Unesco Weltkulturerbe: Die Hanse wirkt bis heute

Visby: Vom Mittelalter in bizarre „Steinzeiten“

Visby präsentiert viele bunte Seiten und bizarre Ansichten.

Visby präsentiert viele bunte Seiten und bizarre Ansichten.

Visby. Enge Gassen, bunte Häuschen, umrahmt von einer 3,5 Kilometer langen historischen Stadtmauer samt Türmen und Toren: Wer durch Visby schlendert, rechnet irgendwie damit, dass ihm hinter der nächsten Wegebiegung ein Ritter zu Pferde entgegen trabt. Oder Pippi Langstrumpf vorbeihüpft. Die legendären Filme über Ephraims Tochter wurden auch in der gotländischen Hauptstadt gedreht, die legendäre Villa Kunterbunt befindet sich zehn Autominuten von der Stadt entfernt im Freizeitpark Kneippbyn. Geschichte und Moderne gehen in Visby, der Hafenstadt in der Ostsee, eine wunderbare Symbiose ein. Der Stadtkern wurzelt im Mittelalter und begeistert mit vielen Gebäuden aus dem 13. Jahrhundert, darunter die beeindruckende und einen stattlichen Rahmen bildende Stadtmauer. Vom 12. bis ins 14. Jahrhundert war Visby der wichtigste Stützpunkt der Hanse, also gewissermaßen der Vorläuferin der Europäischen Union, in der Ostsee. 1995 wurde das putzige Städtchen auf der schwedischen Ostseeinsel Gotland zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Gilt es doch als die am besten erhaltene befestigte Handelsstadt Nordeuropas.

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Der Marktplatz von Visby: Ihn säumen Restaurants, Boutiquen und, natürlich, eine Kirchenruine.

Der Marktplatz von Visby: Ihn säumen Restaurants, Boutiquen und, natürlich, eine Kirchenruine.

Hanse hat ihre Spuren hinterlassen

Hanse, das ist ein gutes Stichwort für eine noch junge Errungenschaft Gotlands, mit der die Anreise aus Deutschland auch per Fähre erleichtert wird. Ab Rostock legen die Schiffe von „Hansa Destibations“ nun in der Saison regelmäßig ab. Wer es mit dem Auto dorthin geschafft und damit Autobahnen mit Baustellen und Staus hinter sich gelassen hat, für den beginnt die Erholung in dem Moment, da der Zündschlüssel an Deck Feierabend hat.

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Ob in der Schlafkabine, im abgedunkelten Raum mit recht kommoden Schlafsitzen oder im Schlafsack an Deck: So kann der Urlaub beginnen. Je nach Geldbeutel, Lust und Laune. Am Spätnachmittag legt das kombinierte Fracht- und Personenschiff ab, morgens heißen die Gotländer ihre ausgeschlafenen Gäste auf der sonnenverwöhnten Insel willkommen. Am besten lässt man das Auto direkt auf einem der zahlreichen Parkplätze jenseits der Mauer stehen, durchschreitet eines der historischen Tore und gönnt sich eine erste Fika: So nennen die Schweden ihre ebenso beliebten wie regelmäßigen Kaffeepausen. Gern mit Filtergebräu und einer saftigen Hefeschnecke, gefüllt mit Zimt, Kardamom oder Vanille. Ein Tipp: Warfsholm Bageri im Herzen der Stadt mit Sitz-Plüsch im Schaufenster.

Keine Ruine, zum Glück: der Dom Sankt Maria in  Visby. Sie wurde im 12. und 13. Jahrhundert von deutschen Kaufleuten erbaut.

Keine Ruine, zum Glück: der Dom Sankt Maria in Visby. Sie wurde im 12. und 13. Jahrhundert von deutschen Kaufleuten erbaut.

Kirchen-Ruinen sind echte Hingucker

Visby ist reich an Kirchen-Ruinen aus dem Mittelalter: Wer durch die verwinkelten Gassen schlendert, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Zum Glück erhalten ist der mit seinen drei Türmen die Stadt-Sihouette weithin prägende Dom Sankt Maria: Im 12. und 13. Jahrhundert erbaut von deutschen Kaufleuten, für deutsche Kaufleute. Die Geschichte der Hanse, Visbys und Gotlands wird im Gotlands-Museum lebendig und interaktiv erzählt: von der Steinzeit über die Wikinger-Ära bis heute. Gotland ist reich an Bodenschätzen. Museumspädagoge Lars Kruthof verrät augenzwinkernd ein insulanisches Geheimnis: „Wer hier ein Haus baut, sollte ohne Keller planen. Die Gefahr, dass man beim Graben auf archäologische Fundstücke stößt, die zum sofortigen Baustopp führen, ist einfach zu groß.“

Kirchenruinen an fast jeder Straßenecke: Auch sie sind ein echter Hingucker in der Altstadt von Visby.

