„Die ganze Härte des Gesetzes“

Nach Ausschreitungen an Silvester: Regierung kündigt konsequente Strafverfolgung an

Polizeibeamte stehen hinter explodierendem Feuerwerk in Berlin. Nach Angriffen auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht hat die Diskussion um Konsequenzen begonnen.

Polizeibeamte stehen hinter explodierendem Feuerwerk in Berlin. Nach Angriffen auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht hat die Diskussion um Konsequenzen begonnen.

Berlin, Mainz, Wiesbaden. Nach den Angriffen auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine „Verrohung, die konsequentes Handeln erfordert“ beklagt. „Polizistinnen und Polizisten, Rettungssanitäter und Feuerwehrleute brutal zu attackieren, muss mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden“, sagte die Ministerin. Zugleich wurden erneut Rufe nach einem Böllerverbot laut.

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Der Kriminologe Thomas Feltes hält ein solches Verbot für angemessen. „Dafür können die Kommunen Feuerwerke organisieren“, sagte der emeritierte Professor für Kriminologie an der Ruhr-Universität Bochum, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Forderungen nach allgemeinem Böllerverbot werden lauter

Es wird schon lange gefordert – ein allgemeines Böllerverbot. Jetzt erhält diese Forderung neue Argumente.

Silvester: Angriffe auf Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste

Auch die Gewerkschaft der Polizei forderte ein bundeseinheitliches Böllerverbot an Silvester. Der Vorsitzende Jochen Kopelke sagte dem Fernsehsender Phoenix: „Über ein Verbot lässt sich mindestens die Verfügbarkeit von legalem Feuerwerk einschränken und reduzieren und auch nur noch bestimmte Klassen in den Umlauf bringen, die weniger gefährlich bis gar nicht gefährlich sind.“

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In der Silvesternacht hatte es in mehreren Städten Angriffe mit Böllern auf Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr gegeben. Die Berliner Feuerwehr registrierte 38 Übergriffe, 15 Einsatzkräfte seien verletzt worden, eine davon musste stationär in ein Krankenhaus aufgenommen werden. In Nordrhein-Westfalen wurden laut einer vorläufigen Bilanz des Landesamts für Zentrale polizeiliche Dienste 42 Polizistinnen und Polizisten verletzt, im Vorjahr waren es 23.

Silvester-Ausschreitungen: Politik fordert harte Strafen

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kündigte in einem RTL/ntv-Interview an, mit der Berliner Polizei und der Staatsanwaltschaft über beschleunigte Strafverfahren sprechen zu wollen. Giffey sprach sich ferner für eine bundesweite Debatte darüber aus, „wie mit Böllern umzugehen ist, wie auch mit Einschränkungen umzugehen ist“. Bei der nächsten Innenministerkonferenz sollten mögliche Konsequenzen besprochen werden.

Innenministerin Faeser wies darauf hin, dass die Strafvorschriften zum Schutz von Polizei- und Rettungskräften in den vergangenen Jahren erheblich verschärft worden seien. Im Mai 2017 trat das Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften in Kraft, nach dem bei tätlichen Angriffen auf Polizisten bis zu fünf Jahre Haft drohen. Geschützt durch das Gesetz sind auch hauptamtliche und ehrenamtliche Kräfte der Feuerwehr und der Rettungsdienste.

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Angriffe auf Sicherheitskräfte: Berliner Polizei zieht Bilanz nach Silvesternacht
 Ausgebrannte Fahrzeuge nach Randale in der Silvesternacht in der Sanderstrasse in Berlin-Neukölln. Ausgebrannte Fahrzeuge nach Randale in der Silvesternacht in der Sanderstrasse in Berlin-Neukölln. *** Burned-out vehicles after rioting on New Years Eve in Sanderstrasse in Berlin Neukölln Burned-out vehicles after rioting on New Years Eve in Sanderstrasse in Berlin Neukölln

Die Angriffe auf Polizei, Feuerwehr und Verkehrsteilnehmende hatten eine Intensität, die man aus den Vorjahren so noch nicht gekannt habe.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) forderte ebenfalls harte Strafen für die Täter. „Gewalt gegen Einsatzkräfte, also gegen Menschen, die sich für unser aller Schutz in gefährliche Situationen begeben, ist das Allerletzte und nicht zu tolerieren“, sagte er auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) in Mainz. Dabei handele es sich um ein Problem, das nicht nur in der Silvesternacht vorkomme, sondern das ganze Jahr über aktuell sei.

Die hessische Landesregierung betonte, sie setze sich seit vielen Jahren für eine neue Kultur der Wertschätzung und für mehr Anerkennung und Respekt für die „Blaulicht-Familie“ ein. Einsatzkräfte seien nicht nicht nur in der Silvesternacht immer häufiger Anfeindungen, Beleidigungen und auch körperlicher Gewalt ausgesetzt, sagte ein Sprecher des hessischen Innenministeriums auf epd-Anfrage.

Die Strafmaße für derartige Angriffe reichten aus, sagte der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse, dem epd. Sie müssten aber ausgeschöpft werden.

Gewalt an Silvester: Kriminologe sieht aufgestaute Aggression

Der Bundesrettungsdienstleiter des Malteser Hilfsdienstes, Michael Schäfers, appellierte an die Täter, „sich einmal darüber Gedanken zu machen, was sie den Rettungskräften antun, wenn sie die Helfer vorsätzlich in einen Hinterhalt locken“. Die Johanniter-Unfall-Hilfe forderte eine personelle und materielle Verstärkung von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Harte Strafmaße brächten nichts, wenn die völlig ausgelastete Polizei der Täter nicht habhaft werden könne.

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Er teile zwar die Einschätzung, dass die Gewalt gegen Rettungskräfte zugenommen habe, aber objektive Zahlen gebe es nicht, ordnete der Kriminologe Feltes ein. Was in der Silvesternacht zum Vorschein gekommen sei, sei aufgestaute Aggression gewesen. Gerade junge Menschen mit prekärem Hintergrund in den Großstädten machten permanent die Erfahrung, nicht dazuzugehören. Corona habe deren Situation noch verschärft, weil die Maßnahmen gegen die Pandemie sie ihrer Treffpunkte beraubt habe.

RND/epd

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