#fairheizen: Union macht auf sozialen Netzwerken Stimmung gegen Heizungsgesetz – Grüne halten dagegen
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Mario Czaja, CDU-Generalsekretär, stellt die neue CDU-Kampagne Für eine Wärmewende ohne soziale Kälte vor der Parteizentrale, dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, vor.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Berlin. Die CDU hat eine Onlinekampagne gegen das geplante Gebäudeenergiegesetz der Ampel gestartet. Am Donnerstag wurde die Aktion unter dem Hashtag #fairheizen im Berliner Konrad-Adenauer-Haus vorgestellt und mit dem Stichwort schon bald in sozialen Netzwerken vielfach aufgenommen – allerdings anders als sich die Christdemokraten dies vermutlich vorgestellt haben.
Mit der Kampagne wolle man „ein Zeichen setzen gegen den Heizungshammer der Ampel“, erklärt die CDU auf einer dafür geschalteten Internetseite. Viele Menschen in Deutschland hätten „Angst, auf den Kosten von häufig mehreren zehntausend Euro für einen Heizungstausch sitzen zu bleiben“, heißt es dort weiter. „Der Umstieg auf eine klimaneutrale Heizung darf nicht zu einer sozialen Frage werden.“ Gefordert wird Wahlfreiheit bei der Heizung und mehr finanzielle Unterstützung.
CDU fordert „vernünftigen“ Klimaschutz
„Wir geben den Menschen eine Stimme, die hart arbeiten und fürchten, ihr Erspartes zu verlieren“, sagte die stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stump auf einer Pressekonferenz in Berlin. „Wir sagen der Bundesregierung: Verheizt nicht das Lebenswerk der Menschen, verheizt nicht ihre Rente, verheizt nicht ihr Erspartes und ihr letztes Geld.“
Die Menschen hätten große Sorgen und fühlten sich von der Bundesregierung alleingelassen, pflichtete ihr CDU-Generalsekretär Mario Czaja bei. „Wir kritisieren die Bundesregierung hart für das, was sie derzeitig vorschlägt mit dem Gebäudeenergiegesetz“, so Czaja. Man wolle aber „in der Sache konstruktiv bleiben“ und befürworte den Klimaschutz sowie den Umbau der Wirtschaft. „Aber es muss eben vernünftig, ohne Bevormundung, ohne Bestrafung und ohne Technologiefestlegung stattfinden.“ Laut Czaja ist die Kampagne eng mit der Schwesterpartei CSU abgestimmt. Die CSU werde am kommenden Montag ihren Teil der Kampagne vorstellen. Auch damit demonstrierten CDU und CSU Geschlossenheit, hob Czaja hervor.
Nach dem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Damit soll der Abschied von Gas- und Ölheizungen eingeläutet werden. Eine sofortige Austauschpflicht für Heizungen in Bestandsgebäuden gibt es nicht. Falls ein Gerät kaputtgeht und nicht mehr repariert werden kann, gibt es Übergangsfristen. Heizkessel sollen nur noch bis Ende 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können. Die parlamentarischen Beratungen stehen am Anfang. Die Gesetzesänderungen sollen vor der Sommerpause verabschiedet werden.
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Grüne kapern in sozialen Netzwerken die Kampagne der CDU
In den sozialen Netzwerken wurde der Hashtag #fairheizen vielfach aufgegriffen. Unter den Teilnehmenden fanden sich allerdings auffällig viele Politikerinnen und Politiker der Grünen, aber auch der Naturschutzbund Nabu. Denn zeitgleich nutzte die Partei von Wirtschaftsminister Robert Habeck das Stichwort, um nach eigenen Angaben „mit Fakten dagegenzuhalten“. Auf der Internetseite der Grünen findet sich ebenfalls ein Aufruf unter dem Titel #fairheizen. Damit wolle man zeigen, wie man die „Wärmewende“ schaffen könne – „und das sozial gerecht“.
Manche würden in der Debatte „mit Halbwahrheiten und Angstmacherei“ arbeiten, schreibt die Partei. „Die Union will mit einer Kampagne weiter Angst und Zwietracht säen, statt Lösungen anzubieten, die dir wirklich helfen“, steht in dem Aufruf. Man wolle die Kampagne aufnehmen und mit Fakten dagegenhalten. Denn die Bundestagsfraktion der Grüne setze sich im Parlament für eine Ausweitung der Förderung beim Heizungsumstieg ein: Man fordere einen Zuschuss von bis zu 80 Prozent der Gesamtkosten.
„Es ist nicht sozial, an fossilen Brennstoffen festzuhalten und den Wandel zu Wärmepumpen und Co. zu verhindern“, schreibt etwa der Grünen-Abgeordnete Felix Banaszak auf Twitter. Erneuerbare würden günstiger, fossile Energien hingegen teurer. „Wer früher umsteigt, spart schneller Geld.“ Der Nabu schreibt auf der Plattform von einer „billigen Stimmungsmache“ von CDU und FDP. „Weiterhin an fossilen Heizungen festzuhalten, treibt Menschen in die Kostenfalle“, so der Verband in seinem Beitrag.
„‚Wahlfreiheit im Heizungskeller‘ heißt übersetzt übrigens ‚Freie Fahrt für Profite der Gasindustrie‘“, schreibt der deutsche Ableger der Umweltschutzorganisation WWF auf Twitter. Die Gasindustrie wolle ohne Rücksicht auf die Klimaziele ihre Profite sichern, „und Union und FDP machen mit“, kritisiert die Stiftung.
Auf dem sozialen Netzwerk bedankt sich die CDU bei den Grünen „für den Support zum Start unserer Kampagne“. Jetzt müssten nur noch das Gebäudeenergiegesetz geändert sowie die „Ängste der Betroffenen“ ernst genommen werden – „und wir haben‘s gemeinsam geschafft“, ist dort zu lesen.
Run auf Öl- und Gasheizungen in diesem Frühjahr
Das vom Bund geplante Öl- und Gasheizungsverbot hat in diesem Frühjahr zunächst den gegenteiligen Effekt: Heizungsbaubetriebe und -verbände in mehreren Bundesländern melden rekordverdächtige Bestellungen von fossilen Heizungen, inklusive monatelanger Lieferzeiten. Manche Handwerksbetriebe raten ihren Kunden bereits von einer neuen Ölheizung ab, weil nicht gewährleistet ist, dass diese noch vor Jahresende geliefert werden kann.
An diesem Freitag behandelt der Bundesrat das neue Gebäudeenergiegesetz aus dem Ressort von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), das zum 1. Januar in Kraft treten soll. „Wir haben einen Run auf Öl- und Gasheizungen“, sagt Jürgen Engelhardt, Geschäftsführer des Fachverbands Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Klempnertechnik Niedersachsen. „Herr Habeck hat genau das Gegenteil erreicht von dem, was er wollte.“
mit dpa-Material