Nach Absturz über dem Schwarzen Meer

Experte sicher: Drohnenvorfall war „absichtliche Provokation“ durch Russland

Am Dienstag ist es laut US-Angaben über dem Schwarzen Meer zu einer Kollision zwischen einer US-amerikanischen Drohne und einem russischen Kampfjet gekommen.

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Der Absturz einer unbemannten US-Militärdrohne über dem Schwarzen Meer sorgt für Ärger zwischen den USA und Russland. Der Disput befeuert die Sorgen vor einer Eskalation zwischen Washington und Moskau. Denn während die amerikanische Seite auf der Darstellung beharrt, dass ein russischer Kampfjet die Drohne rammte, dementiert Moskau diese Geschichte. Nun hat das US-Militär Bildmaterial von dem Vorfall veröffentlicht, dass die eigene Darstellung stützen soll.

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Die große Frage ist nun: Ging dem Absturz einer unbemannten und unbewaffneten US-Aufklärungsdrohne über dem Schwarzen Meer eine gezielte Provokation oder der Fehler eines russischen Piloten voraus? Angesichts der aktuellen Informationen glaubt Politikwissenschaftler Gerhard Mangott an keinen Zufall.

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„Nicht, dass man hier Befehlsketten bis ganz nach oben in die russische Führung hineinziehen kann. Aber ich kann mir ganz gut vorstellen, dass es sich um eine absichtliche Provokation gehandelt hat“, sagte der Professor von der Universität Innsbruck im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er berichtet: „Russische Piloten rückversichern sich bei solchen Manövern stets bei ihren Kommandeuren, zumal sich der Vorfall ja im internationalen Luftraum abgespielt hat. Nicht einmal Russland bestreitet das.“

Die jetzt vom US-Militär veröffentlichen Aufnahmen stützen eher Mangotts These. Da nähert sich eine russische SU-27 mehrfach und in eindeutig konfrontativer Weise der Aufklärungsdrohne vom Typ MQ-9 Reaper.

Das US-Militär schilderte, zwei russische Kampfjets hätten ein Abfangmanöver begonnen. Dabei habe einer der Kampfjets den Propeller der US-Drohne getroffen. Die USA beklagten ein „unprofessionelles“, „unsicheres“ und „rücksichtsloses“ Handeln der russischen Piloten.

Moskau weist jede Verantwortung zurück

Moskau stellt den Vorfall ganz anders dar und wies jede Verantwortung zurück. Die russischen Kampfflugzeuge seien nicht in Kontakt mit dem unbemannten Flugapparat geraten. Sie seien aufgestiegen, um einen unbekannten Eindringling über dem Schwarzen Meer zu identifizieren.

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Mangott hält auch deshalb eine gezielte Provokation für wahrscheinlich, weil derartige Manöver seit Jahren an den russischen Außengrenzen zur neuen Realität gehören. „Vermutlich sollte diese Aktion Amerika signalisieren, für wie gefährlich der Kreml diese Aufklärungsmissionen hält – und welches Ärgernis sie für Russland darstellen, weil so militärische Ziele, Truppenkonzentration und -bewegungen ausgekundschaftet werden.“

Es geht lediglich nur noch um die Klärung der Schuldfrage, daran haben vor allem die USA ein Interesse.

Gerhard Mangott,

Politikwissenschaftler

Grundsätzlich ist Mangott aber überzeugt, dass keine der beiden Seiten, weder Russland noch die USA, an einer Eskalation interessiert ist. „Es geht lediglich nur noch um die Klärung der Schuldfrage. Daran haben vor allem die USA ein Interesse, um auf die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens in internationalen Gewässern zu verweisen“, so Mangott. Das Ziel, ein Ende dieser für das ukrainische Militär so hilfreichen Aufklärungsmissionen durch den Westen zu erreichen, würde Russland aber so nicht erreichen.

Wettlauf um die Bergung der Drohne

„Spannend bleibt, wer letztendlich die Drohne zu bergen vermag“, so der Russland-Experte. Moskau hatte bereits angekündigt, die Trümmer der Drohne bergen zu wollen. Man wolle offenlegen, was Washington mit der Drohnenmission eigentlich vorhatte. Mangott vermutet aber auch andere Motive: „Russland hat ein großes Interesse, in den Besitz dieser Technik zu kommen, weil das Land technologisch weit zurückgefallen ist.“

28.02.2023, Russland, Moskau: Dieses von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik via AP veröffentlichte Foto zeigt Wladimir Putin, Präsident von Russland, der eine Rede während einer Sitzung des Vorstands des Föderalen Sicherheitsdienstes (FSB) hält. Putin hat den letzten großen atomaren Abrüstungsvertrag mit den USA außer Kraft gesetzt. Dazu habe Putin ein entsprechendes Gesetz unterzeichnet, teilte der Kreml am Dienstag in Moskau mit. Foto: Gavriil Grigorov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Wie Putin Revanche für eine empfundene Kränkung nimmt

Schon 2005 bezeichnete Russlands Präsident Wladimir Putin den Zerfall der Sowjetunion als „die größte geopolitische Katastrophe“ des 20. Jahrhunderts. Während viele der ehemals 15 Sowjetrepubliken das Ende auch als Chance begriffen, trauern alte russische Eliten dem kollabierten Gebilde bis heute nach. Für Putin stellt er auch persönlich eine Kränkung dar. Seit Jahren arbeitet der Kremlchef zielstrebig an einem Comeback des untergegangenen Imperiums.

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Laut US-Generalstabschef Mark Milley habe die abgestürzte US-Militärdrohne aber vermutlich keinen Wert mehr. Er betonte jedoch, die Drohne sei US-Eigentum, außerdem gebe es „wahrscheinlich nicht viel zu bergen“. Man hätte mit Blick auf die von der Drohne gesammelten Informationen „wie in solchen Fällen üblich Maßnahmen der Schadensbegrenzung“ ergriffen.

Eine Bergung durch Russland dürfte dennoch nicht im Interesse der USA sein. Auch wenn Mangott den USA und Russland kein Eskalationsbestreben nachsagt, schränkt er dennoch ein: „Hier sehe ich noch ein gewisses Konfliktpotential.“

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