Der stille Erfolg des alten Fuchses Biden
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Lächelt zufrieden: Joe Biden bei der Vorstellung des Kompromisses im Schuldenstreit.
© Quelle: Manuel Balce Ceneta/AP/dpa
Washington. Kaum sichtbar war er gewesen, dazu kleinlaut und konziliant – während sein Gegenspieler Kevin McCarthy seine Parolen lautstark in jedes Mikrofon hinausposaunte, das er rund um das Kapitol finden konnte. Den Kritikerinnen und Kritikern von Joe Biden schienen die vergangenen Wochen des erbitterten Schuldenstreits neue Argumente zu liefern: Zu alt, zu zurückhaltend, zu wenig medial dominant sei der Präsident, monierten sie.
Wer den nun erzielten Kompromiss genauer analysiert, kommt zu einem sehr anderen Ergebnis. Mit seiner ruhigen Art hat der alte Fuchs Biden ganz offensichtlich viel mehr erreicht, als Beobachter noch vor Tagen für möglich hielten: Er hat einen Zahlungsausfall der USA verhindert, der politisch vor allem ihm geschadet hätte. Er hat den nächsten Budgetstreit auf die Zeit nach den Wahlen vertagt. Und er hat seine Vorzeigeprojekte zum Klimaschutz und zur Reindustrialisierung des Landes ungeschoren durchgebracht.
Das Wesen eines Kompromisses
Dass die Parteilinken gleichwohl wenig begeistert von den (vergleichsweise moderaten) sozialen Einschnitten sind, kann niemand verwundern. Aber das ist nun einmal das Wesen eines Kompromisses. Und auf ihre Stimmen kommt es nicht an. Natürlich wäre auch die von den Demokraten geforderte, aber nun gescheiterte Anhebung der Steuern für Reiche sehr wünschenswert gewesen. Aber zur Wahrheit gehört: Für dieses Vorhaben hätte Biden nicht einmal eine Mehrheit von den Senatoren der eigenen Partei bekommen.
Unter dem Strich muss McCarthy, dessen Truppe in ihrer wilden Rhetorik brutale Einschnitte über zehn Jahre verlangt und mit einer totalen Blockade gedroht hatte, deutlich größere Zugeständnisse machen. Für den Karrieristen, der 14 Wahlgänge lang um seine Kür zum „Speaker“ zittern musste und seither von der Gunst der ultrarechten Politchaoten in seiner Fraktion abhängt, könnte das Nachgeben politisch sogar lebensbedrohlich werden. Offen fordern die ersten Hardliner schon ein Misstrauensvotum.
Es zeugt daher nicht von Bidens Schwäche, sondern von seiner Klugheit, dass er seinem Gegenspieler weitgehend die mediale Bühne überlässt.