Die Nachwehen von „Null Covid“: Wuhans Rentner ziehen auf die Straße
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Arbeiter in Schutzkleidung versammeln sich zu ihrem Dienst: Jahrelang war China unter der „Null Covid“-Politik abgeschottet.
© Quelle: Andy Wong/AP/dpa
Peking. Tausende wütende Senioren zogen Mitte der Woche vors Regierungsviertel in Wuhan, um endlich Antworten zu verlangen. Unbeeindruckt vom strömenden Regen schrien sie ihren Frust hinaus: „Warum zockt ihr uns kleine Leute ab? Wieso kürzt ihr nicht selber eure Leistungen?“, ruft eine Frau, wie auf einer Videoaufnahme zu sehen ist. Sie hält ihre Smartphone-Kamera gegen die Polizeibeamten, welche die Demonstranten mit einer Menschenkette einzudämmen versuchen.
Grund des Anstoßes ist eine von der Lokalregierung durchgeführte Reform der öffentlichen Krankenversicherung. Diese hat eine drastische Kürzung der medizinischen Leistung zur Folge. Dabei ist das Gesundheitssystem in vielen chinesischen Provinzen bereits jetzt so rudimentär, dass jede ernsthafte Erkrankung auch für Mittelschichtfamilien zur existenziellen Krise führen kann.
Chinas rudimentäres Gesundheitssystem: wenn die Erkrankung zur existenziellen Krise wird
„Wenn die Alten es sich nicht mehr leisten können, einen Doktor zu besuchen, werden die Folgen unvorstellbar sein“, schreibt ein User auf der Onlineplattform Weibo: „Ich hoffe, dass eine kostenlose medizinische Grundversorgung so bald wie möglich kommt!“ Doch die Pandemie hat China auf dem Weg dahin für Jahre zurückgeworfen.
Der Unmut der Rentner aus Wuhan ist dabei nur eines von unzähligen Beispielen, die im ganzen Land zu beobachten sind: Die Nachwehen der fast dreijährigen „Null Covid“-Politik, die die Lokalregierungen an den Rande des Bankrotts geführt hat, bekommen nun die Menschen in ihrem Alltag zu spüren.
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„Null Covid“-Politik führt nun zu massiven Einbrüchen im Gesundheitssystem
Dass die pandemische Nulltoleranzstrategie, bei der ja offiziell die Volksgesundheit im Vordergrund stand, nun zu nachhaltigen Einbrüchen im Gesundheitssystem führt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Doch bereits vor der Corona-Öffnung war diese Entwicklung abzusehen: Sämtliche verfügbaren Ressourcen der öffentlichen Hand flossen in immer neue Quarantänelager und Testzentren, anstatt beispielsweise die Anzahl an dringend benötigten Notfallbetten auszubauen.
Als Anfang Dezember schließlich die Corona-Öffnung so rapide, geradezu chaotisch erfolgte, hatte dies vor allem auch einen Grund, der in der öffentlichen Debatte unterging: Die kostspielige Infrastruktur war schlicht und ergreifend nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die Lokalregierungen hatten kein Geld mehr, um weiter täglich etliche Millionen zu testen und in Lockdowns zu versetzen. Und die Zentralregierung in Peking hat sich dagegen entschieden, mit finanziellen Mitteln auszuhelfen.
US-Beziehungen zu China haben laut Biden keinen großen Schaden genommen
Die USA haben nach eigenen Angaben mit Partnerländern Informationen geteilt, die sie über den über den USA abgeschossenen chinesischen Ballon gesammelt haben.
© Quelle: Reuters
Die Menschen werden die Auswirkungen noch jahrelang spüren
Die langfristigen Auswirkungen werden die Menschen noch auf Jahre zu spüren bekommen. Bereits im November letzten Jahres zeichneten sie sich ab: Zunächst waren es die medizinischen Helfer von den PCR-Teststationen und Quarantäneeinrichtungen, deren ausstehende Monatslöhne nicht mehr beglichen werden konnten. Später klagten die Busfahrer und Lehrer in etlichen Provinzen ebenfalls über offene Gehälter. Und die Beamten der Lokalregierungen mussten schon 2021 drastische Kürzungen hinnehmen und bekamen ihre Boni gestrichen.
Die Rentner aus Wuhan haben nun ihren Frust auf die Straße gebracht – und bereits angekündigt, am 15. Februar erneut eine Versammlung zu organisieren, wenn ihre Anliegen nicht erhört werden. Dass die Regierung eine mögliche zweite Demo toleriert, wäre durchaus möglich. Wesentlich unsicherer ist, ob sie auch auf die Forderungen des Volkes eingehen wird. „Viele vergleichen die Situation mit den erfolgreichen Anti-Covid-Protesten“, kommentiert eine chinesische Nutzerin. „Ich bin da eher pessimistisch. Ich glaube nicht, dass die Leute diesmal ihr Ziel mit Protestieren erreichen können.“