Kochen in der Corona-Krise
Pandemie ist keine Qualitätsbremse

- Jackson Jahoviq (links) lernt gemeinsam mit zwei weiteren Lehrlingen in der Küche von Christian Klein-Wagner (rechts). Im Lockdown hat der Chef mehr Zeit als üblich, um sein Wissen als Koch weiterzugeben.
- Foto: kay
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tile Deuz/Lützel. So „ruhig“ hatte sich Jackson Jahoviq seine Ausbildung nicht vorgestellt. Als Koch steht man eigentlich unter Dampf, gerade im À-la-carte-Geschäft. Das aber liegt Corona-bedingt auf Eis. Däumchen dreht der 19-Jährige nicht. Dank des gut laufenden Bestell- und Abholgeschäftes im Deuzer Gasthaus Klein gibt es durchaus etwas zu tun. Aber: Der Druck und die Arbeitsbelastung unter Normalbedingungen fallen weg. „Schneller zu kochen, lerne ich gerade nicht.“
Jackson hat Glück, er steht bereits in Lohn und Brot. Viele Schulabgänger sehen in diesem Jahr einer ungewissen Zukunft entgegen. Im Herbst 2020 meldete die Bundesagentur für Arbeit rund 42 000 Ausbildungsstellen weniger als im Corona-freien Vorjahr.
tile Deuz/Lützel. So „ruhig“ hatte sich Jackson Jahoviq seine Ausbildung nicht vorgestellt. Als Koch steht man eigentlich unter Dampf, gerade im À-la-carte-Geschäft. Das aber liegt Corona-bedingt auf Eis. Däumchen dreht der 19-Jährige nicht. Dank des gut laufenden Bestell- und Abholgeschäftes im Deuzer Gasthaus Klein gibt es durchaus etwas zu tun. Aber: Der Druck und die Arbeitsbelastung unter Normalbedingungen fallen weg. „Schneller zu kochen, lerne ich gerade nicht.“
Jackson hat Glück, er steht bereits in Lohn und Brot. Viele Schulabgänger sehen in diesem Jahr einer ungewissen Zukunft entgegen. Im Herbst 2020 meldete die Bundesagentur für Arbeit rund 42 000 Ausbildungsstellen weniger als im Corona-freien Vorjahr.
Für 2020/21 noch keine repräsentativen Vergleichszahlen
Für den Kreis Siegen-Wittgenstein meldete die örtliche Agentur für das Ausbildundungsjahr 2019/20 im Oktober 318 Ausbildungsstellen weniger, im Kreis Olpe stieg die Zahl sogar um 88 Stellen. Für 2020/21 liegen noch keine repräsentativen Vergleichszahlen vor. Die IHK hingegen zog zum Jahreswechsel Bilanz: Bei 1821 abgeschlossenen Ausbildundgsverträgen wurde ein Minus von 415 zum Vorjahr verzeichnet (-18,6 Prozent).
Für Jackson sind diese Sorgen so alt wie das Butterbrot von gestern. Über ein Praktikum in der 9. Klasse hatte der Schüler der Netphener Sekundarschule seine Liebe zum Kochen im Gasthaus Klein entdeckt und begann dort am Ende jenes Schuljahrs seine Ausbildung. „Als Koch kann man nach der Lehre viel machen, herumreisen, überall arbeiten und kreativ sein“, erzählt er von seiner Motivation, seine Zukunft hinterm Herd über Töpfe gebeugt zu verbringen. Eigene Speisekarten zu erstellen, macht ihm besonders Spaß.
Aufgrund der Pandemie geht es gemütlich zu
Eingestellt war er auf hektische Abende, minütliche Bestellungen. Aufgrund der Pandemie geht es trotz des erfreulichen To-go-Geschäfts eher gemütlich zu. Für die Ausbildung kein Nachteil, sagt der Dreis-Tiefenbacher, so bleibe mehr Zeit zum Lernen und Ausprobieren. In der Phase, als es auch im Berufskolleg Allgemeingewerbe, Hauswirtschaft und Sozialpädagogik (AHS) nur Distanzunterricht gab, erledigten er und seine zwei Mitauszubildenden das „Homeschooling“ gemeinsam im Gasthaus Klein. „Wir werden toll unterstützt, können uns mit unseren Chefs austauschen. Das hat mehr Spaß gemacht, als alleine zu Hause zu lernen.“