Kirchenruinen an fast jeder Straßenecke: Auch sie sind ein echter Hingucker in der Altstadt von Visby.

Ein Muss: ein Ausflug nach Fårö

Apropos Steinzeit. Auch jenseits der Stadtmauer haben Gotland und seine binnen weniger Minuten mit der Fähre erreichbare Nachbarinsel Fårö Außergewöhnliches zu bieten. Strände, kleine, verschlafene Fischerdörfer, 141 Naturschutzgebiete, Wälder, Mühlen, nicht weniger als 92 mittelalterliche Kirchen − und Kalksteinsäulen. Ganz ehrlich: Ohne Raukar-Safari sollte die Heimreise verboten werden. Die bizarren Figuren sind ein Resultat von Erosion durch Wind, Wetter und Wasser. Das weiche Gestein wurde so im Laufe der Zeit abgetragen. Stehen blieben allein die imposanten und die Fantasie anregenden fossilierten Korallen. Schaut hier jemand böse drein? Ist das nicht eine Kaffeekanne? Oder vielleicht doch ein Hund? In Fårös Nordwesten lassen sich die Säulen hervorragend während einer Rundtour auf dem E-Bike besuchen: Hier steht auch das größte Raukargebiet Schwedens mit mehr als 100 dieser Naturschönheiten. Auf Gotland empfiehlt sich das Säulen-Ensemble Folhammar nahe Ljugarn. Anschließend: ab ins Strandbad!

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Bizarre Steinformationen kann man auf Gotland und der Nachbarinsel Farö bewundern.

Bizarre Steinformationen kann man auf Gotland und der Nachbarinsel Farö bewundern.

Gotland: Von der Stein- in die Eiszeit

Egal ob die Anreise mit der Fähre oder dem Flugzeug erfolgt: Bevor der Heimweg angetreten wird, sollte in Visby eine Eiszeit eingelegt werden. Das legendäre Glassmagasinet am Hafen hat in der Saison rund 350 Sorten im Angebot. Hier muss man also Zeit mitbringen, bevor man sich für die Harry-Potter-Variante entscheidet. Oder doch vielleicht für „Bier“ oder, allerdings nur zu Mittsommer, „Hering mit Schnittlauch“. Ein nicht alltäglicher Gaumenschmaus ist auch der gotländische Safrankuchen aus Klebreis, Eier, Sahne, Zucker und Milch, Mandeln und dem teuersten Gewürz der Welt, Safran. Die Portionen fallen von Café zu Café unterschiedlich aus, kredenzt werden sie mit Salmbeeren und Sahne.

Visby: Mittelalterfest und Trüffelernte

Wandern und Radeln, das geht im recht milden Klima Gotlands eigentlich rund ums Jahr. Zwei Termine könnten die Wahl der Urlaubszeit vielleicht beeinflussen, je nach Gusto: Im August steigt in Visby die Mittelalterwoche mit „allerley Spektakulum“. Und im Herbst, die SZ berichtete bereits darüber, ist auf Gotland Trüffelernte.

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Dann wird in vielen Restaurants der wertvollen Knolle mit dem einzigartigen Geschmack gehuldigt.

Gotland Hin & Weg

Anreise: Die meisten Besucher reisen mit der Fähre vom schwedischen Festland an, die auch Autos mitnimmt. Die Reederei Destination Gotland steuert Gotland von zwei Häfen aus an: Nynäshamn südlich von Stockholm und Oskarshamn in Småland. Die Überfahrt dauert in beiden Fällen etwa drei Stunden. Die Fähre von Hansa Destinations verkehrt aber auch zwischen Rostock und Nynäshamn vor den Toren Stockholms und macht regelmäßig einen Stopp in Visby. Visby hat auch einen kleinen Flughafen. Im August 2022 wird „Lübeck Air“ die beiden Hansestädte Lübeck und Visby an vier Dienstagen verbinden. Das ganze Jahr über fliegt die Fluggesellschaft SAS ab Stockholm Arlanda auf die Insel.

SZ

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