Großer Test für neuen Premier

Neuseeland ruft wegen Wirbelsturm „Gabrielle” Notstand aus: „Ein extremes Wetterereignis“

Hastings: Menschen bewegen sich vor dem Hochwasser in Hastings, südöstlich von Auckland.

Hastings: Menschen bewegen sich vor dem Hochwasser in Hastings, südöstlich von Auckland.

Ganze Regionen sind abgeschnitten, der Strom ist an vielen Orten ausgefallen, die Kommunikation unterbrochen – noch ist das Ausmaß der Zerstörung, den der Wirbelsturm „Gabrielle“ in Neuseeland hinterlassen hat, schwer abschätzbar. „Dies ist ein extremes Wetterereignis, wahrscheinlich das größte, das wir in letzter Zeit gesehen haben“, sagte der neuseeländische Premierminister Chris Hipkins. Später am Tag spricht er von einem Jahrhundertereignis. Bilder aus den betroffenen Regionen zeigen umgestürzte Bäume, weggeschwemmte Straßen, Erdrutsche sowie beschädigte und überflutete Häuser und Landstriche.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Premierminister Hipkins ist erst seit drei Wochen im Amt. Für ihn ist die Katastrophe der erste große Test, seitdem er seine Vorgängerin Jacinda Ardern Ende Januar abgelöst hat. Diese war aus eigenen Stücken zurückgetreten, erschöpft von den Katastrophenbekämpfungen, die sie selbst über Jahre hinweg hatte leisten müssen. Ardern hatte die Neuseeländerinnen und Neuseeländer durch drei große Krisen geführt – die Pandemie, einen Terroranschlag und einen Vulkanausbruch.

Notstand in Neuseeland erst dreimal ausgerufen

Der Wirbelsturm, der den Inselstaat nun verwüstet hat und dessen Nachwehen noch immer große Schäden anrichten, folgt auf weitläufige Überschwemmungen vor zwei Wochen, bei denen vier Menschen ums Leben kamen. Wie groß die aktuellen Schäden sind und wie viele Menschen verletzt oder getötet wurden, ist bisher noch nicht bekannt. Ein freiwilliger Feuerwehrmann wird jedoch vermisst und ein weiterer wurde schwer verletzt, als ein Haus, das die beiden Männer inspizierten, von einem Erdrutsch erfasst wurde.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Wie ernst die Lage ist, zeigt, dass Neuseeland den nationalen Notstand ausgerufen hat – ein Schritt, den das Land nicht häufig unternimmt. Dies ist erst das dritte Mal in der Geschichte des Landes. Zuvor war der Notstand bei dem schweren Erdbeben in Christchurch 2011 ausgerufen worden, bei dem 185 Menschen ums Leben kamen, zum zweiten Mal zu Beginn der Covid‑19-Pandemie.

Auckland im Stillstand

Der neuseeländische Minister für Notfallmanagement, Kieran McAnulty, der die Notstandserklärung am Dienstag um 8.43 Uhr (Ortszeit) unterzeichnete, nannte den Sturm „eine schwerwiegende Katastrophe mit einer echten Bedrohung für das Leben der Neuseeländer“. Ein Großteil von Auckland, Neuseelands größter Stadt auf der Nordinsel, ist am Dienstag im Stillstand verharrt: Der Zugverkehr wurde eingestellt, Bibliotheken und Schulen geschlossen. Die nationale Fluglinie Air New Zealand hat sämtliche Inlandsflüge von und nach Auckland sowie zahlreiche internationale Flüge gestrichen. Mindestens 2500 Menschen auf der Nordinsel mussten ihre Häuser verlassen und sich in Sicherheit bringen, darunter allein 400 Haushalte in Auckland.

Der Bach ist von zehn Meter auf 500 Meter Breite angeschwollen.

Eric Gathercole,

Besitzer der Wimbledon Tavern in Tararua

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Eric Gathercole, der Besitzer der Wimbledon Tavern in Tararua, wo es heftig geregnet hatte, berichtete dem lokalen Nachrichtenmedium „Stuff“, dass das Land um seine Kneipe großflächig überschwemmt sei. „Der Bach ist von zehn Meter auf 500 Meter Breite angeschwollen.“ Außerdem sei der Strom ausgefallen. Die Regierung hat die Menschen aufgrund der volatilen Lage in vielen Gebieten aufgefordert, proaktiv zu evakuieren: „Wenn Sie sich Sorgen um Ihre Sicherheit machen, insbesondere wegen der Gefahr von Überschwemmungen oder Erdrutschen, warten Sie nicht, bis sich die Rettungsdienste bei Ihnen melden, sondern bringen Sie sich in Sicher­heit“, so lautete die Anweisung.

„Es war pechschwarz und regnete in Strömen“

Mary Ann Paterson und Jane Scott, Nachbarinnen aus West Auckland, berichteten dem australischen Sender ABC, dass sie um Mitternacht eine Notfall‑SMS erhalten hätten, in der sie angewiesen wurden, zu evakuieren. „Es war pechschwarz, und es regnete in Strömen“, sagte Jane Scott. Sie hätten ihre Taschenlampen und ihre Taschen rausgeholt und seien die Straße hinuntergegangen, um sich in Sicherheit zu bringen. Ein Haus nur ein paar Türen weiter sei eingestürzt. Sie seien deswegen nicht sicher, ob sie in ihre Häuser zurückkehren könnten. „Es war furchterregend“, meinte Paterson. Aber sie sei wie „betäubt“ gewesen und habe sich nur darauf konzentriert, was sie tun musste, um zu überleben. Die beiden Frauen wurden letztendlich in einem Armeelastwagen evakuiert und im lokalen Rathaus untergebracht.

Australien wie auch Großbritannien haben der neuseeländischen Regierung bereits Unterstützung zugesagt. Die Parlamentssitzung in Wellington wurde vertagt, das aktuelle Krisenmanagement hat Vorrang. Der neusee­ländische Klimaminister James Shaw nahm sich trotzdem die Zeit, einige deutliche Worte zu sprechen: Dies sei ein Ereignis, das im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehe, betonte er. „Ich glaube, ich war noch nie zuvor so traurig oder wütend über die verlorenen Jahrzehnte.“ Diese hätten die Menschen damit verbracht, sich darüber zu streiten, ob der Klimawandel real sei oder nicht, ob er vom Menschen verursacht worden sei oder nicht und ob wir etwas dagegen tun sollten oder nicht. „Jetzt ist er eindeutig da, und wenn wir nicht handeln, wird es noch schlimmer“, sagte er.

Mehr aus Panorama

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken