Nimmt das Rad-Volksbegehren in Bayern am Mittwoch die nächste Etappe?
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Tausende von Radfahrern fuhren im April auf der für Autos gesperrten A96. Der ADFC hatte die Sternfahrt initiiert, um einem von Bürgerinnen und Bürgern beantragten Radl-Volksbegehren Nachdruck zu verleihen.
© Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Die zehnjährige Leonie trägt einen Löwenhelm und radelt zur Geburtstagsfeier einer Freundin. Einen Radweg gibt es nicht und der Gehweg ist voll, also fährt sie auf der Straße – und wird fast von einem Auto erfasst. Die Autofahrerin kann noch rechtzeitig stoppen. Aber Entwarnung: Diese Situation, die im echten Leben durchaus vorkommen kann, ist eine Szene für einen Kampagnenfilm des Radentscheids in Bayern. Das Ziel: „Sicher radeln“.
Eine erste Etappe haben die Initiatoren bereits genommen: Sie sammelten viermal so viele Unterschriften wie nötig – insgesamt 100.000 –, um einen Antrag für das Volksbegehren einzureichen. Dafür haben sie einen Gesetzentwurf für ein Radgesetz ausgearbeitet. Sie fordern unter anderem eine Steigerung des Radverkehrsanteils von 11 auf 25 Prozent bis 2030 und mehr sichere Radwege sowie Radschnellwege. Seit einigen Monaten aber hängt das Vorhaben in der Warteschleife: Das bayerische Innenministerium hat den Antrag dem bayerischen Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung vorgelegt. Am Mittwoch entscheiden die Richterinnen und Richter, ob das Volksbegehren stattfinden darf oder nicht.
Bayerische Regierung sieht im Gesetzentwurf einen Eingriff in die Staatsfinanzen
Falls ja, müssen sich die Landtagswahlberechtigten im nächsten Schritt entscheiden, ob sie in den Rathäusern für die Initiative unterschreiben wollen. Wenn das 10 Prozent machen, müssen Staatsregierung und Landtag über den Gesetzentwurf abstimmen. Falls sie die Vorlage ablehnen, kommt es zum Volksentscheid, für den der Landtag auch einen Gegenentwurf vorlegen kann. Spricht sich eine Mehrheit für das ein oder andere Gesetz aus, ist es verabschiedet.
Konkret zweifelt das CSU-geführte Innenministerium an der Gesetzmäßigkeit des Volksbegehrens. Der Vorhaben greife in das Budgetrecht des Parlaments ein, sagt ein Sprecher dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). In Bayern darf ein Volksbegehren nicht über den Haushalt entscheiden. Weil die Initiatoren aber Forderungen haben, die hohe Kosten verursachen könnten, sieht die bayerische Regierung hier einen Eingriff in die Staatsfinanzen. Das Innenministerium schreibt weiter: „Zudem fehlt dem Landesgesetzgeber für die beabsichtigten straßenverkehrsrechtlichen Regelungen die erforderliche Gesetzgebungskompetenz.“ Übersetzt heißt das: Manche der Forderungen könne Bayern gar nicht umsetzen, da sei der Bund am Zug.
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CSU schlägt eigenes Radgesetz vor
Die Initiative lässt das nicht gelten. „Unser Gesetzesentwurf verfolgt das Ziel, die Radinfrastruktur in Bayern schnell auszubauen, damit alle Menschen sicher radeln können. Dass unsere Forderung relevant in den Staatshaushalt eingreifen würde, sehen wir nicht so, weil der Ausbau der Radinfrastruktur vor allem von den Kommunen finanziell getragen sowie durch Fördermittel vom Bund finanziert wird“, sagt die Beauftragte des Entscheids und Vorsitzende des ADFC Bayern, Bernadette Felsch, dem RND.
Felsch wirft der CSU Taktiererei vor. Die bayerische Staatsregierung habe fünf Jahre abgelehnt, ein Radgesetz vorzulegen, sagt die Verkehrsaktivistin. „Jetzt wollte sie mit der Befassung des Gerichtshofes Zeit gewinnen, um ihr eigenes Radgesetz zu verabschieden.“ Die Staatsregierung hatte vor zwei Wochen ein Radgesetz vorgelegt, das etwa 1500 Kilometer neue Radwege vorsieht. „Das Radgesetz wird das Radland Bayern weiter stärken. Von der Radinfrastruktur über Maßnahmen zur Steigerung der Verkehrssicherheit bis zur Verbesserung der Vernetzung der maßgeblichen Akteure ist das Gesetz breit angelegt und ergänzt unsere bisherigen Maßnahmen hervorragend“, versichert Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) auf RND-Anfrage.
Der Vorschlag der CSU reiche nicht aus
Doch laut der Radbeauftragten Felsch reicht das kürzlich vorgestellte Gesetz bei Weitem nicht aus: „Es ist sehr vage formuliert, und eine Erhöhung des Radverkehrsanteils beispielsweise hat die Staatsregierung komplett weggelassen.“
Die Initiatoren erinnert die Haltung der Staatsregierung an das Volksbegehren für den Schutz von Bienen Anfang 2019. „Wir konnten es schon öfter beobachten, dass die bayerische Staatsregierung versucht, bei Strömungen aus der Bevölkerung aufzuspringen“, sagt Felsch. Damals nahm der Landtag das Gesetz des Volksbegehrens an. Gesetzesänderungen traten wenige Monate später in Kraft.