Abschied von Musik und Gesang
Gruppe im Heimatverein fand keinen Nachwuchs / Letzte Auftritte von und für Senioren
avb Netphen. Das Jahr nähert sich seinem Ende, und mit ihm wird auch die Musik- und Gesangsgruppe des Heimatvereins Netpherland gehen. Nach fast 27 Jahren gemeinsamen Musizierens löst sich die Gruppe schweren Herzens auf. Seit längerem hatte sie mit Nachwuchsmangel zu kämpfen. »Wir sterben allmählich aus«, so drückt es Gründungsmitglied Margret Decker aus – die meisten Mitglieder sind schon lange Rentner. »Mit Taschentüchern und Tränen« habe man daher in einer letzten Montagsprobe Abschied gefeiert.
Bei der Seniorenfeier der ev.-ref. Kirchengemeinde Netphen in der Georg-Heimann-Halle und bei der Adventsfeier der Netphener Wandersenioren traten die verbleibenden Sänger und Musikanten zum letzten Mal auf und begeisterten mit ihren frischen Volksliedern. »Uns tut es sehr, sehr leid, dass wir aufhören müssen«, so Decker: »Wir waren eine herrliche Gruppe.«
Gegründet wurde die Musik- und Gesangsgruppe im Februar 1976 auf Initiative von Manfred Schröder. Sie schloss sich dem Heimatverein ein. Als dieser einen Monat später sein fünfjähriges Bestehen feierte, gab die Musik- und Gesangsgruppe unter Leitung von Erich Wickel mit einigen Volksliedern gemeinsam mit den »Geschwistern Egerer« ihr Debüt. Sie schien mit ihrer Musik eine »Marktlücke« getroffen zu haben. Die Gruppe wuchs und gedieh, wurde immer wieder zu Festen eingeladen und reifte unter Dirigat von Martin Wittpohl zu einem Klangkörper heran, der die Netphener Kulturszene mit prägte.
Zu ihren besten Zeiten gehörten der Musik- und Gesangsgruppe knapp 50 aktive Mitglieder an, und bis zu 14 Instrumentalisten spielten mit. Akkordeon, Mandoline, Gitarre, Geige und Kontrabass gaben den Volksliedern einen frischen Schwung. Die fröhlichen Musikanten trugen auch Sketche vor: »Wir konnten gut zwei Stunden Programm machen«, so Decker. Auftritte führten die Gruppe auch aus dem Siegerland hinaus, bis nach Ostfriesland, nach Österreich sowie zur Bundesgartenschau nach Bonn. Mit ihren Konzerten war die Gruppe in der Lage, die damalige Kulturhalle zu füllen. Für Auftritte in Krankenhäusern und bei Altenfeiern nahmen sich die Sänger und Musikanten ebenfalls gern Zeit.
Als Martin Wittpohl 1985 starb, übernahm für vier Jahre Hermann Irle die Leitung, dann sprang Horst Göllner ein. Ein voller Erfolg in der ausverkauften Kulturhalle wurde 1994 noch einmal ein großer Volkslieder-Abend gemeinsam mit den »Blauen Jungs aus Eckernförde«. Dann wuchsen die Zukunftssorgen der Musik- und Gesangsgruppe. Das Durchschnittsalter lag bei etwa 60 Jahren, jüngerer Nachwuchs fehlte. Ab 1996 mussten die Aktivitäten zurückgeschraubt werden. 1999 wurde Horst Göllner in den Ruhestand verabschiedet. Die Auftritte der Gruppe beschränkten sich bereits auf Altenfeiern, runde Geburtstage, einen Beitrag zum Ferienprogramm sowie das Petersplatzfest. Es stellte sich erstmals die Frage, ob die Gruppe aufgelöst werden sollte.
Dann fand man jedoch noch einmal einen Dirigenten. Der 30-jährige Stefan Jud aus Neunkirchen ging mit großem Ehrgeiz zu Werk und versuchte, den Leistungswillen der Musik- und Gesangsgruppe wieder zu wecken. Das gelang ihm bei dem vorhandenen Altersdurchschnitt nicht, und Ende 2000 musste sich die Gruppe auch aus finanziellen Gründen bereits wieder von ihm trennen. Nun stand sie führungslos da und ging so in ihr Jubiläumsjahr. Man ließ sich bitten, man raufte sich zusammen, Leo Büdenbender aus den eigenen Reihen nahm das Heft in die Hand, und so ging es immer noch ein Stückchen weiter, aber nicht bergauf. Daher haben sich die Sänger und Musiker jetzt entschlossen, ihre Proben einzustellen und die Erinnerung an erfüllte musikalische Jahre im Herzen zu behalten.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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