erkrankung erreichte mit 39 Tagen einen neuen Rekordwert. Depressionen verursachten den größten Teil der Fehltage (106 je 100 Versicherte), gefolgt von Anpassungsstörungen als Reaktion auf ein belastendes Lebensereignis (64 Tage je 100 Versicherte). Besonders auffällig: Der Anstieg der Fehlzeiten insgesamt betrifft fast ausschließlich Frauen, die Anzahl der Fälle sank von 9,3 auf 8,8 je 100 Versicherte (Männer: 5,1 Fälle).
Frauen fehlen häufiger wegen psychischer Erkrankung
Frauen fielen demnach 2020 im Schnitt 3,4 Tage wegen einer psychischen Erkrankung für die Arbeit aus (2019: 3,3 Tage). Männer fehlten konstant zum Vorjahr durchschnittlich 2,0 Tage. Nach Angaben der DAK setze sich damit der Trend fort, dass Frauen aufgrund psychischer Probleme länger im Job fehlten als Männer, weiter fort. Die bundesweiten Zahlen seien ein Spiegelbild der Situation vor Ort, sagt Frank Filipzik, stellv. Geschäftsführer der DAK Gesundheit in Siegen für das gesamte Kreisgebiet. „Die Zahlen steigen auch hier weiter an. Das gilt auch für den hohen Frauenanteil.“ Im Corona-Jahr seien die Länge der Pandemie und die Kontaktreduzierungen sicher ein Faktor gewesen. „Das sagen uns auch die Psychotherapeuten, die während des Lockdowns insgesamt aber weniger behandeln konnten. Therapien mussten unterbrochen werden.“
Konstanter Anstieg seit Jahrzehnten
Nur das Covid-19-Virus für die Zunahme psychischer Erkrankungen als Erklärung heranzuziehen, sei „nicht seriös“, sagt Dr. Heiko Ullrich, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Kreisklinikum Siegen. „Seit Jahren verzeichnen wir einen regelhaften Anstieg.“ Die Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) 2011 belege, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung aufweise. Die folgende Entstigmatisierung führe zu den jährlich steigenden Zahlen. „Die Menschen trauen sich heute eher, sich behandeln zu lassen“, so der Chefarzt. Noch könne man die Auswirkungen von Corona nicht genau absehen. Aber: „Ein Tsunami an psychischen Erkrankungen ist nicht erkennbar“, das habe zuletzt eine repräsentative britische Studie gezeigt. Im Kreisklinikum sei zu beobachten, dass die stationäre Belegung im Lockdown zunächst stark gesunken sei. Nach der ersten Lockerung oder bei aktuell sinkenden Inzidenzwerten nähmen diese sprunghaft zu.