Ein Abschied, der schwerfällt

Auf Wiedersehen, Ted Lasso! – Kommt der Supercoach für eine vierte Staffel zurück?

Es geht um den Glauben an sich selbst und das Team: FC-Richmond-Coach Ted Lasso (Jason Sudeikis, Mitte) und seine Co-Trainer Willis Beard (Brendan Hunt, links) und Roy Kent (Brett Goldstein) in der Umkleidekabine des Vereins. Szene aus der Apple+-Serie „Ted Lasso“, die am Mittwoch (31. Mai) zu Ende ging. Ob wirklich für immer, ist noch offen.

Es geht um den Glauben an sich selbst und das Team: FC-Richmond-Coach Ted Lasso (Jason Sudeikis, Mitte) und seine Co-Trainer Willis Beard (Brendan Hunt, links) und Roy Kent (Brett Goldstein) in der Umkleidekabine des Vereins. Szene aus der Apple+-Serie „Ted Lasso“, die am Mittwoch (31. Mai) zu Ende ging. Ob wirklich für immer, ist noch offen.

Artikel anhören • 7 Minuten

„Ted Lasso“ hat alle glücklich gemacht: sein Team, das Management, die Kneipenwirtin, am Ende auch die Fans, deren harte Anwürfe wie „Wichser!“ ja nie so gemein gemeint waren. Vor allem aber hat er uns Zuschauer in Happy-go-Lucky-Wesen verwandelt. Keine Serie war in diesen Endzeiten so gelungenes Gutfühlfernsehen wie die Serie über den amerikanischen College-Football-Trainer Ted Lasso, der von einer abservierten Milliardärsgattin, die es ihrem untreuen Ex heimzahlen will, angeheuert wird, die Premier-League-Mannschaft des FC Richmond zu coachen und sie via Ahnungslosigkeit in den Abgrund zu führen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Aus Hass und Rachsucht wurde in „Ted Lasso“ brüderliche Liebe

Wir wissen: Aus Hass und Rachsucht wurde brüderliche Liebe. Aus Stress wurde Laissez-faire. Aus dem urkomischen Drama stellenweise fast ein Musical. Der Teamgeist wuchs, die Siege kamen nicht über Nacht, aber sie kamen, und die Rückschläge wurden besser verkraftet. Ted Lasso, gespielt von Stoffentwickler Jason Sudeikis mit treuherzigen Augen und dem einzigen Schnauzbart, den man jede Woche wiedersehen wollte, war der Beweis, dass Gutsein eine Kettenreaktion des Guten auslösen kann. Das sanfteste Lasso der Welt hatte sich schon nach der ersten Folge der ersten Staffel um unsere Seele gelegt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Am gestrigen Mittwoch hat Apple TV+ die zwölfte und finale Folge der dritten Staffel online gestellt. Die galt lange als letzte Staffel, eine offizielle Stellungnahme des Streamingdienstes mit dem Logo des angeknusperten Apfels blieb allerdings bislang aus. Und so schießen seit einigen Tagen Spekulationen ins Kraut, es könne doch noch eine vierte Staffel geben.

Man will immer wissen, wie es mit geliebten Figuren weitergeht

Natürlich will man immer wissen, wie es mit geliebten Serienhelden weitergeht. Solange sie nicht am Ende aller Staffeln tot am Boden liegen, könnte man als Zuschauer etwas verpassen. Man muss beispielsweise wissen, ob der Anwalt Perry Mason wieder heil aus dem Gefängnis kommt, in das er in der vorigen Woche am Ende der zweiten Staffel Einzug hielt. Was wahrscheinlich in der dritten Staffel der Anfang der Dreißigerjahre spielenden Anwaltsserie aufgelöst werden wird.

Und man hofft sehr, dass die zuletzt wankelmütigen und dem Publikum gegenüber rücksichtslosen Verantwortlichen von HBO, die so manche Serie mittendrin kippten, ein Einsehen haben werden und Mason nicht einfach im Knast versauern lassen.

Geschichten sollen nicht aufhören, wenn es am schönsten ist

Wehmut erfüllt den Liebenden bei lang geplanten Abschieden. Es ist uns, als hätten diese fiktiven Charaktere ein Leben wie wir, nur eben spannender und amüsanter, und als würden die ungerührten Drehteams von Serien nur ihre Apparaturen abbauen, während die Protagonisten ohne uns weitere Abenteuer erleben. Jean-Luc Picard war in der dritten und von vornherein als letzte vorgesehenen Staffel von „Star Trek: Picard“ noch einmal im Captainsessel der alten Enterprise gesessen – was soll da noch Großes kommen?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Aber todsicher erlebt der Alte gerade jetzt, während Sie diese Zeilen lesen, sein größtes Abenteuer – und wir sind nicht dabei. Es gibt ein tiefes Bedürfnis, dass Geschichten nicht aufhören, wenn es am schönsten ist. Dass sie niemals aufhören.

