König Charles feiert Geburtstag: Royalexperte Hardman sieht „gefestigte Monarchie“
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Der König vor seinem 74. Geburtstag: Charles III. bei einem Besuch in Yorkshire.
© Quelle: Getty Images
Robert Hardman ist ein renommierter Autor, Dokumentarfilmer und Journalist, sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt auf dem englischen Königshaus und historischen Themen. Im Laufe der Zeit hat er sich ein besonderes Verhältnis zu den englischen Royals erarbeitet und genießt ungewöhnliches Vertrauen. Er interviewte unter anderem Prinz Charles für die BBC-Produktion „Charles at 60″, Prinz Philip für das Format „The Duke: In His Own Words“ und Prinzessin Anne für die Dokumentation „The Princess Royal at 70″. Hardman schreibt regelmäßig für die britische Tageszeitung „Daily Mail“. In diesem Jahr erschien sein Buch „Queen of Our Times“ (Lübbe Sachbuch, 560 Seiten, 28 Euro) über Elizabeth II.
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Robert Hardman ist ein renommierter Autor, Dokumentarfilmer und Journalist.
© Quelle: Daily Mail
Im RND-Interview spricht Hardman nun über den neuen König:
Mr. Hardman, haben Sie sich schon daran gewöhnt, im Alltag „King Charles“ zu sagen statt „Prince Charles“?
(Lacht) Nein, ich sage immer noch „Prince Charles … ah, nein, ich meine King“. So wie die Queen der Monarch mit der längsten Regentschaft der britischen Geschichte war, so war Charles derjenige mit der längsten Zeit als Thronfolger. Neulich sangen wir die Nationalhymne und ich sang beinahe aus Gewohnheit „God save the Queen“. Es dauert, bis man sich daran gewöhnt. 70 Jahre sind länger als mein bisheriges Leben. Es gibt in nächster Zeit ein paar große Ereignisse, an denen wir den Wechsel merken werden. Zum einen der Remembrance Day, der Gedenktag an die Gefallenen der Kriege, immer am zweiten Sonntag im November. Der war so etwas wie ein heiliger Tag im Kalender der Queen. Nun wird sie nicht mehr dabei sein. Ein weiteres Schlüsselereignis wird der erste Weihnachtstag sein, wenn die Queen jedes Jahr um 15 Uhr eine Ansprache gehalten hat. Immer pünktlich, sie hat es nie verpasst. Viele im ganzen Land sind in ihrer Familie zusammengekommen, um sie im Fernsehen zu sehen. In diesem Jahr wird sie nicht da sein.
Hat sich Charles selbst schon in seiner neuen Rolle eingefunden?
Nun, es gab eine lange Übergangsperiode. Elizabeth hatte in ihren letzten Monaten bereits immer mehr Aufgaben auf Charles übertragen. Gleichwohl hatte niemand je infrage gestellt, dass sie selbst der Boss blieb. Sie sprach weiter mit den Premierministern, sie unterzeichnete Gesetze und so weiter. Das letzte offizielle Foto, das wir von der Queen gesehen haben, zeigte sie in Balmoral, lächelnd, wie sie Premierministerin Liz Truss im Amt bestätigt, ihren 15. Premierminister. Bis zum Ende erfüllte sie ihre Aufgabe. Es hat mich selbst überrascht, wie geräuschlos der Wechsel auf dem Thron vonstattenging. Ich hätte gedacht, dass es mehr Debatten darum geben würde. Aber die gab es nicht. Leute waren sehr bereit und willens, Charles in seinem Job willkommen zu heißen.
„Eine gefestigte Monarchie“
Wie werden die nächsten, ersten Amtsmonate für König Charles werden? Muss er sich Sorgen machen?
Im Januar erscheint Harrys Buch. Das könnte Sprengkraft entfalten – wobei ich nicht glaube, dass es das tun wird. Ich denke nicht, dass Harry darin hässlich zu seiner Familie ist. Er kann sehr kritisch sein gegenüber den Medien, gegenüber den Palaststrukturen, aber er ist es nicht in Bezug auf seine Familie. Was wir in den vergangenen Monaten seit dem Tod der Queen erlebt haben, ist eine gefestigte Monarchie. Ich hatte erwartet, dass sie ohne Elizabeth viel mehr infrage gestellt würde. Doch die Briten haben die Art von Nation akzeptiert, die wir sind. Anders sieht es in anderen Ländern aus. Charles ist König in 14 anderen Staaten, dort wird es Debatten geben. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass einige dieser Staaten entscheiden werden, dass es Zeit ist, einen Staatspräsidenten vor Ort zu wählen. Jemanden von vor Ort, keinen Briten. Wenn es so weit ist, wird es aber ganz sicher keine Reaktion auf die Person Charles sein. Es ist einfach so, dass es Zeit für solch eine Veränderung ist.
