Die Blütezeit der Köhlerei beleuchtet
Ewald Hatzig ließ bei KAB-Versammlung das Handwerk im Netpherland Revue passieren
sz Walpersdorf. »Die Blütezeit und der Niedergang des Köhlerhandwerks im Netpherland«: So lautete das Thema, über das Ewald Hatzig jüngst anlässlich der Jahreshauptversammlung der KAB »St. Sebastian« Walpersdorf referierte. Mit den Worten »Ausgerechnet in Walpersdorf über Köhlerei zu sprechen, heißt eigentlich Eulen nach Athen tragen« begann er sein Referat und hatte sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit der zahlreich erschienenen KAB-Mitglieder, von KAB-Präses Diakon Franz Kringe und auch von Pastor Hubert Nowak gewonnen.
Das Köhlerhandwerk entwickelte sich im 14. Jahrhundert, als im Ferndorf- und Siegtal Blas- und Hammerhütten gegründet wurden. Ein Beispiel: Für die Erstellung von 1200 kg Roheisen war die vierfache Menge an Meilerkohle, rund 5000 kg, erforderlich. Für die Hüttengewerke bedeutete die Holzkohle drei Viertel der Gesamtkosten, nur etwa ein Viertel entfiel auf Eisenstein und Löhne.
Die Haubergbesitzer wurden von der Landesherrschaft verpflichtet, alles entbehrliche Holz zu verkohlen. Zusätzlich wurde Buchenholz aus dem Hochwald geschlagen, gespalten und verkohlt, ergab aber nicht dieselbe Qualität wie das Haubergholz. Die Köhler blieben arm, obwohl sie meist mit der ganzen Familie schwer arbeiteten. Auch die gegründeten Köhlerzünfte konnten keinen besseren Kohlepreis durchsetzen. Bereits 1650 war ein Großteil der Köhler wegen erhaltener Vorschusszahlungen bei Hüttenbesitzern und Eisenhändlern verschuldet.
Das Netpherland ist von Beginn an der wichtigste Kohlelieferant gewesen, erläuterte Hatzig. In Afholderbach und Walpersdorf waren von jeweils 21 Hausbesitzern jeweils zehn von Beruf Köhler. Aus den Kirchenbüchern ergab sich 1817 eine Zahl von 571 Köhlern im Siegerland, von denen etwa 150 aus dem Netpherland kamen.
Trotz der großen Mühen, welche die Köhlerei mit sich brachte, sorgte sie keineswegs für Wohlstand im Netpherland. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Hammerwerke stillgelegt und in Puddel- und Walzwerke umgewandelt, die zum größten Teil Koks statt Holzkohle verwendeten. Zu diesem Zeitpunkt ging es mit dem Köhlerhandwerk abwärts. Das führte ab 1838 zu einer verstärkten Ab- und Auswanderung in mehreren Schüben aus dem Netpherland. So sind im »Siegener Intelligenzblatt«, Vorläufer der Siegener Zeitung, zwischen 1838 und 1883 206 Personen oder Familien namentlich aufgeführt, die nach Brasilien oder in die USA ausgewandert sind. Etwa 500 haben ihre Dörfer in Richtung Siegen, Eiserfeld und Weidenau verlassen müssen. Neben den Kirchenbüchern berief sich Hatzig mehrfach aus das Buch von Dr. Böttcher »Geschichte des Netpherlandes«.
Der Vortrag war natürlich nicht der einzige Tagesordnungspunkt der Jahreshauptversammlung. Die Tagesordnung mit Kassenbericht und Wahlen wurde zügig und reibungslos abgehandelt, alle Abstimmungen und Wahlen waren einstimmig, KAB-Vorsitzender Paul Groos wurde für seine langjährige Tätigkeit von allen gelobt.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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