ZDF-Krimireihe: „Was wir verbergen“ mit Kommissarin Katharina Tempel
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Gemeinsam mit Dela Tahiri (Hanife Sylejmani, M.) und Georg König (Stephan Szász, l.) nimmt Katharina Tempel (Franziska Hartmann, r.) die Arbeit an ihrem ersten Fall als Kriminalkommissarin auf in dieser Szene des Krimidramas "Was wir verbergen".
© Quelle: Georges Pauly/ZDF/dpa
Vom ersten Moment der ZDF-Serie „Neuland“ an war die Berufssoldatin Karen Holt in etwa so reizend wie ihre Knobelbecher. Dass sie dennoch im Bett eines hübschen Mannes landet, lag Ende 2022 aber nicht nur am Mut von Orkun Ertener (Buch) und Jens Wischnewski (Regie), Genreregeln zu brechen. Verantwortlich dafür war auch Holts Darstellerin: Franziska Hartmann.
Seit ihrem Durchbruch im Psychodrama „Über Barbarossaplatz“ zählt sie zur erweiterten Bildschirmoberschicht. Keine sieben Jahre ist es also her, dass die Enddreißigerin aus Münchens Speckgürtel den Fokus von Hamburgs Thalia-Theater vor die Kamera verlagerte. Seither spielt sie obdachlose, inhaftierte, missbrauchte, desperate und dabei aufsässige Mütter, Frauen, Avatare der passiv aggressiven Leistungsgesellschaft mit einer Dringlichkeit, die das soziale Geschlecht förmlich pulverisiert.
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Franziska Hartmann: Schauspiel ohne viel Worte
Und damit zu Katharina Tempel, Titelfigur einer neuen Krimireihe im ZDF. Und wer hier ein Déjà-vu spürt: Die LKA-Beamtin hatte an gleicher Stelle zwei Gastauftritte bei ihrer Kollegin Helen Dorn. Jetzt ermittelt sie bei der Kripo Hamburg und kriegt es im Auftaktfall „Was wir verbergen“ mit der Entführung zweier Ärzte zu tun, die eine Kinderwunschpraxis mit Abtreibungsoption betreiben. Aber während erste Spuren auf Fanatiker hindeuten, folgt die Neue neben Kommissar König (Stefan Szász) eher ihrem Instinkt als Indizien.
Dieses Gespür jedoch kennzeichnet den zentralen Charakter in Elke Rösslers Drehbuch nur am Rande. Während Regisseurin Francis Meletzky ihre Who-dunnit-Story mit Stereotypen von „Wo waren Sie gestern früh?“ bis „Wir müssen am Ehemann dranbleiben“ erzählt, wertet Franziska Hartmann Katharina Tempel durch etwas anderes auf: ein Mienenspiel, das kaum Worte braucht, deshalb auch nur die nötigsten nutzt, aber jedes davon mit einer ungeheuren Intensität versieht.
„Kombination aus Leichtigkeit und Abgründen“
Ihr Kiefer allein bringt in fünf Sekunden mehr zum Ausdruck als Heino Ferchs ganzer Muskeltonus in vier Dreiteilern. Hartmanns Stirnfalte, der bockig vorgewölbte Mund, dieser angriffslustig verletzliche Blick – alles am Gesicht der Schauspielerin ist ständig am Kommunizieren, alles daran deutet aber zugleich darauf hin, dass die Frau hinter dem Gesicht eigentlich ihre Ruhe haben will. Sie ist Niemandes Liebling, und alles an ihr ist vielschichtig genug, um die Eindimensionalität der Erzählung abzufedern.
Denn niemand kann wie Hartmann Angriffslust, Verzweiflung, Starrsinn und Angst in einen Trotz verwandeln, der Feinde einschüchtert und Freunde umarmt. „Mir gefällt, dass die Kommissarin absolute Erfüllung in ihrem Job findet und ambivalent in ihrem privaten Familienglück ist“, erklärt Hartmann Tempels beeindruckende „Kombination aus Leichtigkeit und Abgründen“. Letztere gibt es schließlich zuhauf. Klar. Wir befinden uns im deutschen Primetime-Krimi. Da schleppen alle Dämonen mit sich herum.
Einer davon ist, um nur das Nötigste zu verraten, Florian Stetter als Tempels unerträglich netter Gatte Volker, dessen dunkles Geheimnis zwar konstruiert wirkt, aber egal: Wichtiger ist, wie die zweifache Mutter das scheinbare Familienidyll ihrer Figur in ein fragiles Kammerspiel verwandelt, das keine Mätzchen und Marotten, Milchtüten unterm Schreibtisch oder Reibereien unter Kollegen benötigt. Nur konzentriertes, hochenergetisches, rätselhaft vieldeutiges Schauspiel. Es ist Franziska Hartmanns Alleinstellungsmerkmal.