Sie haben viele Mitglieder der britischen Royals interviewt, Prinz Charles und Prinz Philip unter anderen, haben Sie die Queen auch getroffen?
Ja, ich traf sie viele Male. Ich wurde vor 30 Jahren mehr oder weniger aus Versehen ein Royalberichterstatter, 1992, in dem Jahr, das die Queen mal als ihr „annus horribilis“ bezeichnete. Ich habe sie und Prinz Philip bei vielen Reisen begleitet und ich traf sie bei vielen Veranstaltungen in Großbritannien. 2012 haben wir einen Film gemacht über ihr Diamond Jubilee, dafür habe ich sie lange begleitet. 2016 drehten wir einen Film zu ihrem 90. Geburtstag, vor vier Jahren einen weiteren, „Queen oft the World“. Aber sie hat generell nie Interviews gegeben.
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Am 6. September 2022 reist Liz Truss zur Queen auf ihren Landsitz Schloss Balmoral in Schottland. Elizabeth II. ernennt sie dort zur neuen britischen Premierministerin.
© Quelle: Getty Images
„Sie verzerren wissentlich die Wahrheit“
Sie haben das „annus horribilis“ erwähnt, das auch im Zentrum der neuen Staffel von „The Crown“ steht. Haben Sie die Serie schon gesehen?
Ja, ich habe bereits alle zehn neuen Folgen gesehen. Ich mag „The Crown“ nicht. In meinem jüngsten Buch „Queen of Our Times“ lesen Sie, dass ich viele Probleme mit der Serie habe. Ich finde sie stellenweise sehr geschmacklos. Die neue Staffel etwa beginnt mit der Queen auf der Couch eines Therapeuten. Und die Charakterisierung der Personen ist falsch. Die Queen wird nicht richtig dargestellt. Ich denke, es ist eine verzerrte Sichtweise. Es würde mich nicht stören, wenn „The Crown“ eine zweitklassige Fernsehserie wäre. Aber es ist ein brillantes Drama, wundervoll gemacht, mit einem riesigen Budget, und Menschen in aller Welt sind beeindruckt davon. Sie sehen große Jachten, riesige Schlösser, und jeder trägt immer die richtigen Sachen. Es wirkt alles sehr glamourös. Sie betonen, wie viel sie für die Serie recherchiert haben, und dann machen sie daraus völlig falsche Handlungsstränge. Sie verzerren wissentlich die Wahrheit. Auch wenn manche Menschen jetzt sagen mögen: Du bist ein Journalist, und ihr habt doch die ganzen Jahre unschöne Dinge über die Queen geschrieben. Mein Problem ist: Es ist einfach nicht sie in der Serie, aber die ganze Welt glaubt es. Als Journalist bekommt man immer mal Fragen gestellt, die auf Szenen aus „The Crown“ basieren. Da sagen die Leute zum Beispiel: „Hey, die Queen hat doch Margaret Thatcher gehasst, das habe ich bei ‚The Crown‘ gesehen.“ Nein, das hat sie nicht. Das ist einfach nicht wahr.
Das ist auch in Staffel fünf so?
Die Staffel beginnt mit der Idee, dass die Queen sehr egoistisch ist. Ihr Hauptproblem scheint darin zu bestehen, ihre Jacht repariert zu bekommen. Das ist so absolut nicht sie. Sie hat das einfach nie getan. Ich fand bei meinen Buchrecherchen ein Dokument aus einer Zeit, in der Großbritannien in großen finanziellen Schwierigkeiten war. Darin schrieb die Queen dem Premierminister: „Wenn Sie auf der Suche nach Einsparungen sind, bitte ziehen Sie in Erwägung, dass die Jacht eine davon sein kann.“ Sie forderte geradezu dazu auf, ihr das Schiff wegzunehmen. Ich habe für mein Buch mehrfach mit John Major und Tony Blair gesprochen, den früheren Premierministern. Und beide sagten, sie könnten natürlich nicht wiedergeben, was in ihren Gesprächen mit der Queen erzählt worden sei, das ist Teil der Vereinbarung zwischen Regierungschefs und dem Königshaus. Aber sie konnten berichten, was nicht gesagt wurde. Und Blair sagte, die Queen habe ihm gegenüber nie auf ihre Jacht bestanden. Die Queen hätte niemals gesagt „Sie müssen das tun“.