- Jackson Jahoviq hat vor Corona einen Ausbildungsplatz in seinem Traumjob ergattert.
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Christian Klein-Wagner ist Ausbildungsbotschafter des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) im Kreisgebiet. Eine gute Ausbildung ist ihm daher wichtig. Auch ohne jede Ausbildungsprämie, die die Politik in diesen Tagen diskutiert. „Wir haben eine Ausbildungsverpflichtung!“ So schwer die Covid-19-Krise auch sei, sie ermögliche „mehr Zeit für die Jungs und Mädels. Zeit Fragen zu stellen, Zeit intensiver mit ihnen zu arbeiten“. Die Inhalte der Lehrbücher würden jetzt noch gezielter im Alltag eingebunden und geübt. Zahlreiche Kollegen aus der Branche nutzten auch die Gelegenheit, den Azubis Wissen über den eigenen Tellerrand hinaus zu vermitteln.
Qualität der Ausbildung leidet nicht
Heidi Leyener, ebenfalls DEHOGA-Ausbildungsbotschafterin, sieht das ähnlich. Auch für ihren Lehrling habe die Küchenchefin nun mehr Zeit. Die Qualität der Ausbildung leide nicht, im Gegenteil, glaubt die Inhaberin des Hotel Restaurants Ginsberger Heide. Das Problem sei ein anderes: „Uns fehlen die Ausbildungsmessen, die Praktika und die Berufsfelderkundung.“ Die guten Kontakte, die man vor Corona mit potenziellen Bewerbern geknüpft habe, seien mit der Pandemie abgebrochen, „als hätten wir die Pest“.

- Corinna und Christian Klein-Wagner führen seit 1998 das 250 Jahre alte Traditions-Gasthaus durch die Corona-Krise, ohne dass ihre Auszubildenden darunter leiden müssen.
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Das Virus habe zu großer Verunsicherung bei den jungen Leuten geführt und dazu zurückschrecken lasse, im Gastgewerbe Fuß zu fassen. Diese Erfahrung deckt sich mit der Beobachtung der Agentur für Arbeit in Siegen: „Die Unternehmen wollen einstellen, aber die ohnehin sinkende Zahl der Bewerber nimmt wegen Corona zusätzlich ab“, sagt Sprecherin Nina Appel.
Ausbildung kostet Betriebe deutlich mehr Geld
Er denke darüber nach, im Sommer wieder einen Azubi einzustellen, sagt Christian Klein-Wagner, „aber das tue ich, weil ich ihn brauche, nicht weil es eine Prämie gibt“. Die nehme man dankbar an, aber ein echter Anreiz sei die Einmalzahlung von 4000 Euro nicht, denn Ausbildung kostet die Betriebe deutlich mehr Geld. Sinnvoller wäre es, so der Gastronom, die Übernahme von Auszubildenden aus Insolvenzbetrieben zu fördern und deren Ausbildungskosten zu decken. „Dann bleiben die jungen Leute im Beruf und wir verlieren sie nicht an andere Branchen.“
Jackson versucht sich derweil an einem Rezept, das zum Grundrepertoire eines Kochs gehört: Für die nächste Anpassung der To-go-Karte hat Christian Klein-Wagner Bayerische Creme aus dem Lehrbuch ausgesucht – damit sein Schützling diese in der Prüfung aus dem Effeff zubereiten könnte.
Autor:Tim Lehmann (Redakteur) aus Siegen |
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