„Alarmglocken ringen und die Kommission stellt sich taub“: EU will WHO-Grenzwerte für Luftverschmutzung nicht einhalten
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Autos, Lkw und Lieferfahrzeuge auf dem Kaiserdamm in Berlin.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Brüssel. Europaabgeordnete von Grünen, Sozialdemokraten und Liberalen haben scharfe Kritik an Plänen der EU-Kommission geübt, bei der Festlegung neuer Grenzwerte zur Luftreinhaltung die Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu ignorieren. „Damit gefährdet die EU-Kommission die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger Europas”, sagte der Klimaexperte der Europa-Grünen, Michael Bloss, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die EU-Kommission will die neue Richtlinie zur Luftreinhaltung am Mittwoch vorstellen.
In einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der dem RND vorliegt, appellieren Bloss und Kollegen an die Behörde, die Grenzwerte für Schadstoffe deutlich zu senken und den WHO-Standards anzupassen.
WHO Hatte schärfere Richtwerte angemahnt
Die WHO hat im Herbst 2021 schärfere Richtwerte für Schadstoffe wie Stickstoffoxid, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid angemahnt. So müsse etwa der Grenzwert für Feinstaub von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft auf zehn Mikrogramm gesenkt werden. Die EU-Kommission will den Grenzwert nun aber lediglich auf 20 Mikrogramm senken. Im Jahr 2028 soll dann überprüft werden, ob eine Verschärfung nötig ist.
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Wie klimaschädlich ist es, mit Holz zu heizen?
Immer mehr Menschen in Deutschland heizen mit Holz. Das liegt vor allem daran, dass es kostengünstig ist – verglichen mit fossilen Energieträgern wie Gas oder Öl. Allerdings ist diese Heizungsform nicht gut fürs Klima, und zwar gleich aus mehreren Gründen.
Der Schadstoff Stickstoffoxid wird etwa von Dieselfahrzeugen älterer Bauart in hohem Maß ausgestoßen. Die Belastung der Luft mit dem Schadstoff führte in der Vergangenheit zur Verhängung von Fahrverboten in einigen deutschen Großstädten. Andere Schadstoffe, die ebenfalls unter den Begriff Feinstaub fallen, entstehen beim Heizen von Häusern. Auch hier sollen laut WHO-Empfehlung die Grenzwerte stärker sinken, als es die EU-Kommission plant.
„Das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa“
Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss kritisierte die „Rosinenpickerei“ der Brüsseler EU-Behörde. Wenn die EU-Kommission die WHO-Grenzwerte nur teilweise übernehme, dann „gefährdet sie die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger Europas und ignoriert wissenschaftliche Mindeststandards“, sagte Bloss. „Das wäre so, als ob wir die Erkenntnisse der Klimawissenschaftler ignorieren und mit Vollgas auf den Abgrund zurasen.“
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Die Luftverschmutzung sei „das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa und führte 2019 zu mehr als 350.000 vorzeitigen Todesfällen”, sagte Bloss. 97 Prozent der städtischen Bevölkerung in der EU lebten derzeit in Gebieten mit schlechter Luftqualität. )Die Alarmglocken ringen und die Kommission stellt sich taub”, monierte der Grünen-Politiker. „Das kann nicht unsere Idee eines gesunden Lebens in Europa sein.” Dagegen gebe es mit den WHO-Richtwerten einen „Fahrplan für ein gesundes Leben”. Bloss: „Den sollten wir umsetzen.”