„Harry ist in einer sehr schwierigen Position“
Eine Menge Prominenter hat sich in den vergangenen Tagen ähnlich geäußert. Wie sehr bewegt „The Crown“ gerade Großbritannien?
Sagen wir, es ist ein ziemlich großes Thema. Lustigerweise treffe ich eine steigende Zahl von Leuten, die aufgehört haben, die Serie zu schauen. Sie mochten die ersten Staffeln, weil sie dort eine Menge geschichtlicher Sachen gelernt haben, die sie noch nicht wussten. Auch wenn selbst die ersten Staffeln alle möglichen Fehler enthielten. Aber ich glaube, je näher die Serie in die Gegenwart kommt, umso mehr können sich viele Zuschauer an Ereignisse erinnern.
Das Königshaus äußert sich traditionell nicht zu Serien wie „The Crown“, dennoch wird immer wieder berichtet, die Prinzen etwa seien nicht sehr angetan.
Harry ist in einer sehr schwierigen Position, denn er bekommt von Netflix sehr viel Geld für seine eigene Produktion. Harry sagte einmal, er habe es auf eine Art akzeptiert, die Serie gebe einem eine Idee davon, wie das Leben sei. William hat bislang nichts dazu gesagt. Ich glaube, die Familienstrategie ist, die Serie zu ignorieren. Prinzessin Anne hat eine lustige Bemerkung gemacht, als wir einen Film zu ihrem 70. Geburtstag gemacht haben. Sie sagte: „Ich schaue ‚The Crown‘ nicht, aber ich las neulich, dass die Schauspielerin, die mich spielt, zwei Stunden benötige, um ihr Haar wie meines zu frisieren, mit einem ganzen Team von Friseuren. Ich verstehe das nicht: Ich mache das immer selbst, und es dauert bei mir 15 Minuten.“
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In der neuen Staffel der Netflix-Serie „The Crown“ ist Dominic West als Prinz Charles, dem heutigen König, zu sehen.
© Quelle: Netflix
Sie haben Ihr Buch „Queen of Our Times“ anlässlich des Platinjubiläums geschrieben, es ist in diesem Jahr erschienen. Wären Sie anders an das Projekt herangegangen, wenn Sie gewusst hätten, dass es im Jahr des Todes der Königin erscheint?
Ich denke, 90 bis 95 Prozent des Buches wären genauso gewesen. Ich hätte vielleicht den Ton hier und dort etwas angepasst. Das Barmherzige an ihrem Tod, wenn Sie so wollen, war ja, dass er schnell erfolgte. Sie musste nicht lange leiden. Bei Queen Victoria war das zum Beispiel anders.
„Die Krönung wird kleiner werden“
In Ihrem Buch lernt man, dass die Queen in ihrer Regentschaft insgesamt 14 US-Präsidenten erlebt hat.
Ja, das ist großartig. Ich sprach mal mit George W. Bush darüber, der als Sohn eines Präsidenten auch einige Amtsvorgänger erlebt haben dürfte. Aber für ihn war die Idee, insgesamt 14 Präsidenten getroffen zu haben, unvorstellbar. Die Queen erlebte 13 amtierende Präsidenten und Herbert Hoover 1957, nachdem dieser bereits nicht mehr im Amt war. Niemand hat das zuvor geschafft, und ich vermute, es wird auch niemand mehr.
Im Mai erleben wir die offizielle Krönung von König Charles III. Wird sie sich von der der Queen im Jahr 1953 unterscheiden?
Ja, das glaube ich. Ich meine, der Kern wird identisch sein, der geht zurück auf King Edgar im zehnten Jahrhundert. Und es wurde seitdem nicht wirklich etwas verändert. Anderes schon. Westminster Abbey kann 2000 Besucher aufnehmen. Bei der Krönung der Queen haben sie es geschafft, 8000 Menschen unterzubringen, indem sie eine Art Gerüst bauten. Das wird es diesmal nicht geben. Die Krönung wird kleiner werden. Und die lange Parade durch London war bei Elizabeth eine Art letztes „Hurra“ des British Empires. Da war Kavallerie überall aus dem Commonwealth, aus Pakistan, Australien und Neuseeland. Das wird es diesmal nicht geben, es wird eine ganz normale Parade werden.
Planen Sie schon ein neues Buch? Eines über König Charles?
Nein, ich glaube, das wäre zu früh. Es gibt schon eine Reihe guter Bücher über ihn, und um seine Regentschaft zu beurteilen, muss man ihn noch länger als König erleben. Ich denke, in meinem nächsten Buch gehe ich eher zurück in der Geschichte, vor die Zeit Elizabeths.