Es gibt noch unerreichte Ziele – eine Staffel ginge also noch

Natürlich – roter Spoileralarm! – ist am Ende von „Ted Lasso 3″ der FC Richmond mit dem Schlussspiel der Saison trotz eines 3:2-Siegs gegen West Ham nicht Meister geworden, was aber zuvörderst an Manchester City lag und nicht an der eigenen Doofheit (wie am vorigen Wochenende, als Dortmund die deutsche Meisterschaft an den Ewigersten FC Bayern München vergeigte).

Man könnte also noch eine Staffel dranhängen, in der auch dieses Ziel noch erreicht würde (gähn!). Ted Lasso, dessen Heimwehdepression überwältigend war und der jetzt zu Hause in Amerika mit den Klassenkameraden seines schwer vermissten Söhnchens im Dienste des Fußballs steht, könnte erst – es deutet sich an – seine geliebte Michelle wiedererobern. Und dann könnte er mit der ganzen Familie nach London zurückkehren, so wie ihm das Vereinschefin Rebecca (die großartige Hannah Waddingham) in der bewegendsten Szene der ganzen Serie vorgeschlagen hat.

Besser geht’s nicht - am Ende von Staffel 3 ist alles märchenhaft gut

Ted würde weiterhin seine köstlichen Biscuits backen, der enge Zirkel der „Diamond Dogs“ würde weiterhin nach einleitendem Geheule private Probleme zu lösen versuchen, Jamie Tart und Roy Kent würden wieder um ihre geliebte süße Selfmadefrau Keeley buhlen, die dann – wie angekündigt – gemeinsam mit Rebecca die Damenmannschaft von Richmond aufbauen würde.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Aber die Fans, an die 49 Prozent des Vereins verkauft wurden, wären nicht mehr so herrlich aggro, weil sie jetzt als Miteigner mehr Verantwortung tragen als für das Pint in ihrer Hand und das schmutzige Vokabular aus ihrem Mund. Milliardär Rupert hat sich mit einer Art SS-Mantel und Grobheiten an der Trainerbank für immer unmöglich gemacht. Seine Ex Rebecca hat in den letzten Minuten unverhofft den sympathischen Hausbootmann aus Amsterdam wiedergetroffen, und ihre Chancen auf einen liebevollen Neubeginn stehen nicht schlecht.

Zum Schluss hat Ted Lasso sogar sich selbst glücklich gemacht

Und der schwule Spieler Colin hat seinen Liebsten nach dem Sieg über West Ham endlich offen auf dem Platz geküsst und der Homophobie im Fußball furchtlos den Mittelfinger gezeigt. Alle Höhepunkte sind erklommen worden. Mit Roy, Coach Beard (der Willis heißt, wie wir auch erst am Mittwoch erfuhren) und dem reuevoll zurückgekehrten kurzzeitigen Fußball-Darth-Vader Nate ist ein tolles Trainerteam aufgestellt, sodass es gar keinen Platz für Ted mehr in Richmond gibt.

Ted Lasso hat ganz zum Schluss auch sich selbst glücklich gemacht. Sogar das im Zorn zerrissene „Believe“-Plakat hängt als zusammengeklebtes Papiermosaik wieder in der Umkleidekabine. Und der Abschiedstanz des Teams beim finalen Training war der endgültige Durchbruch des Comedydramas ins Musicalfach – tolle Choreographie by the way!

Mehr Ende geht nicht! Was soll noch kommen?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Das Stream-Team

Die besten Serien- und Filmtipps für Netflix & Co. – jeden Monat neu.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

„Ted Lasso“ ohne Ted Lasso geht nicht – ein Spin-off aber schon

Nun, Serienfabrikanten melken erfolgreiche Stoffe für gewöhnlich bis zum letzten Tropfen. Aber Apple TV+ wird Ted Lasso gewiss nicht unter fadenscheinigem Vorwand zurück nach merry old England holen. Das Zögern der Apples könnte allerdings auf ein „Ted Lasso“ ohne Ted Lasso hinweisen, auf eine Spin-off-Serie, ein „Kick It Like Lasso“ oder „The Richmond Way“, wie das Vereinsbuch hieß, das der Journalist Trent Crimm in der letzten Staffel über die drei Jahre mit dem Ami schrieb. Bitte nicht!

Es wäre ein Erzählen über das Ende hinaus. So aber werden Geschichten nicht erzählt. Erzähler entlassen ihre Figuren irgendwann aus der Aufmerksamkeit des Publikums, egal wie sehr die Leute heulen, und schließen die Vorhänge, durch die wir auf ihr Leben blicken konnten.

Zieht Apple TV+ sie doch wieder auf, wird es allerdings – wenn schon nicht gut – so doch immerhin bestmöglich werden. Dafür steht dieser Streamingdienst, der – mehr als alle Konkurrenten – nach wie vor die Flagge des Niveaus gehisst hat. Long live Quality-TV!

„Ted Lasso“, drei Staffeln, von Jason Sudeikis, Bill Lawrence, Brendan Hunt, Joe Kelly, mit Jason Sudeikis, Hannah Waddingham, Brett Goldstein, Juno Temple, Jeremy Swift, Phil Dunster (bei Apple TV+)

Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken