"Kirche Kunterbunt" unterwegs auf Pippis Spuren
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Kinderbibelwochen bieten dem Nachwuchs spielerisch die Möglichkeit, von Jesus zu erfahren. Mama und Papa, Oma und Opa sind aber, anders als bei der "Kirche Kunterbunt", nicht dabei. In der Kreuztaler Kibiwo dreht sich diesmal viel um das Element Wasser. Auch, weil sich dazu in Coronazeiten Exkursionen in Gottes Natur anbieten. Hier standen zum Beispiel Vertrauensspiele auf dem Programm.
© Quelle: bjö
nja Kreuztal/Siegen/Wilnsdorf. Wenn im abgedunkelten Heizungskeller des ev. Gemeindezentrums am Rödgen Knallerbsen explodieren, Jungs und Mädels laut jauchzend um den Altar toben oder mit ihren Eltern draußen vor der Tür mit Wasserpistolen auf Dosen zielen, dann klingt das im ersten Moment recht chaotisch. Und genau so soll es auch sein: "Wir wollen zeigen, dass Kirche nicht immer ernst sein muss, dass das Gemeindeleben Spaß bietet", sagt Cordelia Birringer. "Frech, wild und wundervoll", so umschreibt die Gemeindeschwester der ev.-ref. Kirchengemeinde Rödgen-Wilnsdorf ein recht junges Angebot, das sich langsam im Siegerland ausbreitet.
Mit der "Kirche Kunterbunt", in Anlehnung an Pippi Langstrumpfs legendäre Villa, in der konventionelle Regeln tabu waren, sprechen ev. Gemeinden Familien niederschwellig an. Auch solche, die bislang wenig oder gar nichts mit "Kirche" zu tun hatten. Fünf Grundwerte sind dabei wichtig: Kirche Kunterbunt möchte gastfreundlich sein, Generationen übergreifend, kreativ, fröhlich feiernd, und sie behält dabei Jesus immer im Zentrum des Geschehens. Der Glaube an Christus kommt nicht belehrend daher, sondern soll Gemeinschaft stiften. Biblische Geschichten werden jedermann verständlich nahe gebracht. Wie fühlte es sich auf der Arche Noah an? Wie "funktioniert" Beten? Was bedeutet Salben? Die Fragen dürften so schnell nicht ausgehen ...
Bibelarbeit mit Spaßfaktor
Was in Wilnsdorf schon seit 2019 für wachsenden Zulauf sorgt und in Freudenberg bereits Fuß gefasst hat, soll in naher Zukunft auch in Kreuztal und Siegen Familien anziehen und begeistern. Nicht in allen Gemeinden gibt es gesonderte Kindergottesdienste. "Für viele Familien bedeutet es Stress, wenn ihr Kind sonntags im Gottesdienst still sein muss. In der Chaos-Kirche ist dies anders", sagt Kreuztals Pfarrer Thies Friederichs: "Dies ist dann eine Kirche für Kinder, und wir Erwachsene sind mit dabei." Am 3. Mai, 18.30 Uhr, soll das Projekt in der Kreuzkirche vorgestellt und gemeinsam entwickelt werden.
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Erstmals seit 2019 fand diese Woche wieder eine Kinderbibelwoche in der Kirche statt. Fester Bestandteil auch diesmal: das morgendliche Anspiel der jungen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer.
© Quelle: nja
Chaos-Kirche – diesen Begriff hat sich der Kreuztaler nicht ausgedacht. Die Idee zu dieser Form des Miteinanders schwappte aus England auf den Kontinent und breitet sich auf der Insel seit 2004 unter der Überschrift "Messy Church" (chaotische Kirche) aus. In der Kreuzkirche läuft gerade die Kinderbibelwoche. Hier dreht sich für die Fünf- bis Elfjährigen diesmal alles um das lebenswichtige Element Wasser. Erzählt werden Geschichten von Jesus und Petrus. Vom großen Fischfang. Und vom wilden Sturm auf dem See, in den die Jünger geraten. Von Vertrauen und der Kraft der Liebe. Es ist die erste "Kibiwo" seit Beginn der Pandemie, die in dem Gotteshaus stattfindet. Den Kindern wird viel Abwechslung geboten. "Aber die Eltern, Oma und Opa oder Tanten und Onkels sind nicht mit dabei", erklärt Thies Friederichs den Unterschied zur "Kirche Kunterbunt". Dort steht das gemeinsame Erleben im Vordergrund.
Holpriger Start dank Corona
Im Süden des Siegerlands öffnet sie nun etwa alle zwei Monate sonntagnachmittags in der Trinitatiskirche Niederdielfen ihre Pforte. Der Anfang hier war mehr als holperig. Und das lag allein am Coronavirus. "Euphorisch sind wir im November 2019 mit einer Handvoll Familien gestartet. Im März 2020 sollte es weitergehen. Dann aber kam die Pandemie", erinnert sich Cordelia Birringer, die den Ball mit Pfarrer Christoph Otminghaus ins Rollen gebracht hatte. In der Gemeinde nämlich startet der Konfirmandenunterricht in der dritten Klasse, bevor es in der "Achten" weitergeht. Um die Teenager in der Zwischenzeit nicht zu verlieren, so der Gedanke, "müssen wir ihnen etwas bieten". Dies scheint zu gelingen: Mittlerweile wuseln rund 70 Leute durch die "Kirche Kunterbunt". Es wird gebastelt, gesungen, experimentiert und gespielt, es gibt eine Andacht und Gespräche beim gemeinsamen Essen.
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Der ev. Kirchenkreis Siegen lud 2020 zum Thementag "Kirche Kunterbunt" ein. Beim Basteln kamen Siglinde Czenkusch, Kita-Leiterin aus Olpe (2.v.r.), und die anderen Teilnehmerinnen ins Gespräch über die Geschichte der Arche Noah.
© Quelle: Kirchenkreis
Jeder Tag steht unter einem Motto. Im Corona-Lockdown setzten die Wilnsdorfer viermal auf "Drive-in-Gottesdienste". Bei der Premiere fuhren 16 Autos auf den Wildener Kirchplatz, Familien sangen gemeinsam im Auto, erhielten Tüten mit Bastelmaterialien und Leckereien. Im Mai 2021 dann stand besagter Kunterbunt-Tag mit Knallerbsen und Wasserspritzen an. "Hier drehte sich alles um Psalm 23", erinnert sich Cordelia Birringer. Der Rödgener Heizungskeller wurde mit schwarzer Folie ausgekleidet. "Das war das finstere Tal, das es zu durchwandern galt." Hier konnten die Familien Gott ihre Ängste erzählen und sich derer mit lautem Krachen entledigen. Vor der Tür wurden Dosen mit Schafsköpfen beklebt: "Sie wurden spielerisch getränkt", erklärt die Gemeindeschwester den Einsatz der Spritzpistole. Birringer lacht: "Wir wollen lebendig sein, wuselig und laut: Das haben wir geschafft." Jüngst, so erzählt sie, sei ihr im Ort ein Mädchen begegnet. "Sie sagte: Ich kenne dich von der Kirche Kunterbunt! Was machen wir beim nächsten Mal? Ich will wissen, worauf ich mich freuen kann!"