Straßenbau in Oelgershausen
Knapp 40 Familien fürchten hohe Kosten

- Zwei frühere Wirtschaftswege in Oelgershausen sollen „erstmals hergestellt“ werden. Dafür müssen die Anlieger tief in die Tasche greifen – sie meinen aber, dass es sich gar nicht um eine erstmalige Herstellung, sondern allenfalls um einen Straßenausbau handelt. Immerhin hätten die Straßen seit Jahrzehnten als Zufahrten zu den Häusern bestens funktioniert.
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- hochgeladen von Sonja Schweisfurth (Redakteurin)
ihm Oelgershausen. Tief steht die Abendsonne über dem Dorf. Der Spaziergang durch die Straßen „Vorm Seifchen“ und „Auf der Schütze“ erschließt ein idyllisches Wohngebiet. Die Fahrbahn der schmalen Straße ist zum Teil geflickt, zum Teil glatt asphaltiert. Einen Gehweg gibt es nicht.
Die beiden Straßen sollen ausgebaut werden: auf 5,50 m Breite, Asphalt mit seitlicher Pflasterfläche. 38 Grundstücke liegen rechts und links des Weges. Die Besitzer sollen von den Gesamtkosten (1,7 Millionen Euro) selbst 1,2 Millionen aufbringen. Das bedeutet für die einzelne Familie: 10.000 bis 58.000 Euro werden fällig.
Anwohner wollen keine "Luxusstraße"Ortsbürgermeister Dieter Bruch und die beiden Hausbesitzer Reinhard Werthebach und Bernd Schäffer haben sich mit der SZ auf den Weg gemacht.
ihm Oelgershausen. Tief steht die Abendsonne über dem Dorf. Der Spaziergang durch die Straßen „Vorm Seifchen“ und „Auf der Schütze“ erschließt ein idyllisches Wohngebiet. Die Fahrbahn der schmalen Straße ist zum Teil geflickt, zum Teil glatt asphaltiert. Einen Gehweg gibt es nicht.
Die beiden Straßen sollen ausgebaut werden: auf 5,50 m Breite, Asphalt mit seitlicher Pflasterfläche. 38 Grundstücke liegen rechts und links des Weges. Die Besitzer sollen von den Gesamtkosten (1,7 Millionen Euro) selbst 1,2 Millionen aufbringen. Das bedeutet für die einzelne Familie: 10.000 bis 58.000 Euro werden fällig.
Anwohner wollen keine "Luxusstraße"
Ortsbürgermeister Dieter Bruch und die beiden Hausbesitzer Reinhard Werthebach und Bernd Schäffer haben sich mit der SZ auf den Weg gemacht. Vorbei an Schildern wie „50 Jahre Wirtschaftsweg, jetzt Ausbau zur Luxusstraße? Nicht mit uns!“ oder „Straße saniert – Bürger ruiniert“. Vorbei an Menschen, die nicht wissen, wie sie Zigtausende Euro aufbringen sollen. Zumal Bernd Schäffer gehört hat, dass schon vor Baubeginn 90 Prozent „angezahlt“ werden sollen. Er selbst ist gleich mehrfach betroffen, für ein Grundstück sollen 33.000 Euro, für das andere 22.000 Euro fällig werden. Dieter Bruch weist auf „Spezialfälle“ hin. Zum Beispiel das Haus, das so hoch über der Straße „Vorm Seifchen“ steht, dass ein Zugang oder gar eine Zufahrt von der Straße aus gar nicht möglich ist. Auch dessen Besitzer müssen zahlen.
Unverständnis für hohe Kosten
Noch härter trifft es ein junges Ehepaar. Kevin und Alina Stier, gerade stolze Eltern einer kleinen Tochter geworden, wohnen weder „Vorm Seifchen“ noch „Auf der Schütze“. Ihre Adresse: Eckmannshausener Straße 19. Das ist die Ortsdurchfahrt, die L 729. Von dieser Straße aus gelangen sie auch in ihre Garage bzw. zum Hauseingang. Weil das Grundstück aber mit einem kleinen Streifen in den Einmündungsbereich der Ausbaustraßen ragt, werden Stiers zur Kasse gebeten. Und zwar mit dem vollen Satz: 32.000 Euro sollen sie zahlen. Kevin Stier schüttelt den Kopf: „Wir haben doch gar nichts von dem Ausbau.“
Abrechnung nach Baugesetzbuch
Dieter Bruch und die anderen Anwohner haben kaum noch Hoffnung, das Projekt aufhalten zu können. Der größte Teil der Maßnahme gilt übrigens als erstmalige Herstellung und wird nach dem Baugesetzbuch abgerechnet. Danach sind für die Anliegerstraßen 90 Prozent Kostenbeteiligung zu erheben. Das macht in Oelgershausen 34,50 Euro pro Quadratmeter. Nur für ein kleines Straßenstück ist das Kommunalabgabengesetz anzuwenden. Der KAG-Beitrag ist etwas günstiger: 23,50 Euro.
Wollen die Dorfbewohner am liebsten gar keinen Ausbau? Dieter Bruch: „Protest gibt es gegen die Kosten.“ Dass die Stadt Netphen nach so vielen Jahren – manche Häuser wurden schon vor dem Krieg gebaut, viele sind 50 Jahre und älter – nun auf einen Ausbau bzw. eine Herstellung drängt, hat mit der Verlegung von Gasleitungen und der Erneuerung der Wasserleitung zu tun. Im Zuge des Ausbaus sollen auch noch andere Leitungen erneuert bzw. verlegt werden.
Stadt will keine schmalen Straßen
Eine schmalere Straße könnte billiger werden, hofften die Oelgershausener. Statt 5,50 m Breite könne man doch auf 4,50 m gehen. Das will die Stadt nicht. Zum einen spare man dadurch nur vergleichsweise geringe Kosten. Zum anderen sei Begegnungsverkehr mit Lkw dann nicht möglich, die Müllabfuhr und der Winterdienst bekämen Schwierigkeiten. Reinhard Werthebach: „Wenn die Straße so breit wird, dann werden da Autos parken. Und dann bekommt die Müllabfuhr wirklich Probleme.“ An schmalen Wegen stellten die Anwohner ihre Pkw ganz von selbst auf dem eigenen Grundstück ab.
23 von 24 Anliegern gegen Ausbau
Alle möglichen Strippen haben die Oelgershausener gezogen: mangelnde Kommunkation kritisiert, um Verschiebung des Ausbaus gebeten, auf eine mögliche Gesetzesänderung zu Verjährungsfristen verwiesen, Anträge und Anfragen gestellt. Vergeblich. 23 von 24 Anliegern, die Grundstücksteile für den Ausbau abgeben müssen, haben inzwischen unterschrieben. Auch daraus schließt die Stadt, dass man in Oelgershausen das Projekt gar nicht flächendeckend ablehnt.
Oelgershausen bekommt neue Straße
Dass Bürger Haus und Hof verkaufen müssen und in die Insolvenz getrieben werden, will allerdings auch der Rat nicht. So formulierte es Helmut Buttler (UWG) in der jüngsten Ratssitzung. Deshalb soll die Stadt nun feststellen, für wen der Straßenbau existenzgefährdend ist. Dass der Ausbau kommt, daran ließ der Bürgermeister in seiner Antwort auf eine entsprechende Anfrage von Dieter Bruch allerdings keinen Zweifel.
Autor:Irene Hermann-Sobotka (Redakteurin) aus Siegen |
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