Tausende pilgern zum Kloster
Anziehungskraft der Wallfahrt ist ungebrochen

- Prominenter Gast: Georg Bätzing hat zum zweiten Mal die große Pilgermesse zelebriert, diesmal aber als Vorsitzender Deutschen Bischofskonferenz.
- Foto: Daniel Montanus
- hochgeladen von Michael Sauer
damo Marienstatt. Die katholische Kirche steckt tief in der Krise: Die Mitglieder kehren ihr in Scharen den Rücken, die Gotteshäuser werden immer leerer, der Vertrauensverlust durch die schleppende Aufarbeitung der Missbrauchsfälle ist immens. Aber von all dem ist in Marienstatt nach wie vor nichts zu spüren: Die Anziehungskraft des großen Wallfahrtstags ist ungebrochen. Auch diesmal wieder haben sich die Menschen teils schon bei Sonnenaufgang auf den langen Weg gemacht, um zum Zisterzienserkloster zu pilgern. In Dutzenden haben sie im stillen Gebet am Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes innegehalten, und die Pilgermesse hat Bischhof Georg Bätzing vor Tausenden Gläubigen zelebriert.
Aber wie ist das zu erklären?
damo Marienstatt. Die katholische Kirche steckt tief in der Krise: Die Mitglieder kehren ihr in Scharen den Rücken, die Gotteshäuser werden immer leerer, der Vertrauensverlust durch die schleppende Aufarbeitung der Missbrauchsfälle ist immens. Aber von all dem ist in Marienstatt nach wie vor nichts zu spüren: Die Anziehungskraft des großen Wallfahrtstags ist ungebrochen. Auch diesmal wieder haben sich die Menschen teils schon bei Sonnenaufgang auf den langen Weg gemacht, um zum Zisterzienserkloster zu pilgern. In Dutzenden haben sie im stillen Gebet am Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes innegehalten, und die Pilgermesse hat Bischhof Georg Bätzing vor Tausenden Gläubigen zelebriert.
Aber wie ist das zu erklären? Warum sind beim Katholikentag in Stuttgart vor einigen Wochen die Besucherzahlen eingebrochen, in Marienstatt aber nicht? Es ist schwer, die Motivation eines jeden Pilgers wiederzugeben, aber in Summe dürften wohl drei Faktoren den Reiz der Wallfahrt ausmachen. Erstens ist Marienstatt nicht Rom: Die Menschen differenzieren. "Natürlich werden auch wir bisweilen mit dem allgemeinen Urteil konfrontiert, aber die Mehrheit der Menschen erlebt Marienstatt anders", meint Prior Pater Martin. Zweitens gibt die Wallfahrt den Menschen das, was Kirche ihnen geben sollte: eine Gemeinschaft lebendigen Glaubens. Und drittens spielt auch die Tradition eine Rolle: Manche Pilger haben seit Jahrzehnten an jedem Oktavtag von Fronleichnam das Kloster Marienstatt besucht.
Wallfahrt zur Abtei Marienstatt: Bischof Georg Bätzing zu Gast
Dass die Menschen wegen des prominenten Gasts gekommen sind, wird hingegen kaum zutreffen: Auch ohne den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz wäre der Hof der Abtei voll gewesen. Aber dass Georg Bätzing das Pontifikalamt gehalten hat, hat die Wallfahrt für die Pilger noch schöner gemacht. Zum einen, weil Bätzing, der aus Niederfischbach stammt, nach wie vor in der Region verwurzelt ist: Er hat die Gläubigen in der Messe mit "Gemorje" begrüßt, mit unzähligen Pilgern geredet, Hände abgeklatscht und geschüttelt. Zum anderen aber auch, weil Bätzing vielen Katholiken im AK-Land als Hoffnungsträger in einem überfälligen Reformprozess gilt. "Die Kirche würde mehr Leute wie ihn brauchen", sagte eine Pilgerin während des Gottesdiensts zum SZ-Redakteur.

- Höhepunkt der Wallfahrt am Oktavtag von Fronleichnam: das Pontifikalamt auf dem Marienstätter Abteihof.
- Foto: Daniel Montanus
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Mit seiner Predigt hat Bätzing seine Rolle als Reformer erneut untermauert. Mit Bezug auf die Marienstätter Pietà kam er erst auf die Ukraine zu sprechen: "Mütter verlieren ihre Kinder", mahnte er, "dieser Krieg muss aufhören". Dann aber stellte er das Bild der Schmerzhaften Muttergottes in den Kontext der Kirche: "Die Mutter Kirche verliert ihre Kinder − massenhaft." Die Zahl der Kirchenaustritte sei erschreckend, mahnte der Bischof von Limburg. "Wir sind selbst schuld", sagte er und verwies unter anderem auf den "Albtraum" des Missbrauchsskandals. Seine Schlussfolgerung: "Diese Kirche muss anders werden, und dafür steht der Synodale Weg." Die Macht innerhalb der katholischen Kirche müsse anders verteilt werden, die Kirche müsse einen anderen Umgang mit Menschen unterschiedlichster sexueller Orientierung finden. Und vor allem: "Die Rolle der Frau in der Kirche muss eine andere werden. Ich kann nicht sehen, dass wir Christus untreu würden, wenn Frauen ein Zugang zu sakramentalen Ämtern gewährt würde." Das Publikum honorierte diese Botschaft mit langanhaltendem Applaus.

- Eine Kerze am Altar der Schmerzhaften Muttergottes anzünden: Für viele Gläubige aus dem AK-Land ist das ein festes Ritual am Wallfahrtstag.
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Also: Auch nach zwei Jahren Corona-Pause und trotz vieler innerkirchlicher Konflikte funktioniert die Wallfahrt nach wie vor. Bleibt aber die Frage: Wie lange noch? Denn mittlerweile besteht das Kloster nur noch aus 14 Brüdern, "und nur zwei von uns sind unter 60", berichtet Pater Martin. Ein neuer Abt wird nach der Verabschiedung von Pater Andreas erst einmal nicht gewählt, das Kloster wird die nächsten beiden Jahren unter der Aufsicht eines Administrators stehen. "In dieser Zeit müssen wir herausfinden, wie es mit Marienstatt weitergeht", sagt Pater Martin. Noch ist nichts entschieden, aber die Signale, teils sogar aus der Nachbarschaft (Stichwort: Bruche), sind besorgniserregend. Das weiß auch Georg Bätzing: "Wir brauchen Marienstatt. Aber wenn es niemanden gibt, der hier leben und Mönch werden will, wird Marienstatt keine Zukunft haben."
Autor:Daniel Montanus (Redakteur) aus Betzdorf |
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